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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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untersagt, in die Räume der Herrschaft einzudringen. Der Junge erwiderte ihren Blick ausgesprochen frech.
    "Ich habe die Erlaubnis, hier zu sein."
    "Und vom wem?"
    "Vom Herzog höchstpersönlich." Er grinste siegessicher.
    "Aber meine Erlaubnis hast du nicht! Mein Mann ist nicht da, deshalb verschwinde st du jetzt besser ganz schnell", befahl die Herzogin nachdrücklich.
    "Warum?" Seine Stimme wurde schrill vor Wut.
    "Warum? Das lass meine Sache sein! Ich bin hier die Herrin, nicht irgendein dahergelaufener Bengel wie du!"
    Jean zischte wütend und trollt e sich mit bitterbösem, gesenktem Blick. Was für ein scheußliches Kind! Ob er das mit dem Schwein gewesen war? Nein, entschied sie dann, er war nur ein Kind, dem zwar gehässige Streiche zuzutrauen waren, das allerdings weniger. Sie trat an den Schreibtisch und durchsuchte diejenigen Schubladen, die nicht abgeschlossen waren. Vorsichtig, um nichts durcheinander zu bringen, schaute Ramis alles durch. Doch die Liste fand sie nicht. Stattdessen entdeckte Ramis zwischen dem Papier einen nachlässig hingeworfenen Schlüssel. Mit einem Anflug schlechten Gewissens wog sie ihn der Hand. Doch dann siegte ihre Neugier und sie sagte sich, dass sie ja nur nachschauen würde. Schließlich wusste Ramis nicht viel über ihren Mann. Sie probierte den Schlüssel an mehreren Schubladen aus und fand nach einigen Versuchen eine, zu der er passte. Darin befanden sich ältere Briefe und Dokumente, Abrechnungen verschiedener Verwalter oder Nachrichten vom Hof.
    Ramis wollte die Schublade schon wieder enttäuscht schließen, als sie unter dem Stapel einen Umschlag mit dem königlichen Siegel entdeckte. Aufgeregt zog sie ihn heraus und öffnete ihn. Dabei überging sie geflissentlich, dass ihr Mann damit vielleicht nicht einverstanden gewesen wäre. Er trug das Datum vom April 1714! Einen Monat später hatten sie geheiratet. Hatte dieser Brief etwas mit ihr zu tun? Komisch, sie hatte nie daran gedacht, ihren Mann danach zu fragen, was der König ihm darüber gesagt hatte, weshalb er heiraten müsse. Jetzt breitete sie das Blatt aus und machte sich daran, es zu studieren. Als sie fertig war, faltete sie den Brief sorgfältig wieder zusammen und steckte ihn unter den Stapel zurück. Ihre Finger zitterten. Was dort stand, erschütterte sie so tief, dass sie glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Sie ließ sich auf den Stuhl zurücksinken. Wie unter Zwang griff sie wieder in die Schublade, um den Brief hervorzuziehen und noch einmal zu lesen. Es war derselbe Inhalt wie vorher. Eine Stelle brannte sich ihr besonders ins Gedächtnis.
     
    ... Wir sind zu der Ansicht gekommen, dass die Dame, die sich selbst Anne nennt, in Wahrheit weder Engländerin ist, noch durch einen katholischen Mann in Bedrängnis gekommen ist. Doch es handelt sich in der Tat um eine politisch Verfolgte. Sie ist, wie wir herausgefunden haben, vielmehr Irin und stammt aus der Familie, die Euch vielleicht noch bekannt ist als Verbündete des rechtmäßigen englischen Königs James Edward. Nach der Niederlage wurden alle Mitglieder der Familie getötet. Wir haben jedoch Grund zur Annahme, dass das kleine Mädchen, das in Schottland verschwunden ist, besagte Anne ist. Auf dem Anhänger, den sie um den Hals trägt, ist das Wappen ihrer Familie eingraviert. Sie tat gut daran, ihre Abkunft zu verschweigen, denn es besteht Grund zur Annahme, dass sie immer noch verfolgt wird. Aus Gründen, die Ihr kennt, darf hier keiner auf ihre Herkunft aufmerksam werden. Deshalb werdet Ihr sie heiraten und dadurch auf sie aufpassen. Versucht herauszufinden, was sie weiß...
     
    Sie verstand die vielen Andeutungen nicht. Ihre Familie war getötet worden, das hatte sie erfahren. Steckte mehr dahinter als ein Überfall? Man wollte sie tot sehen, hatte Colin gesagt. Aber was hatte Ramis mit diesen politischen Motiven zu tun? Sie war damals ein kleines Kind gewesen. Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Es bestand Grund zur Annahme, dass sie immer noch verfolgt wurde... Wer? Und warum? Was war an dem Mädchen so wichtig, dass selbst der französische König soviel Interesse an seinem Schicksal zeigte? Guillaume schien etwas zu wissen, doch konnte sie ihn danach fragen? Die Nachricht war streng geheim, soviel hatte sie herausgefunden. Es war leichtsinnig von ihrem Mann, den Schlüssel so offen herumliegen zu lassen. Sorgfältig verschloss sie die Schublade wieder und überlegte anschließend, wo sie nun den Schlüssel verstecken sollte. Wenn

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