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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuala O'Faolain
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durch das alte Lager und über die Anhöhe
nahm. Der Hund rannte vor und zurück, es war für ihn ein Paradies aus Kaninchengerüchen, und ich hatte keine Lust, ihn zur Eile anzutreiben. Ich warf den Kopf zurück, um das Drama zu verfolgen, das sich an dem riesigen Himmelszelt über uns abspielte. Die ersten Sterne funkelten bereits, wenn auch noch zaghaft. Entschlossene Wolken bezogen Position, als wären sie losgeschickt worden, um die Sterne zu löschen, und als ich am Fuß der Anhöhe angekommen war und durch den Garten ging, hatten sie ihren Auftrag erfüllt. Die Wolken hatten das hohe Himmelszelt übernommen und uns auf der Erde unter einer Decke aus weichem Nebel festgezurrt. Dann kam eine leichte Brise auf, und es begann leise zu nieseln.
    Heute Abend war es wirklich besser, wenn man zu Hause war. Allerdings fühlte meine Hündin sich durch das elektrische Licht irritiert. Ich musste unbedingt Lampenschirme kaufen.
    »Die Stimmung ist auf einmal ziemlich städtisch«, sagte ich zu ihr. »Und hörst du die neuen Geräusche? Wie der Kessel Dampf macht? Und wie die Motte mit einem Klicken gegen die Glühbirne fliegt?«
    Ich machte beim Essen viel weniger Chaos als sonst, weil ich jetzt genau sehen konnte, was ich tat. Und als letzte Aktivität setzte ich Wasser auf und trug eine Schüssel vor den Kaminherd, um mich zu waschen.
    Aber das war der Moment, in dem der Schmerz durchbrach, den ich eigentlich ignorieren wollte.
    Ich machte alle Lichter aus und überprüfte die Hundeschüsseln. Dann ging ich nach oben, kroch ins Bett und drehte mich auf die Seite, drückte die Fäuste gegen mein Gesicht und versuchte mit aller Kraft, die Situation zu akzeptieren.
    Würde es wirklich nie mehr passieren? War es für immer vorbei? Warum war es für mich Vergangenheit? Warum? Wie konnte es sein, dass das alles vorbei war, die Küsse und das Flüstern, die sinnliche Hingabe des Körpers, die sich langsam steigernde
Intensität, die gierigen Lippen auf der Haut, die Berührungen, Schulter, Hüfte, die dunkle Körperform, die sich über mir erhob, im Gegenlicht. Wie sollte ich es aushalten, wenn das nie wieder geschah? Die Möglichkeit bestand – es konnte sein, dass es nie wieder jemanden für mich geben würde. Vielleicht war’s das. Ein kurzer Blick. Die aufsteigende Hitze, die sofort erstickte. Sich nie wieder in zerwühlten Laken rekeln, hemmungslos, schamlos. Und die glücklichen, dankbaren Küsse.
    Nur wegen des Alters! Ich sprang aus dem Bett und starrte in den Spiegel. Mein Gesicht, tränenüberströmt. Ich packte meine Haare und zerrte sie an der Stirn nach hinten. Da! Da! Grau an den Wurzeln. Ist es deswegen? Nur deswegen?
     
    Am Dienstag brachte Andy die Ziegen. Mein erster Gedanke war: Wenn der Wind umschlägt, trägt er ihren Gestank ins Haus, und das kann das Ende des angenehmen Lebens sein. Ich hatte noch nie so uralt wirkende Lebewesen gesehen. Wie war es möglich, dass Tiere, die so wenig verwandt mit uns schienen, den Menschen trotzdem etwas bedeuteten? Die Ziegen ließen sich ohne große Umstände aus dem Lastwagen holen und auf das nächste Feld bringen. Andy war den ganzen Tag dort gewesen und hatte einen Stacheldrahtzaun gezogen. Nur zum Mittagessen war er ins Haus gekommen. Wir aßen unsere Sandwiches. Die Tür stand weit offen, sodass man die Rufe der watenden Vögel hörte, deren Füße in der Schlammzone am Strand zarte Hieroglyphen hinterließen. Möwen segelten durch den Wind, der gerade stark genug war, dass sie reglos vor dem blauen Himmel zu stehen schienen. Ein paar Zentimeter von der Türschwelle entfernt hüpften die eleganten Bachstelzen herum, und hinter ihnen wartete ein Rotkehlchenpaar mit funkelnden Augen auf Brotkrumen. Ich machte Andy auf die beiden aufmerksam. Sahen ihre Augen nicht genauso aus wie die von Min?

    Andy erzählte mir, dass Ziegen zu den beliebtesten Tieren gehörten, die NoNeed verschenkte, weil sie nicht nur Milch und Fleisch lieferten, sondern auch das Buschwerk ausdünnten. Ich erzählte ihm dafür, dass der Stacheldraht von einer Nonne erfunden wurde, was wenig bekannt sei. Andy sagte, die Nonne hätte bestimmt versucht, Ziegen zu halten.
    Dann fuhr er wieder weg, und als er zurückkam, stand auf seinem Truck ein Lattenverschlag mit einem großen Schwein. Mein erstes Schwein.
    Es war nicht besonders dick, aber ich taufte es gleich Mother Ireland, obwohl ich wusste, dass diesen Witz vermutlich niemand hier verstehen würde.
    Andy sagte, ich solle ein Auge auf das

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