Dunkle Sehnsucht
einen Platz für Dons sterbliche Überreste aussuchte. Ich wäre am Ende noch auf die Idee gekommen, mir seine Asche zusammen mit dem Knoblauch und dem Hasch in die Klamotten zu packen, weil ich glaubte, dass sie nur dort wirklich sicher war.
Ich rieb mir die Hände, als mir düster bewusst wurde, wie leer sie sich ohne die Urne anfühlten, die ich während der vergangenen Stunden pausenlos umklammert gehalten hatte. Schließlich rollte ich die Ärmel meiner dem Gedenkgottesdienst angemessenen schwarzen Bluse hoch. Wenigstens den gottverfluchten Staub konnte ich schon mal von den Möbeln wischen.
Die fieberhaften Putzaktivitäten, in die ich verfiel, um mich von meinem Kummer über Dons Tod abzulenken, erwiesen sich nicht nur in puncto Trauerbewältigung als nützlich.
Mencheres rief an, um uns zu sagen, dass er uns einen Besuch abstatten würde, weil er uns etwas Wichtiges mitzutei-len hätte. Bones zufolge hatte er nicht geklungen, als wäre Apollyons Leiche mit einem Zettel daran gefunden worden, auf dem stand: »Vorzeitig alles Gute zum Geburtstag, Cat!«
Offen gestanden fühlte ich mich nicht in der Verfassung, schon wieder eine schlechte Nachricht verkraften zu können, da man aber im Leben nicht einfach auf »Pause« drü-
cken konnte, würde ich mich Mencheres' Neuigkeiten stellen, egal, wie es in mir aussah.
Wenigstens war das Haus blitzsauber, und es roch nicht mehr so muffig. Was natürlich auch auf das Grünzeug zu-rückzuführen sein konnte, das Bones besorgt hatte, während ich noch dabei gewesen war, meinen Reinlichkeitsfimmel auszuleben. Ich war jetzt stolze Besitzerin mehrerer streng riechender Knoblauchzwiebeln sowie einiger fluffiger Topf-pflanzen. Wo Bones Letztere herhatte, wagte ich nicht mal zu fragen. Hatte er eine illegale Pflanzung erschnüffelt und sie dort ausgegraben? Oder sie dem freundlichen Drogen-dealer von nebenan abgekauft?
Gott, ich konnte es nicht erwarten, die Nebenwirkungen von Maries Blut loszuwerden. Hoffentlich würde ich mein Lebtag nie wieder Knoblauch oder Pot riechen müssen. Unser neues Heimdekor hatte allerdings den Vorteil, dass ich die porösen Säckchen aus den Taschen nehmen konnte, die ich in letzter Zeit mit mir hatte herumschleppen müssen.
Und das war eine ziemliche Erleichterung.
»Sie sind da, Kätzchen«, rief Bones einen Stock tiefer.
Ich konnte noch nichts hören, da ich aber wusste, dass Bones aufgrund des Machtaustauschs, der zwischen Mencheres und ihm stattgefunden hatte, über eine äußerst starke emotionale Verbindung zu seinem Mitregenten verfügte, glaubte ich ihm unbesehen. Mir blieb keine Zeit mehr, Make-up aufzulegen, aber das würde wohl niemand merken. Geschweige denn sich daran stören. Ich war frisch geduscht, trug saubere Klamotten, und das Haus war aufgeräumt. Die drei wichtigsten Vo-raussetzungen, wenn man Gäste erwartete.
Es sei denn, die Gäste hatten Hunger.
»Wir haben kein Blut im Haus«, sagte ich zu Bones, als ich die Treppe herunterkam.
Er ließ den Blick über meinen Körper schweifen, wobei er bestimmte Areale besonders wohlgefällig beäugte. Mein Kleid war kaum als sexy zu bezeichnen. Es war ein schlichtes Modell aus schwarzer Baumwolle mit Dreiviertelärmeln, das mir bis zu den Füßen reichte. Aber entweder betonte es genau die richtigen Körperstellen, oder an Bones zeigten sich bereits die Auswirkungen einer Woche ohne Sex. Zu behaupten, ich hätte nach Dons Tod keine Lust gehabt, wäre eine Untertreibung gewesen.
»Das erwarten sie auch bestimmt nicht. Sie wissen ja, dass wir erst angekommen sind.«
Genau. Und sie kamen ja auch nicht zum Vergnügen.
»Wahrscheinlich will er, dass wir Daves Plan in Kraft setzen«, murrte ich. »Wir hätten uns eine Möglichkeit aus-denken sollen, an ein paar von Apollyons Anführer heranzukommen, ohne dass Dave sich als Spitzel outen muss, aber das ist in dem ganzen Durcheinander irgendwie auf der Strecke geblieben.«
Kann sein , sagten Bones' hochgezogene Augenbrauen. Er wusste, worum es ging. Dave hatte ihm kurz nach Dons Tod davon erzählt, als er vom Kummer überwältigt erst recht etwas gegen Apollyon hatte unternehmen wollen, aber Bones hatte es ihm ausgeredet. Mir war allerdings klar, dass er die Idee trotzdem gut fand.
Ich stand Daves Plan allerdings noch negativer gegenüber als zuvor. Ich wollte nicht auch noch einen guten Freund verlieren. Außerdem war Dave von Dons Tod noch genauso geschockt wie wir alle und damit nachlässiger. Das war die harte Realität.
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