Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
hörte die beiden zuerst nur, den keuchenden Atem, das unterdrückte Lachen, das Rascheln von Kleidern.
Dann sah sie die beiden im Feuerschein – Bryce, ihren Ehemann, und die Frau, die zu Besuch in ihrem Haus war. Sie umarmten sich. Nein, mehr … sie klammerten sich aneinander, begierig, einander zu berühren und zu schmecken. Sie konnte ihre Erregung spüren, den Reiz des Verbotenen, den sie empfanden. Und in jenen wenigen entsetzlichen Augenblicken begriff sie, dass es nicht das erste Mal war. Wohl kaum.
Sie stand dort, hörte hinter sich dumpf die Geräusche der Party und ließ die Erkenntnis, betrogen zu werden, in sich sacken – und dann den Erdrutsch der Demütigung, der darunter lag.
Wie zuvor begann sie zurückzuweichen, wollte die beiden dort im Zimmer zurücklassen, doch dann wandte Bryce den Kopf, wandte ihn zu ihr um, während seine Hände die Brüste einer anderen Frau umschlossen.
Und er lächelte, breit und charmant und verschlagen. Lachte leise und selbstgefällig.
»Blöde Kuh, ich bin dir nie treu gewesen. Das sind wir alle nicht.«
Noch während er sprach, verwandelte sich sein Gesicht.
Licht und Schatten spielten darauf, und es nahm die Züge von Mitch an.
»Warum sollten wir auch? Die Frauen sind dazu da, ausgenutzt zu werden. Glaubst du wirklich, eine von euch bedeutet uns mehr als eine andere?« Seine angenehme Stimme triefte vor Verachtung, während er die Frau in seinen Armen befummelte. »Wir alle lügen, weil wir das können.«
Die Schatten verflogen, und das Gesicht verwandelte sich in das Johns. Das ihres Mannes, ihrer großen Liebe. Des Vaters ihrer Söhne. »Glaubst du, ich bin dir treu gewesen, du dumme Gans?«
»John.« Der Schmerz zwang sie beinahe in die Knie. So jung, dachte sie. So lebendig. »O Gott, John.«
»O Gott, John«, äffte er sie nach, während die Frau, die er umarmte, unter seinen Händen stöhnte. »Ich brauchte Söhne, nicht wahr? Du warst nicht mehr als eine Zuchtstute. Wenn ich mehr Glück gehabt hätte, dann hätte ich überlebt und dich verlassen. Hätte das Wesentliche mitgenommen, nämlich meine Söhne, und dich verlassen.«
»Das ist eine Lüge.«
»Wir alle lügen.«
Als er lachte, musste sie sich die Ohren zuhalten, denn es war, als prügelten Fäuste auf sie ein, auf ihr Herz, bis sie nur noch auf die Knie sinken konnte.
Sie vernahm ihr eigenes Weinen, heftige, bitterliche Schluchzer.
Sie hörte nicht, wie die Tür hinter ihr aufging, hörte auch nicht den entsetzten Aufschrei. Plötzlich schlossen sich Arme um sie, fest und stark. Am Geruch erkannte sie ihren Sohn.
»Mama, was ist los? Bist du verletzt? Mama.«
»Nein. Nein.« Sie klammerte sich an ihn, vergrub das Gesicht an seiner Schulter und kämpfte gegen die Tränen an, die immer noch flossen. »Alles in Ordnung. Keine Sorge. Ich bin nur …«
»Es ist nicht alles in Ordnung, und sag mir nicht, ich soll mir keine Sorgen machen. Sag mir, was los ist. Erzähl mir, was passiert ist.«
»Gleich. Gleich, Harper.« Sie lehnte sich an ihn und ließ sich dort auf dem Boden von ihm wiegen, bis seine Wärme in ihre eisigen Glieder drang. »O Harper, wann bist du so groß und stark geworden? Mein Baby.«
»Du zitterst ja. Du bist nicht krank, du hast Angst.«
»Angst habe ich nicht.« Roz atmete tief durch. »Bin nur etwas traumatisiert, schätze ich.«
»Ich bring dich nach Hause. Dort kannst du mir alles erzählen.«
»Ich … ja, das ist am besten.« Roz löste sich ein wenig von Harper und wischte sich über das Gesicht. »Im Augenblick möchte ich niemanden sehen. Und schon gar nicht, dass mich jemand sieht. Ich bin ein bisschen fertig, Harper, und wahrscheinlich sehe ich verheerend aus.«
»Keine Sorge. Soll ich dich tragen?«
»Oh.« Wieder brannten ihr Tränen in den Augen, doch diesmal warme. »Mein lieber Junge. Nein, ich kann ganz gut laufen. Aber sag mir erst noch eins. Hier drin ist alles wie immer, oder? Alles ist so, wie es sein sollte?«
Weil Roz’ Stimme so angespannt klang, schaute Harper sich in dem Gewächshaus um. »Ja, alles bestens.«
»Gut, dann lass uns nach Hause gehen.«
Sie ließ sich von Harper durch den Regen führen, um die Gebäude herum, und atmete erst erleichtert auf, als sie in seinen Wagen stieg.
»Entspann dich«, befahl Harper und beugte sich herüber, um ihr den Sicherheitsgurt anzulegen. »Gleich sind wir zu Hause. Du musst dich aufwärmen.«
»Du gibst mal einen guten Vater ab.«
»Was?«
»Du hast einen guten
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