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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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stand einfach nur da, in ihren ausgebeulten Jeans, den schreiendgrünen Leinenschuhen und dem violetten Sweatshirt mit einem riesigen gelben Fragezeichen auf der Brust, und lächelte sie entwaffnend an. Heiße Tränen brannten in Angies Augen, als sie die Arme ausbreitete.
    »O verflixt, ich werde dich vermissen.«
    »Ich weiß. Ich dich auch.« Clare umarmte die Freundin fest. Der Duft von Chanel, seit ihren gemeinsamen Tagen an der Kunstakademie Angies Markenzeichen, stieg ihr in die Nase. »Nun tu doch nicht so, als ob ich in die Fremdenlegion eintreten würde.« Sie ging auf ihr Auto zu, blieb dann stehen und fluchte leise. »Jetzt hab’ ich doch glatt meine Handtasche vergessen. Die muß oben liegen. Sag
jetzt nichts Falsches«, warnte sie, als sie zum Haus zurückrannte.
    »Dieses Mädchen wird bestimmt irgendwo falsch abbiegen und dann in Idaho landen«, brummte Angie in sich hinein.
     
    Fünf Stunden später hatte Clare sich tatsächlich verfahren. Die Schilder verrieten ihr, daß sie sich im Staat Pennsylvania befand, doch wie sie dorthin gelangt war, wo sie eigentlich durch Delaware hätte hindurchfahren sollen, das war ihr schleierhaft. So entschloß sie sich, das Beste aus der Situation zu machen, hielt bei einem McDonald’s und stärkte sich mit einem Viertelpfünder, einer großen Portion Pommes frites und einer Cola, während sie die Karte studierte.
    Sie fand schnell heraus, wo genau sie sich aufhielt, aber wie sie es geschafft hatte, sich dermaßen zu verfranzen, blieb ihr ein Rätsel. Nun, daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern. An einem mit Ketchup vollgesogenen Pommesstäbchen knabbernd, plante sie ihre Fahrtroute. Sie mußte lediglich auf diese verschnörkelte blaue Linie gelangen, darauf bleiben, bis sie eine rote Linie kreuzte, rechts abbiegen und immer geradeaus weiterfahren. Sicher, die Fahrt würde sich um Stunden verlängern, aber sie stand schließlich nicht unter Zeitdruck. Ihre gesamte Ausrüstung würde erst morgen in Emmitsboro eintreffen, und wenn alles schiefging, konnte sie sich immer noch ein nettes Motel suchen und dort übernachten.
    Neunzig Minuten später geriet sie durch puren Zufall auf die nach Süden führende Interstate 81. Diese Strecke war sie schon mehrmals gefahren; einmal mit ihrem Vater, als dieser sich ein Grundstück an der pennsylvanischen Grenze ansehen wollte, und einmal mit der gesamten Familie, als sie ein Wochenende bei Verwandten in Allentown verbracht hatten. Früher oder später würde sie auf dieser Strecke Hagerstown erreichen, und von dort aus konnte sogar sie mit ihrem schlechten Orientierungssinn den Weg nach Emmitsboro finden.
    Es tat gut, wieder hinter dem Steuer zu sitzen, obwohl der Wagen in der Tat über ein Eigenleben zu verfügen schien. Clare genoß es, den Toyota die kurvenreiche Straße entlangzujagen. Nun, da sie selbst wieder ein Auto besaß, fragte sie sich, wie sie es nur so lange ohne das befriedigende Gefühl, der Kapitän ihres eigenen Schiffes zu sein, hatte aushalten können.
    Eine ausgezeichnete Umschreibung für Ehe und Scheidung. Nein! Energisch schüttelte sie den Kopf und holte tief Atem. Daran wollte sie jetzt nicht denken.
    Der Wagen verfügte über eine erstklassige Stereoanlage, die sie voll aufgedreht hatte. Zwar war es noch zu kühl, um das Verdeck aufzuklappen – ihr Gepäck nahm ohnehin den gesamten Raum ein –, aber sie fuhr mit heruntergekurbelten Fenstern, so daß die Klänge eines alten Hits der Pointer Sisters ins Freie drangen. Im Rhythmus der Musik tappte sie mit dem linken Fuß neben der Kupplung auf den Boden.
    Schon jetzt fühlte sie sich besser, mehr im Einklang mit sich selbst. Daß die Sonne schwächer und die Schatten länger wurden, betrübte sie nicht sonderlich. Die Luft roch nach Frühling, Narzissen und Hartriegel standen in voller Blüte, und sie war auf dem Weg nach Hause.
    Auf halber Strecke zwischen Carlisle und Shippensburg begann der Motor zu klopfen und zu stottern, dann starb er ab.
    »Was zum Henker ist denn jetzt los?« Verblüfft blieb Clare sitzen und hörte einen Moment der dröhnenden Musik zu. Ihre Augen wurden schmal, als sie auf das Armaturenbrett blickte und feststellte, daß die Benzinkontrolleuchte hämisch aufblinkte. »Scheiße!«
     
    Kurz nach Mitternacht bog sie auf die Straße nach Emmitsboro ein. Die Horde von Teenagern, die ihr geholfen hatten, den Sportwagen an den Straßenrand zu schieben, waren von dem Auto so beeindruckt gewesen, daß sie sie förmlich um die

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