Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
Bryan.« Sie reagierte mit einem Lächeln. »Aber die Antwort lautet nein. Ich kann nicht einen Untergebenen dorthin schicken, wenn ich nicht auch selbst hingehen würde. Kommandant Ch’k’te wird während der nächsten Wache an Bord von Cicero Op sein, und ich will auf der Pappenheim nur ein paar Stunden zubringen. Wenn ich zurückkehre, werde ich zusammen mit se Sergei meinen Bericht an die Admiralität abschließen.«
»se Sergei? Aber, Ma’am, das ist doch eine reine Navy-Angelegenheit …«
»Das ist es längst nicht mehr. Die Beteiligung des Hohen Nestes macht alles nur noch komplizierter. Wir waten hier durch ein völlig unbekanntes Gewässer, und wir können es uns nicht leisten, einen Schritt in die falsche Richtung zu machen. Ich gebe zu, dass se Sergei ein Buch mit sieben Siegeln ist, aber er dürfte die Situation besser verstehen als wir alle zusammen. Er ist schon auf Raumschiffen durchs All gereist, als Ihr Großvater nicht mal geboren war. Ob er nun Zor-Gewänder trägt oder nicht, Bryan, er besitzt nicht nur militärische, sondern auch diplomatische Erfahrung. Wir brauchen alle Hilfe, die wir bekommen können.«
Während ihre Gig einige Stunden später im Hangar der IS Pappenheim aufsetzte, fühlte Jackie sich nicht mehr so selbstsicher wie noch bei ihrer Unterhaltung mit Bryan Noyes. Auf dem Flug hatte sie noch einmal den medizinischen Bericht gelesen, doch eine beruhigende Wirkung hatte der nach wie vor nicht auf sie.
Sie wusste, dass die Katastrophe nicht durch ein Fehlverhalten ihrerseits ausgelöst worden war, dennoch verfolgte sie der Gedanke, die Ereignisse hätten vielleicht doch irgendwie verhindert werden können. Bei nüchterner Betrachtung wurde jedoch deutlich, dass dem nicht so war. Sie hatte ihre Bedenken angemeldet und aktenkundig gemacht, und sie war verpflichtet gewesen, die Befehle des Admirals zu befolgen. Die Vorschriften gaben ihm das Recht zu solch außergewöhnlichen Maßnahmen. Durch seine Entscheidung, mit einer Staffel das System zu verlassen, war alle Verantwortung auf ihn übergegangen.
Doch selbst wenn die Admiralität beschließen würde, gegen Tolliver vorzugehen – wem sollte damit gedient sein? Wer wollte schon einen Mann bestrafen, der seinen Verstand verloren hatte?
Jackie hielt nicht besonders viel von Tolliver. Er hatte ihre Empfehlung in den Wind geschlagen und zudem einen wichtigen Vertreter des Hohen Nestes der Zor beleidigt. Und er hatte sechs Schiffe mit fast all ihren Besatzungsmitgliedern sinnlos geopfert.
Tolliver gegenüber verspürte Jackie kein Mitleid, sondern für die hunderte von Opfern, für die sie sich trotz allem verantwortlich fühlte. Der Admiral hatte sie nur als gesichtslose Namen auf einem Dienstplan zur Kenntnis genommen, doch für Jackie waren diese Leute ihre Untergebenen und in vielen Fällen auch ihre Freunde.
Die Überlebenden können sich glücklich schätzen, hielt sie sich vor Augen. Egal ob sie den Verstand verloren haben oder nicht Hunderte andere sind verschollen … und vermutlich tot
»Willkommen an Bord, Commodore«, sagte Captain Georg Maartens, als sie auf dem Hangardeck angelangt war. Sie erwiderte seinen Salut und den von Dr. Arthur Callison, Chefarzt der Pappenheim. Callison war erst seit kurzem auf Cicero und wirkte so, als hätte er sich seine Offiziersuniform nur zur Tarnung übergezogen. Doch sie kannte seinen Ruf und war mehr als froh, ihn hier auf der Station zu haben.
Vor allem im Augenblick!, fügte sie in Gedanken hinzu.
Im Vergleich zu ihm war Maartens ein alter Freund. Obwohl er immer wie der perfekte Offizier in makelloser Uniform auftrat, erinnerte er Jackie an einen gern gesehenen Onkel. Er war einige Jahre älter als Jackie, hatte aber nie etwas Größeres als ein Raumschiff befehligt.
»Danke, Georg. Es … es tut mir leid, dass mein Besuch so überstürzt ausfällt.« Maartens führte sie vom Hangardeck. »Ich bin hier, um den Admiral zu besuchen.«
Callison zögerte kurz, während er neben ihr her zum Lift ging. »Ich … Na gut, wie Sie wünschen, Ma’am«, sagte er und klang so, als hätte er sich mitten im Satz überlegt, anders zu reagieren. Maartens rollte hinter dem Rücken des Arztes mit den Augen, sodass Jackie es sehen konnte. Der Mediziner nahm an, dass es sich nicht um eine Bitte, sondern um einen Befehl handelte.
»Haben Sie Einwände, Doktor?« Sie betraten den Lift, der sich langsam in Bewegung setzte, um die Gruppe ins Herz des Schiffs zu befördern.
»Offiziell gibt es
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