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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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hypnotische Wirkung aus. Und plötzlich fügte sich alles ineinander. Obwohl sich ihr Verstand gegen diese Erkenntnis wehrte, wußte sie, wem diese Stimme gehörte.
    »Salve! Salve! Salve!«
    Der Gong wurde dreimal geschlagen.
    Clare floh.
    Sie dachte gar nicht daran, sich leise zu bewegen, ließ jegliche Vorsicht außer acht. Ihr von Panik überwältigtes Hirn befahl ihr, zu rennen, zu flüchten, zu überleben. Dieselbe Panik hatte sie vor vielen, vielen Jahren angetrieben, als sie hakenschlagend wie ein Hase durch die Büsche gehetzt war, zurück zum Auto ihres Vaters. Dort hatte sie dann gelegen, vor Schock am ganzen Körper flatternd, bis ihr Vater sie fand.
    Schwaches, geheimnisvolles Licht floß durch den Korridor und warf unheimliche Schatten auf die Stufen. Einen Augenblick lang meinte sie, ihren Vater am Fuß der Treppe stehen zu sehen, die Augen vor Kummer umwölkt, die Hände blutverschmiert.
    »Ich habe dir doch gesagt, das ist nichts für dich, Häschen. Kleine Mädchen haben an einem Ort wie diesem nichts zu suchen.« Er streckte die Arme nach ihr aus. »Es ist nur ein Traum, ein böser Traum. Bald hast du alles vergessen.«
    Doch als Clare auf ihn zurannte, löste sich die Gestalt in Nichts auf. Schluchzend lief sie mitten hindurch und die metallenen Stufen hinauf. Schwarze, abgrundtiefe Hysterie hatte von ihr Besitz ergriffen, ein bitterer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus und verursachte ihr Brechreiz. Wie von Sinnen hämmerte sie gegen die Tür.
    Sie saß in der Falle! Die Schweißtröpfchen auf ihrer Haut begannen rascher zu fließen und vereinigten sich zu Strömen,
als sie die Tür mit den Fäusten bearbeitete. Ihr eigenes heiseres Flehen dröhnte in ihrem Kopf. Sie würden nach ihr suchen. Sie würden sie finden, und dann würde sie sterben. Wie Carly Jamison. Sie würden ihr wie jenem kleinen, vor Angst zitternden Ziegenbock die Kehle aufschlitzen.
    Gerade als sie im Begriff war, laut zu schreien, fand sie die Türklinke und stolperte ins Freie, hinaus in die Nacht. Blinde Panik jagte sie über den dunklen Parkplatz, bis sie sich schwer atmend an einen Baum klammerte und ihre feuchte Wange gegen die Rinde preßte.
    Denk nach, verdammt, befahl sie sich. Du mußt Hilfe holen. Geh zu Cam. Sie konnte zu seinem Büro laufen, aber sie fürchtete, ihre Beine würden sie nicht mehr tragen. Was, wenn er nicht da war? Nein, sie würde zu ihm nach Hause gehen. Dort würde sie in Sicherheit sein. Er würde ihr helfen.
    Vorsichtig wie ein witterndes Tier blickte sie sich um und entdeckte ihr neben Ernies Wagen geparktes Auto. Das konnte sie hier nicht einfach stehenlassen, es war viel zu gefährlich. Sie trat einen Schritt zurück und wurde sofort von einer Welle der Übelkeit erfaßt. Clare biß die Zähne zusammen und setzte sich in Bewegung. Sie würde in ihr Auto krabbeln, zu Cam nach Hause fahren und ihm erzählen, was sie gesehen hatte.
    Als die Scheinwerfer eines näherkommenden Autos sie erfaßten, erstarrte sie vor Schreck.
    »Clare?« Dr. Crampton steckte den Kopf aus dem Fenster. »Clare, was um alles in der Welt tust du hier? Alles in Ordnung?«
    »Doc?« Schwindelig vor Erleichterung wankte Clare auf seinen Wagen zu. Sie war nicht mehr alleine. »Gott sei Dank!«
    »Was ist denn los?« Crampton schob seine Brille auf die Nase, musterte Clare forschend und stellte fest, daß ihre Pupillen stark vergrößert waren. »Bist du verletzt? Krank?«
    »Nein. Aber wir müssen hier weg.« Verzweifelt schaute sich Clare nach der Hintertür um. »Ich weiß nicht, wie lange sie noch da unten bleiben.«
    »Sie?« Die Augen hinter den glitzernden Brillengläsern blickten sie besorgt an.
    »Bei Griffith. Unten. Ich habe sie gesehen. Die Roben, die Masken. Ich habe immer gedacht, es wäre nur ein Traum, aber es war Wirklichkeit.« Sie hob eine Hand und versuchte, ihre sich überschlagenden Worte zu ordnen. »Ich weiß, es klingt verworren. Ich muß sofort zu Cam. Können Sie hinter mir herfahren?«
    »Du bist doch gar nicht in der Verfassung, dich ans Steuer zu setzen. Ich werde dich nach Hause bringen.«
    »Ich bin okay«, erklärte sie, als er ausstieg. »Aber wir können nicht hierbleiben. Sie haben die kleine Jamison umgebracht und wahrscheinlich auch Biff. Sie sind gefährlich.« Zischend sog sie den Atem ein, als sie einen Einstich an ihrem Arm spürte.
    »Ja, das sind sie.« In der Stimme des Doktors schwang ehrliches Bedauern mit, als er ihr die Droge injizierte. »Es tut mir sehr leid, Clare.

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