Dunkle Umarmung
einladen dürfte, aber auch ein paar andere Mädchen, mit denen wir uns seit unserem Ausschluß aus dem
»Privatclub« angefreundet hatten. Sie war einverstanden und kümmerte sich sogar um die Vorbereitungen. Mein Geburtstag würde auf einen Montag fallen, und wir entschlossen uns, die Party am Sonntag davor zu feiern.
Am Samstag abend ging Tony mit meiner Mutter und mir aus, um bei einem Abendessen ganz unter uns zu feiern. Es machte großen Spaß. Tony hatte dafür gesorgt, daß das Restaurant eine spezielle Geburtstagstorte für mich backen sollte, und der Küchenchef servierte sie persönlich. Die Kellner und Kellnerinnen versammelten sich um unseren Tisch und sangen: »Happy Birthday«. Mama und Tony küßten mich, und dann überreichte mir der kleine Troy ein Geschenk, auf das er stolz war, weil er es selbst ausgesucht hatte. Es war ein goldenes Medaillon. Darin war ein Bild von ihm. Auf der Rückseite hatte er den Juwelier eingravieren lassen: »Für meine Schwester Leigh«.
»Wie lieb von dir«, rief ich und drückte ihn an mich. »Es ist wunderschön. Ich werde es immer tragen, Troy«, sagte ich zu ihm, und er sah so stolz und auch so würdig aus in seinem Freizeitjackett mit der Krawatte.
Am späteren Abend, nicht mehr als eine Stunde nach unserer Rückkehr vom Restaurant, hörte ich ein Klopfen an der Tür meiner Suite. Es war Tony. Er stand da und hielt ein Päckchen in der Hand, das in ein rosa-blau gemustertes Papier eingewickelt war.
»Dazu wollte ich mit dir allein sein«, erklärte er, und seine blauen Augen bohrten sich in meine und hielten meinen Blick lange fest. »Für uns beide ist es etwas ganz Besonderes, und deshalb sollte kein Dritter dabeisein.«
»Danke, Tony.« Ich nahm das Päckchen von ihm entgegen und setzte mich aufs Sofa, um es auszupacken, während er danebenstand, die Hände hinter dem Rücken hielt und mir zusah. Meine Finger waren ungeschickt, weil ich so aufgeregt war. Ich verriet nicht, daß ich wußte, was in der Schachtel war, da Mama es längst ausgeplaudert hatte.
Ich öffnete den Deckel und sah auf die Puppe hinunter. Ich fand, daß sie wirklich ein Kunstwerk war, denn das Puppengesicht war meinem so ähnlich, daß ich meinte, ich sähe in einen Spiegel. Der Gesichtsausdruck der Puppe war bezaubernd, ein zartes Lächeln, und die Augen strahlten ganz lebensecht. Mich beschlich das gespenstische Gefühl, die Puppe könnte mit mir reden.
»Das Haar fühlt sich so echt an«, flüsterte ich.
»Es ist echtes Haar«, erwiderte Tony, und seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Dein Haar.«
»Was?«
»Erinnerst du dich noch, als Jillian dich vor zwei Monaten zu ihrem Friseur mitgenommen hat? Er hat jede einzelne Haarsträhne aufgehoben, die er dir abgeschnitten hat, und mir gegeben. Erst dann habe ich die Puppe fertigmachen lassen.«
»Wirklich?« Ich war tief beeindruckt.
Die Puppe trug ein Kleid, das dem sehr ähnlich war, das ich bei der ersten Tanzveranstaltung in der Schule getragen hatte.
Alles an ihr war authentisch, sogar das winzige goldene Armband und das winzige goldene Medaillon, eine exakte Nachbildung des Medaillons, das Troy mir geschenkt hatte.
»Wenn du dir die Rückseite des Medaillons durch eine Lupe anschaust, kannst du lesen, daß dort ›In Liebe, Tony‹ steht.«
Ich drehte es um und sah die winzig kleinen Worte. Wie liebevoll das alles gemacht ist, dachte ich.
Alles an der Puppe war schön. Ihr Körper war natürlich immer noch wesentlich weiter entwickelt als meiner, aber ich erinnerte mich wieder daran, was Mama darüber gesagt hatte –
daß Tony in dieser Puppe uns beide miteinander verband.
Ich bewunderte die Feinheiten, mit denen die Finger und die Hände ausgestattet waren, und ich mußte meine eigenen Handflächen nach oben drehen, um sie mit denen der Puppe zu vergleichen. Er hatte ihnen dieselben Linien gegeben. Ich hätte die Puppe gern ausgezogen und mir andere Dinge angesehen, aber das wollte ich nicht in seinem Beisein tun.
»Sie ist wunderschön, Tony, und sie ist ein Kunstwerk.«
»Es freut mich, daß sie dir gefällt. Ich lasse natürlich für die Schaufensterauslagen Nachbildungen der Puppe herstellen, aber das ist das Original, und es gehört für alle Zeiten dir.
Alles Gute zum Geburtstag, Leigh«, sagte er und beugte sich vor, um mir einen schnellen Kuß auf die Lippen zu geben.
»So«, sagte er und richtete sich auf, »und jetzt habe ich noch ein paar Kleinigkeiten im Büro zu erledigen. Wir sehen uns
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