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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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großen und ganzen gelungen.«
    »Dann löse bitte dein Herz aus dieser Schraubzwinge und komm endlich.«
    Statt zu gehorchen, griff sie nach einer kleinen Feile. »Fünf Minuten noch. Ich muß noch schnell die Lötstellen etwas glätten.«
    »Mach das im Auto.« Cam löste bereits eigenhändig die Flügelschrauben.
    »Erinnere mich daran, daß ich deine mangelnde Begeisterung für den künstlerischen Schaffensprozeß mißbilligend erwähne.« Clare keuchte etwas beim Sprechen, da Cam sie bereits aus der Garage zerrte. »Wir nehmen besser mein Auto, das wirkt nicht so amtlich, eher wie ein freundschaftlicher Besuch.«
    »In Ordnung. Ich fahre.«
    »Sei mein Gast. Die Schlüssel stecken.« Sie nahm ihm das Armband aus der Hand, machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem und begann, die unebenen Stellen glattzufeilen. »Was willst du denn unternehmen, wenn du Annie das Armband abgeluchst hast?«
    Cam setzte rückwärts aus der Einfahrt heraus. »Ich hoffe bei Gott, daß sie sich erinnern kann, wo sie es gefunden hat. Dann rufe ich die Jamisons an, sie werden es als Eigentum ihrer Tochter identifizieren müssen.«
    »Das stelle ich mir schrecklich vor. Nicht zu wissen, wo sie sich aufhält und wie es ihr geht.«
    Wenn sie überhaupt noch lebt, dachte Cam.
     
    Annies Wohnwagen stand am Stadtrand auf einem kleinen, unkrautüberwucherten Fleckchen Erde, das allgemein nur Muddy Ridge, Schlammhügel, genannt wurde. Niemand wußte, woher der Name stammte, denn der steinige Boden und die zahlreichen Felsen, die den kleinen Hügel umgaben, sorgten dafür, daß sich dort kein nennenswerter Morast bilden konnte.
    Aber der Name Muddy Ridge blieb an dem Platz haften, und die Dauercamper, die dort ihre Wohnwagen aufgestellt hatten, übernahmen die Bezeichnung sogar mit einer Art von Stolz.
    Zu dieser Stunde an einem Sonntagmorgen war von den Bewohnern noch niemand zu sehen, nur zwei magere, struppige Köter veranstalteten an den Reifen eines Pritschenwagens ein Wettpinkeln. Aus einem der Wohnwagen klang die einschmeichelnde, salbungsvolle Stimme eines Erweckungspredigers, der sich des Fernsehens bediente, um seine religiösen Überzeugungen unter das Volk zu bringen.
    Annies Wohnwagen konnte man gar nicht verfehlen. Eine Seite hatte sie hellviolett gestrichen, als sie einmal eine Dose Farbe im Abfall entdeckt hatte. Der Rest des Wagens leuchtete in einem metallischen Grün, mit Ausnahme der Stufen, die Davey Reeder erst kürzlich repariert und die Annie anschließend grellgelb angemalt hatte. Das Ergebnis tat dem Betrachter in den Augen weh, doch Annie liebte es.
    »Ich weiß noch genau, wann ich das letztemal hier war«, sagte Clare. »Das muß am Erntedankfest gewesen sein, ich war damals ungefähr vierzehn oder fünfzehn und begleitete meine Mutter, die Annie einen Kürbiskuchen bringen wollte.« Sie legte die Feile auf die Ablage zwischen den beiden Sitzen. »Weißt du, was mir an dieser Stadt gefällt, Cam? Die Leute kümmern sich um die Annies dieser Welt, ohne groß darüber nachzudenken. Sie tun es einfach.«
    Clare ließ das Armband in die Tasche gleiten und stieg aus. Annies Stimme, die drinnen im Wohnwagen ›Amazing Grace‹ schmetterte, war deutlich zu vernehmen. In der Stille des Morgens klang sie um vieles reiner und aufrichtiger als das einstudierte Gesülze des Fernsehpredigers.
    »Warte.« Clare legte eine Hand auf Cams Arm, ehe dieser anklopfen konnte. »Laß sie zu Ende singen.«
    »I once was lost, but now I’m found. Was blind, but now I see.«
    Cam klopfte an die Metalltür. Ihm fiel auf, daß die Wand einige Löcher aufwies, und er notierte sich im Hinterkopf,
noch vor Sommeranfang dafür zu sorgen, daß sie repariert wurde. Schlurfende Geräusche und ein leises Murmeln ertönten, dann öffnete Annie die Tür, zwinkerte verdutzt und begann zu strahlen.
    »Hallo. Hallo.« Sie hatte wieder mehrere Blusen übereinander angezogen und ein paar Knöpfe der untersten durch die Knopflöcher der obersten geschoben. Aber ihre Tennisschuhe waren ordentlich geschnürt, und Arme und Hals strotzten vor Modeschmuck. »Sie können reinkommen. Sie können sofort reinkommen und sich setzen.«
    »Danke, Annie.« Cam trat ein. Der Wohnwagen war mit Kartons und Tüten vollgestopft, und die weiße Formicaablage, die die Küche vom Wohnbereich trennte, mit Annies gehorteten Schätzen überladen – glänzenden Steinen, Plastikspielzeug aus Schokoladeneiern, leeren Parfümfläschchen und anderem Trödel.
    Sorgfältig aus

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