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Dunkle Häfen - Band 2

Dunkle Häfen - Band 2

Titel: Dunkle Häfen - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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außerdem natürlich ein wunderbarer Zeitvertreib.
    Nachdem Ramis gegessen hatte, ließ sie sich von Henriette in ihr Gewand und den Schleier helfen. Als die Herzogin aufbrechen wollte, fasste sie den spontanen Entschluss, zu Fuß zu Adélaide zu gehen. Seit Ramis hier lebte, war sie stets in Gefahr, ebenfalls dem Müßiggang zu verfallen und durch das reichliche Essen aufzugehen wie ein Hefeteig. Doch als sie aus dem Haus trat und ihr Viertel verließ, stellte sie fest, dass auf den Straßen schon viel mehr los war als angenommen. Wie hatte sie nur vergessen können, dass für viele Leute der harte Arbeitsalltag schon im Morgengrauen begann?
    Gib acht, dass du nicht wie die anderen in der dünnen Seifenblase aus Ignoranz verschwindest. Die Welt da draußen wird nämlich nicht verschwinden.
    An den schmutzigen Hauswänden hockten bereits die Bettler und streckten Passanten ihre Hände oder Schalen entgegen. Obwohl Ramis wusste, dass es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war, steckte sie manchen heimlich etwas zu. Sobald sie den Geruch der Armut in der Nase spürte, fühlte sie sich schuldig, weil sie dem entronnen war und nun nichts mehr damit zu tun haben wollte. Am liebsten hätte sie weit weg vom Angesicht der Straße gelebt, damit sie alles noch besser vergessen konnte. Die Leute starrten die Herzogin an. Eine feine Dame, in Schwarz gehüllt wie der Tod, hier auf der Straße? Sie mussten sie für eine entlaufene Irre halten. Ramis fühlte sich mit einer wachsenden Fremdheit konfrontiert. Das hier war in keinster Weise mehr ihre Welt, die nun aus den Tuilerien und den Häusern der Reichen bestand. Sie war sich bewusst, dass sie sich mehr denn je von den einfachen Leuten distanzierte. In ihrer Zeit in Paris hatte sie sich nie die Mühe gemacht, die Stadt und ihre Menschen kennen zu lernen. Wie hatte es soweit kommen können, dass Ramis eine von ihnen geworden war? Nun schien ihr alles so beunruhigend und fremd. Vor ihren Augen begann sich wieder die Menge zu bilden, das blutrünstige Wesen mit den Tausend Köpfen. Es war gefährlich, konnte einem leicht zum Verderben werden. Wenn es in Panik geriet, zertrampelte es alles, was ihm unter die Füße geriet, ein unaufhaltsamer Strom und wenn es ihn Wut geriet, war es zu allem fähig. Konnte man sonst die geifernde Freude der Zuschauer erklären, die sich bei einer Hinrichtung breit machte und die von einem zum anderen sprang? Ramis verachtete diese Seite der Menschen zutiefst und es war ihr kaum begreiflich, dass ein freundlicher und gutmütiger Mensch sich in eine solche Bestie verwandeln konnte, die es vor keiner noch so großen Folter ekelte. Ihr Unwohlsein vergrößerte sich bei jedem Schritt. Wieso sollte es in Paris anders sein als in London?
    Menschen sind immer Menschen, dachte sie bitter.
    Oh ja, sie hatte die Menge damals zu Recht gefürchtet und Bess hatte ihr beigebracht, dass man in einer brenzligen Situation als allererstes die feindlich e Menge aufsplittern, ihr den Schutz der Gemeinschaft und die Anonymität nehmen musste. Zusammen entfalteten die Massen eine furchtbare Kraft, die sich schnell ins Zerstörerische entlud. Ramis kam an einem Stand mit köstlich duftenden Backwaren vorbei, aber sie blieb nicht stehen. Sie war wieder ein kleines Mädchen und schlich in gehetzter Angst durch die Straßen, die zu einer Stadt gehörten, die sie fürchtete. Sie stand für einen schrecklichen Abschnitt in Ramis Leben, der ihr noch immer wie ein Alptraum vorkam. Sie kämpfte mit aller Macht gegen den Rückfall in die Vergangenheit an. Und so war Ramis sehr erleichtert, als sie das Haus erreichte, das Adélaides Mann gehörte. Jetzt konnte sie sich auch für ihre Paranoia schelten. Konnte sie denn nicht ganz normal durch eine Stadt gehen, deren Einwohner gar nichts von ihr wollten? Auf ihr Klopfen hin öffnete ein Diener und fragte stoisch, was sie denn wolle. Wenn er sich wunderte, was eine so merkwürdige Gestalt um diese Zeit hier wollte, ließ er sich bewundernswerterweise nichts anmerken. Ramis teilte ihm mit, dass sie die Hausherrin sprechen müsse. Der Mann hielt ihr die Tür auf und bat sie herein. Es gehörte sich nicht, eine edle Dame draußen warten zu lassen, egal wie exzentrisch sie auch sein mochte.
    "Bitte wartet hier, bis ich die Herrin benachrichtigt habe. Ich kann Euch allerdings nicht sicher sagen, ob sie schon bereit ist, Besuch zu empfangen. Wen darf ich ihr melden?"
    Überrascht stellte Ramis fest, dass sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr

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