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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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ihre Welt für normal. Ihr dagegen haltet Euren Ruf wie ein Schild vor Euch."
    Ihre Fäuste verkrampften sich.
    "Entschuldigt mich, mir steht nicht der Sinn nach reden!" , wies sie ihn noch schroffer als geplant ab.
    "So wollt Ihr vielleicht etwas essen?"
    Auffordernd hielt er ihr den Arm hin. Sie überging ihn geflissentlich.
    "Ich hatte in letzter Zeit einen Unfall, Monsieur. Leider haben die Wunden wieder sehr angefangen zu schmerzen. Ich werde jetzt meinen Mann suchen gehen!"
    "Es gibt auch andere Mittel, um den Schmerz vergessen zu machen."
    Sie wollte gar nicht erst wissen, wie das schon wieder gemeint war. Unwirsch schob sie sich an ihm vorbei, wobei ihre Röcke wild herum schwangen. Er folgte ihr nicht. Von Guillaume fehlte jede Spur, allerdings entdeckte sie dafür den Marquis mit dem Schal. Ramis wich ihm jedoch aus. Er tat bereits genug für sie. Vor der Tür zog sie einen Lakaien beiseite und trug ihm auf, dem König und dem Herzog de Sourges auszurichten, dass sie sich wegen eines plötzlichen Unwohlseins zurückgezogen hatte. Dann verließ sie ungesehen das Fest.
     
    "Und, habt Ihr endlich Eure Gewissheit, dass sie verrückt ist?" Mit eisigem Ausdruck wartete die Comtesse auf ihn.
    "Glaubt Ihr denn, ich habe Eure Worte in Zweifel gezogen?"
    Er fuhr ihr über die halb entblößte Schulter. Dabei fiel ihm der junge Kerl von vorhin auf, der suchend durch die Menge hastete. Sicherlich suchte er 'la folle'. Ob das ihr Mann war? Wohl kaum, er war zu jung. Dabei wusste er gar nicht, wie alt diese Frau eigentlich war. Sie hatte kaum eine Stelle ihres Körpers unverhüllt gelassen, nur am Ansatz ihres Halses hatte feuchte Haut geglänzt. Aber dem jungen Mann schien etwas an dieser Herzogin zu liegen. Aber warum trug sie Trauerkleidung? Es ist nicht weiter wichtig, dachte er. Sie ist hier ohne Bedeutung.
     
    Ramis fühlte sich elend, als sie mit ihrer Kutsche durch die nächtlichen Straßen fuhr. Es hatte sie noch mehr als befürchtet aufgewühlt, ihn wiederzusehen. Sie hätte nicht geglaubt, jemals wieder etwas anderes als Ausgebranntsein und Scham empfinden zu können. Seit Edwards Tod hatte sie sich aller großen Gefühle beraubt gefühlt. Doch das gerade war mehr als nur ein Echo ihres alten Gefühlswirrwarrs gewesen. Der Lord brachte ihre in apathischen Trott verfallene Welt aus dem Gleichgewicht. Als Ramis bei ihrem Haus ankam, stieg sie müde aus und legte sich auf der Stelle ins Bett. Die ausgestandene Anspannung entlud sich in einem Zittern, das sie lange nicht schlafen ließ.
    Viel später kehrte der Herzog zurück. Er fand seine Frau schlafend in ihrem Zimmer. Statt wie sonst friedlich dazuliegen, wälzte sie sich unruhig hin und her und murmelte unverständliches Kauderwelsch. Er ging aus dem Zimmer, um sich umzuziehen und kehrte anschließend zurück. Er legte sich neben Ramis und schloss sie wie ein kleines Kind in die Arme. Ramis seufzte und drehte sich halb zu ihm um. Ihre Nasenflügel bebten, doch als sie den vertrauten Geruch wahrnahm, entspannte sie sich und fand endlich ihre Ruhe.
     
    Am nächsten Morgen war Ramis überrascht, ihren Gatten bei sich zu finden, doch sie störte sich nicht daran. Schon lange war er ihr eher ein Bruder denn ein Ehemann geworden. Als sie aufstand, bemühte sie sich, leise zu sein, um ihn nicht aufzuwecken. Sie ging nach nebenan in ihr Ankleidezimmer und klingelte nach Henriette, die ihr Zimmer ganz in der Nähe hatte. Die Zofe kam frisch wie jeden Morgen herein geschwebt.
    "Es wird warm heute, Madame. Wollt Ihr an diesem Tag irgendwohin?"
    "Ja, ich möchte gegen Mittag Adélaide besuchen."
    "Mit Verlaub, Herrin, es ist bereits Mittag, Dann solltet Ihr ein leichtes Kleid nehmen. Wollt Ihr nicht einmal eines von diesen neumodischen luftigen Gewändern tragen? Sie sind so bunt und leicht wie der Sommer."
    "Nein, Henriette. Ich fühle mich nicht danach. Bring mir doch eines von den dünneren schwarzen. Aber zuerst gehe ich etwas frühstücken."
    Die Hausbewohner versetzte ihre Angewohnheit, am Morgen kräftig zu frühstücken, jedes Mal in Erstaunen. Hierzulande aß man morgens, wenn überhaupt, nur einen winzigen Happen. Die meisten Adligen, die sich den Müßiggang leisten konnten, schliefen ohnehin bis über den Mittag. Zu ihrem Bedauern musste Ramis jetzt stets in ihrem Zimmer frühstücken, es sei denn, sie legte ihren Schleier an. In der Dienerschaft wurde prinzipiell gerne geklatscht, es war ihre Art, der Herrschaft deren privilegiertes Leben heimzuzahlen und

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