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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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war fast durch die ganze Stadt gefahren, ohne einem anderen Auto zu begegnen.
    Langsam, jeden Moment auskostend, stieg sie aus dem Wagen. Das Garagentor mußte noch von Hand geöffnet werden, es hob sich mit einem lauten, metallischen Quietschen. Niemand hatte sich je die Mühe gemacht, eines dieser ferngesteuerten Automatiktore zu installieren.
    Zumindest würde sich hier kein Mensch an dem Krach stören, tröstete sich Clare. Die nächsten Nachbarn wohnten ein Stück weiter auf der anderen Straßenseite und hatten ihr Grundstück mit einer dichten Lorbeerhecke umgeben. Sie ging zu ihrem Wagen zurück, der mit laufendem Motor in der Auffahrt stand, um ihn in die Garage zu setzen.
    Von dort aus hätte sie eigentlich direkt ins Haus gelangen können, durch die Tür zur Waschküche und dann in die Küche, doch wollte sie das Betreten des Hauses zu einem etwas dramatischeren Ereignis hochstilisieren.
    So trat sie wieder ins Freie, zog das Garagentor zu und schlenderte langsam die Auffahrt entlang, um in aller Ruhe einen Blick auf das Haus zu werfen.
    Ihren Schlafsack und das Gepäck hatte sie im Auto vergessen und sich an ihre Handtasche nur deshalb erinnert, weil diese die Schlüssel zur Vorder- und Hintertür enthielt. Ihre Erinnerungen überfluteten sie mit Macht, als sie die Stufen von der Auffahrt zur vorderen Terrasse emporstieg. Die Hyazinthen blühten bereits, und der süße, zarte Duft hing in der Luft.
    Clare blieb stehen und sah das Haus ihrer Jugend lange an. Ein dreistöckiges, aus Holz und Stein errichtetes Gebäude, dessen Holzteile früher immer weiß, mit blau abgesetzt, gestrichen worden waren. Die großzügig angelegte, überdachte Veranda umgab ein schmiedeeiserner Gitterzaun, elegant geschwungene, schlanke Säulen trugen das Dach. Auch das alte Tor, auf dem sie so viele Sommerabende verträumt hatte, war noch da. Ihr Vater hatte stets Zukkererbsen daneben angepflanzt, deren würziger Duft sie einlullte, wenn sie auf dem Tor schaukelte.
    Die widersprüchlichsten Gefühle stiegen in ihr auf, als sie den Schlüssel in das alte Messingschloß steckte. Knarrend und stöhnend ging die schwere Holztür auf.
    Sie fürchtete sich nicht vor Geistern. Sollten hier welche hausen, dann konnten sie ihr nur wohlgesonnen sein. Wie um sie willkommen zu heißen, blieb Clare eine volle Minute lang im Dunkeln stehen.
    Dann schaltete sie das Licht in der Halle ein, das auf die frisch geweißten Wände fiel und den gebohnerten Eichenholzfußboden warm schimmern ließ. Blair hatte bereits veranlagt, daß das Haus für die neuen Mieter hergerichtet wurde, ohne zu ahnen, daß seine Schwester der neue Mieter sein würde.
    Es kam ihr seltsam, irgendwie unrichtig vor, das Haus leer vorzufinden. Irgendwie hatte sie gehofft, daß es sich überhaupt nicht verändert haben würde; daß sie einfach hineingehen und sich wieder daheim fühlen könnte, so, als käme sie gerade aus der Schule statt von einer sehr langen Reise zurück. Inzwischen war sie erwachsen geworden.
    Einen kurzen Augenblick lang sah sie alles wieder so vor sich, wie es früher gewesen war: der schöne alte Ausziehtisch an der Wand, auf dem stets eine mit Veilchen gefüllte grüne Glasvase gestanden hatte, darüber ein antiker Spiegel mit glänzendem Messingrahmen. Der vielarmige Kleiderständer in der Ecke, der lange, schmale Läufer auf den blanken Dielen. Der kleine Setzkasten, in dem ihre Mutter ihre Fingerhutsammlung aufbewahrte.
    Doch als sie einmal zwinkerte, war die Halle wieder leer,
nur eine einsame Spinne webte in einer Ecke sachte ihr Netz.
    Ihre Handtasche fest an sich gepreßt, ging sie durch die Räume; das große vordere Wohnzimmer, das Arbeitszimmer, die Küche.
    Die Elektrogeräte waren neu, bemerkte sie. Elfenbeinfarben schimmernd hoben sie sich von den dunkelblauen Keramikfliesen und dem hellblauen Boden ab. Doch anstatt auf die Terrasse hinauszugehen – für den Anblick fühlte sie sich noch nicht gewappnet –, wandte sie sich ab und lief durch die Halle zur Treppe hinüber.
    Ihre Mutter hatte Pfosten und Geländer gewöhnlich auf Hochglanz poliert. Das alte Mahagoniholz fühlte sich so glatt und sanft wie Seide an. Unzählige Hände und kindliche Hinterteile waren darüber hinweggeglitten.
    Oben fand sie als erstes ihr altes Zimmer wieder, das erste auf der rechten Seite, wo sie den Träumen ihrer Kindheit und Jugend nachgehangen hatte. Dort hatte sie sich für die Schule angekleidet, mit ihren Freundinnen Geheimnisse ausgetauscht,

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