Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Sehnsucht

Dunkle Sehnsucht

Titel: Dunkle Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
Vom Netzwerk:
die er mir bestimmt nicht abnahm, vertraute ich ihn also Ed und Scratch an, die Stein und Bein schworen, ihn gut zu behandeln und an einen sicheren Ort zu bringen. Wenn diese Sache mit Apollyon aus-gestanden war, hatte ich jetzt also einen weiteren Punkt auf meiner To-do-Liste: einen Therapeuten und einen Zeichen-sprachelehrer für den traumatisierten Ghul finden.
    Ich rief Bones dreimal zurück, erreichte aber jedes Mal nur die Mailbox. Typisch; jetzt, wo ich reden konnte, hatte er keine Zeit. Sorgen quälten mich, aber ich verdrängte sie zusammen mit all den anderen Dingen, über die ich im Augenblick nicht nachdenken durfte. Ich hatte Bones' Anrufe vorhin auch nicht annehmen können, aber das bedeutete nicht, dass ich in Lebensgefahr geschwebt hatte. Er war stark. Er konnte auf sich selbst aufpassen. Ich musste aufhören, Paranoia zu entwickeln, indem ich mir ständig seine verdorrende Leiche vorstellte.
    Als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass wir im Autokino beobachtet worden waren, machte Mencheres auf dem Weg zum Haus mehrmals kehrt und parkte etwa einen Kilometer entfernt. Mencheres trug mich den Rest der Strecke, den Vlad und er fliegend zurücklegten. Ich machte mir nicht erst die Mühe, ihnen zu sagen, dass ich inzwischen fliegen gelernt hatte. Erstens war ich müde. Zweitens beherrschte ich es noch nicht so gut, und wenn ich in Vlads Gegenwart mit einem Telefonmast oder etwas Ähnlichem kollidierte, würde er mich das nie vergessen lassen.
    Wir landeten hinter dem Haus auf dem dunkelsten Abschnitt des Rasens und gingen dann nach vorn zur Eingangstür. Das Haus war in etwa so groß wie das, in dem ich aufgewachsen war, aber Mencheres hatte bestimmt seit tausend lahren nicht mehr so bescheiden logiert. Er schlief auf der Ausziehcouch, während Vlad und ich es uns in den Schlaf-zimmern im Obergeschoss bequem machten. Gerade hatte ich auf der Terrasse die Stiefel ausgezogen - eine Ange-wohnheit aus Kindertagen, als es einem Kapitalverbrechen gleichgekommen war, Schmutz in die Wohnung zu tragen -, als Mencheres mit einem Ruck den Kopf hob und zum Himmel aufsah.
    »Aliens?«, witzelte ich, erstarrte aber trotzdem und griff nach meinen Messern. Ghule konnten nicht fliegen, aber was, wenn andere Bösewichte uns vom Kino aus gefolgt waren? Feinde hatten wir schließlich nicht nur unter den Körperfressern ...
    Meine Sinne begannen zu prickeln, als hätten sie einen Schuss Steroide abbekommen, da sagte Mencheres auch schon: »Bones.«
    Vlad hatte kaum Zeit zu murmeln: »Dabei war es bis jetzt ein so schöner Abend«, bevor der Vampir, auf den seine Bemerkung gemünzt war, vom Himmel herabstürzte und mit wirbelndem schwarzen Mantel ein paar Schritte von uns entfernt landete. Glück und Sehnsucht durchfluteten mich, als unsere Blicke sich trafen. Ich lief zu ihm, umschlang ihn mit den Armen und genoss die Kraft und Heftigkeit, mit der er mich seinerseits an sich zog.
    »Ich habe dich vermisst, Kätzchen«, knurrte Bones. Dann hefteten seine Lippen sich auf meine zu einem Kuss, der eher von blindem Verlangen als romantischer Wiedersehensfreude sprach.
    Das war okay; ich empfand das Gleiche. Abgesehen von dem zwanghaften Impuls, die Hände über Bones' Körper gleiten zu lassen, um mich zu vergewissern, dass er auch wirklich da war, erfüllten mich Erleichterung, Glück und ein ganz tiefes Gefühl des Angekommenseins , das ich bis ins Mark spüren konnte. Bis zu diesem Augenblick hatte ich gar nicht gemerkt, wie sehr mir Bones fehlte, mir nicht eingestehen wollen, wie verkehrt sich alles anfühlte, wenn ich von ihm getrennt war. Irgendwie war es beängstigend, wie sehr er zu einem Teil von mir geworden war. Es machte mir bewusst, was für ein vernichtender Schlag es für mich sein würde, wenn ihm - Gott bewahre - jemals etwas zustoßen sollte.

    »Warum bist du vorhin nicht ans Handy gegangen?«, murmelte Bones, als er den Kopf hob. »Ich habe ein paarmal probiert, dich anzurufen. Mencheres auch. Sogar Tepesch. Keiner ist rangegangen. Ich hatte eine Heidenangst, also habe ich mich in einen FedEx-Flieger geschmuggelt, um mich zu vergewissern, dass mit dir alles in Ordnung ist.«
    »Du bist den ganzen Weg von Ohio hierhergekommen, weil ich nicht ans Handy gegangen bin?« Ich war hin und her gerissen zwischen Lachen und Unglauben. »Gott, Bones, das ist ein bisschen verrückt.«
    Das war es tatsächlich, obwohl der Teil meiner Persönlichkeit, dem Bilder von Bones' Grabstein im Kopf herum-gespukt waren,

Weitere Kostenlose Bücher