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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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schulterlang, so daß es sein schmales, kluges Gesicht mit den tiefblauen Augen und dem wie gemeißelt wirkenden Mund vorteilhaft umrahmte. Der dünne Oberlippenbart bewahrte ihn davor, zu feminin zu erscheinen.
    Zu seinem ansprechenden Äußeren kam noch eine tiefverwurzelte Zuneigung zu allem, was weiblichen Geschlechts war. Er kam aus einer frauenreichen Familie und hatte schon in seiner Kindheit gewisse weibliche Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Sanftheit, Klugheit und innere Kraft schätzen gelernt. Die ältere Matrone mit blaugetöntem Haar interessierte ihn genauso wie die vollbusige Blondine – wenn auch aus verschiedenen Gründen. Dieser ungezwungene Umgang mit Frauen hatte nicht unwesentlich zu seinem Erfolg im Beruf und im Bett beigetragen.
    Doch Angie war bis heute seine große und einzige Liebe, wenn auch nicht seine einzige Geliebte. Sie hiervon und von den Vorteilen einer konventionellen Eheschließung zu
überzeugen, hatte ihn beinahe zwei Jahre gekostet. Er bereute nicht eine Minute davon.
    Seine Hand schloß sich leicht um die ihre, als er den Wagen wieder auf die zweispurige Straße lenkte. »Je t’aime «, sagte er leise, so wie er es oft tat.
    Angie mußte lächeln und zog seine Hand an die Lippen. »Ich weiß.« Er war schon ein ganz besonderer Mann, auch wenn er sie manchmal zur Weißglut brachte. »Aber warne mich bitte vorher, wenn du wieder einmal vorhast, wegen einer Ziege oder irgendeinem anderen Vieh eine Vollbremsung hinzulegen.«
    »Siehst du das Feld dort?«
    Angie blickte aus dem Fenster und seufzte. »Wie könnte ich das übersehen? Sonst ist ja nichts da.«
    »Da möchte ich dich gern lieben. Mitten im vollen Sonnenlicht, ganz langsam, bis du die Sonne nur noch als großen, roten Feuerball siehst.«
    Vier Jahre, dachte sie. Nach vier Jahren brachte er sie immer noch dazu, vor Erregung zu zittern. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu und sah, daß er lächelte. Ihr Blick wanderte an ihm hinunter, bis sie feststellen konnte, daß er durchaus bereit zu sein schien, seine Worte in die Tat umzusetzen. Auf einmal kam ihr das Feld nicht mehr ganz so furchteinflößend vor.
    »Vielleicht kann uns Clare ein Feld zeigen, das nicht ganz so nah an der Straße liegt.«
    Jean-Paul kicherte leise, lehnte sich zurück und begann, mit Beausoleil mitzusingen.
     
    Da sie zum Arbeiten viel zu aufgeregt war, beschäftigte sich Clare damit, den Rand ihrer Auffahrt mit Petunien zu bepflanzen. Wenn Angie und Jean-Paul wie verabredet um zehn Uhr in New York losgefahren waren, dann mußten sie jede Minute hier eintrudeln. Sie freute sich bereits darauf, die Freunde wiederzusehen und ihnen die Gegend zu zeigen, doch in ihre Freude mischte sich die Furcht, ihnen ihre Arbeiten zeigen und dann herausfinden zu müssen, daß sie sich geirrt hatte.
    Keines ihrer Werke war wirklich gut. Sie hatte sich selbst etwas vorgemacht, weil sie unbedingt daran glauben wollte, daß sie immer noch in der Lage war, aus einem Holzklotz oder ein paar Metallteilen etwas Großes, etwas Bedeutendes zu schaffen. Es war alles zu einfach gewesen, dachte sie. Die Arbeit war ihr zu leicht von der Hand gegangen, und sie hatte viel zu schnell gewisse Begebenheiten aus ihrer Vergangenheit akzeptiert. Auf diese Weise konnte es nur bergab gehen.
    Fürchten Sie sich vor dem Versagen, Clare, oder vor dem Erfolg? Dr. Janowskis Stimme summte in ihrem Kopf.
    Vor beidem – tat das nicht jeder? Schluß jetzt. Jeder Mensch hatte das Recht auf seine private kleine Neurose.
    Clare schob alle Gedanken an ihre Arbeit weit von sich und konzentrierte sich darauf, die Erde umzugraben.
    Ihr Vater hatte ihr einiges über Gartenarbeit beigebracht. Wie man die Wurzeln pflegte, zum Beispiel, und wie man die Erde mit Torf, Dünger und Wasser anreicherte. An seiner Seite hatte sie gelernt, wie befriedigend es sein konnte, etwas zu pflanzen und heranwachsen zu sehen. In New York hatte sie offenbar viel verlernt.
    Ihre Gedanken wanderten zu Cam, und sie dachte daran, wie oft und intensiv sie sich letzte Nacht geliebt hatten, so, als würden sie ihre niedrigsten Bedürfnisse befriedigen. Sie hatten gar nicht genug voneinander bekommen können. Clare konnte sich nicht erinnern, sich jemals einem Mann gegenüber so, nun, so wollüstig verhalten zu haben.
    Was hatte sie da verpaßt, dachte sie grinsend.
    Wie lange konnte diese Beziehung gutgehen? Achselzuckend fuhr Clare fort, Pflanzen in die Erde zu setzen. Sie wußte, daß gerade die Beziehungen, die am

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