Dunkle Häfen - Band 2
Boden.
"Madame de Sourges? Darf ich mich vorstellen? Ich bin Euer größter Bewunderer."
Ich hätte annehmen müssen, dass er sich auf meine Kosten lustig machte und ihn deshalb scharf zurechtgewiesen, wenn er das nicht mit einer solchen Schüchternheit vorgetragen hätte. Auch so war ich durchaus nicht von seiner Aufrichtigkeit überzeugt.
"Was findet Ihr denn so bewundernswert an mir?"
Es ist vielleicht verständlich, dass ich jeden vergraule, der interessiert an mir ist, denn ich bekomme dabei stets das Gefühl, mich verteidigen und den anderen mit bissigen Bemerkungen in die Flucht schlagen zu müssen.
"Ihr seid ein außergewöhnliche Dame und Eure Schönheit ist ebenso groß wie Eure unübersehbare Intelligenz."
Gegen meinen Willen musste ich lächeln.
"Dieser Meinung seid gewiss nur Ihr. Ich habe keine Ahnung, was Ihr Euch von Euren Schmeicheleien versprecht."
"Nein, schöne Dame. Es gibt leider viele Konkurrenten um Eure Gunst, die sich wünschen, diesen Sonnenstrahl genießen zu dürfen. Aber wie die Sonne seid Ihr unerreichbar und so kann ich Euch nur darum bitten, Euch ein Gedicht vortragen zu dürfen. Ich habe es Euch zu Ehren verfasst."
Ein komischer Vogel. Doch er konnte wunderschöne Gedichte schreiben, wie ich feststellte, als er eines zum Besten gab. Es war bezaubernd und ich sah ihn gleich freundlicher an. Selbst ein Mensch wie ich kann Schmeicheleien schwer widerstehen. Sein Vortrag hatte indessen Neugierige angelockt, die aufmerksam lauschten und mich mit dem Bild verglichen, welches das Gedicht beschrieb. Ganz allmählich machten mich die Menschen, die mich umringten, nervös. Männer musterten mich abschätzend und ich musste an eine Stute auf dem Pferdemarkt denken.
Nur wegen dieses Unbehagens ging ich mit der Comtesse de Magnon mit, die mir wie eine Retterin erschien, obwohl sie das ganz bestimmt nicht bezweckt hatte. Sie kam daher geschwebt und behauptete, sie müsse mich dringend sprechen. Es missfiel ihr logischerweise, dass ich im Mittelpunkt des Interesses stand, selbst wenn es noch so selten war. Dennoch entschuldigte ich mich bei den Leuten und folgte ihr. Die Magnon brachte mich ans andere Ende des Saals, weit genug weg. Zufrieden mit sich selbst blickte sie mich an wie eine Katze die Maus. Das wollte ich allerdings nicht gelten lassen und schickte mich an, sie stehen zu lassen.
"Vielen Dank für die wichtige Mitte ilung, die Ihr mir gemacht habt", spottete ich. "Sie war sehr aufschlussreich."
Rasch legte sie ihre Giftpfeile auf die Sehne, um damit ihrem größten Vergnügen nachgehen zu können: Mich zu ärgern. Ich glaube fast, das tut sie noch lieber als Männer zu becircen.
"Womit habt Ihr diese Leute angelockt?" , schoss sie ihren ersten Pfeil ab. "Verratet mir doch, welches Lockmittel Ihr verwendet habt, damit die armen Tölpel so blind geworden sind, Euren lieblichen Körper mit dem unverwechselbarem Geruch zu übersehen - und vor allem zu überriechen!" Sie kicherte glockenhell.
"Ich weiß, dass Ihr Erfahrung im Gebrauch solcher Mittel habt", erwiderte ich streitbar. "Ihr habt es ja auch bitter nötig. Ich dagegen habe nicht das Bedürfnis, den anderen zu gefallen. Das ist unter meiner Würde - ebenso wie Ihr, Madame. Versucht doch Eure Verehrer wieder zurückzugewinnen. Wenn Ihr das könnt. Vielleicht haben sie aber auch endlich erkannt, dass in Eurem Kopf bedauerlich wenig ist, wenn man von Eurer Gehässigkeit absieht."
Wieder einmal freute ich mich, dass Blicke nicht töten konnten. Ich fühlte eine ungeheure Befriedigung, denn dieses Mal trug ich den Sieg davon.
"Das werdet Ihr bereuen!" , fauchte sie. "Vergesst nicht, wer ich bin und wer Ihr seid! Zwischen uns liegen Welten! Niemals werdet Ihr hierher passen oder anerkannt werden! Man wird immer wissen, was Ihr seid! Ich kann Euch sagen...!"
Sie wurde von einem breitschultrigen Mann unterbrochen, der ihren Arm nahm. Er betrachtete mich wie ein ekelhaftes Insekt. Ich kannte ihn von Adélaides Schilderungen, nach denen er ein sehr begehrter Mann war.
"Was ist hier los?"
Die Comtesse erklärte es ihm mit gekränkter Miene.
"Regt Euch nicht auf, chérie. Mit der solltet Ihr Euch gar nicht abgeben. Sie hat nicht Euer Niveau."
"Ihr habt recht, Liebster. Lasst uns woanders hingehen. Hier riecht es so sehr nach Schweinestall!"
Über ihre abgewendete Schulter lächelte sie mir maliziös zu.
"Ihr seid habgierige, dummdreiste Ignoranten!" , zischte ich ihnen wutentbrannt hinterher.
Gleich darauf rutschten mir
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