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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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war er so eindringlich?
    »Ja, Macht. Du besitzt sie heute schon, dieselbe Macht, die deine Mutter hat. Deine Schönheit und ihre Schönheit sind betörend. Jeder Mann, der eine von euch beiden ansieht, spürt, daß er schwach wird, und er fühlt, daß sich all seine Entschlossenheit wie Rauch auflöst. Er will ein Sklave eurer Schönheit sein. Es ist für ihn die Erfüllung, gemartert und gequält und liebkost zu werden. Er lebt dafür«, flüsterte er so leise, daß ich die Worte nahezu von seinen Lippen ablesen mußte. »Kannst du das verstehen? Hast du das verstanden?«
    »Nein.« Ich wollte zurückweichen, aber er hielt mich zu fest.
    »Wenn ein Mann dir so nah ist wie dieser Junge in dem Häuschen und wenn du dich von ihm anfassen läßt«, fuhr er fort, und die Finger seiner linken Hand ließen meinen Arm los und legten sich auf meine Brust, »wird sein Herz zu einem kleinen Hochofen, der Glutströme durch seinen Körper jagt.
    Dann dauert es nicht mehr lange, und er kann sich nicht mehr beherrschen. Es ist nicht seine Schuld. Er wird zur Marionette, und du wirst zum Puppenspieler«, erklärte er, und seine Finger streichelten meine Brust. Er berührte mich genauso, wie Joshua mich berührt hatte.
    Wie lange hatte er dagestanden und Joshua und mich beobachtet, ehe er sich entschlossen hatte, sich einzumischen?
    Er hatte uns in den Irrgarten gehen sehen, und dann war er uns gefolgt, dachte ich. Warum hatte er uns nicht gerufen, als er uns beim Hineingehen beobachtet hatte, wenn er es so falsch fand, daß wir uns von den übrigen Gästen fortgestohlen hatten?
    »Du mußt deine eigene Macht einschätzen können, Leigh, damit du sie nicht mißbrauchst.« Er legte seine Finger auf mein Schlüsselbein. »Ich habe gesehen, wie dieser Junge dich geküßt hat. Du kannst nicht erwarten, daß es dabei bleibt. Es ist, als würdest du in einem Heuhaufen ein Streichholz anzünden und glauben, du könntest eine Zeitlang ein kleines Flämmchen brennen lassen und es dann auspusten. Aber wenn es erst entflammt ist, breitet sich das Feuer zu schnell aus. Es brennt lichterloh und verschlingt dich mit dem Heu. Ich will dir diese Dinge zeigen, dich warnen, dir etwas beibringen. Du darfst dich niemals vor mir fürchten. Du mußt mir vertrauen und mir gestatten, dir zu helfen. Wirst du das tun, Leigh? Wirst du das tun?« fragte er eindringlich.
    Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Mir Dinge zeigen?
    Mich warnen? Mir etwas beibringen? Was sollte das bloß alles heißen?
    »Ich habe es dir doch schon gesagt, Tony. Ich weiß zu schätzen, daß du dir Sorgen um mich machst.«
    »Ja«, sagte er. »Sorgen. Ja.« Er zog mich in seine starken Arme und küßte mich aufs Haar. »Meine wunderschöne Puppe. Mein ganz spezielles Kunstwerk.«
    Er drückte mich lange und fest an sich. Endlich lockerte sich sein Griff, und ich wich zurück. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und lächelte.
    »Dann sind wir wieder Freunde?« fragte er.
    »Ja, Tony. Wir sind Freunde.«
    »Gut. Nichts könnte mich mehr betrüben, als jetzt deine Freundschaft und deine Zuneigung zu verlieren, vor allem nachdem wir gemeinsam so erfolgreich waren«, sagte er und betrachtete Angel. »Sieh sie nur an, wie sie uns beobachtet. Ich habe in ihrem Gesicht nur einen Teil deiner Schönheit eingefangen – eine Note deiner wunderbaren Melodie, und immer wenn ich sie ansehe, kann ich dieses Lied hören. Jetzt verstehe ich, daß sich ein Künstler in seine eigenen Schöpfungen verlieben kann.« Er wandte sich wieder an mich, und mir fiel das Gemälde wieder ein, das ich in dem Häuschen gesehen hatte.
    »Tony, warum malst du mich immer noch?«
    »Ich male dich wieder?«
    »Ja, ich spreche von dem Gemälde, das auf der Staffelei stand.«
    »Das ist kein neues Gemälde, Leigh.«
    Aber ich war ganz sicher, daß es neu war. Ich hatte sämtliche Bilder gesehen, und auf keinem waren Mamas Züge derart deutlich zutage getreten.
    »Warum ist das Häuschen immer noch als Atelier eingerichtet?«
    »Ich bin einfach noch nicht dazu gekommen, alles auszuräumen. Ich gehe gern von Zeit zu Zeit wieder hin und durchlebe noch einmal die Momente, die wir zusammen dort verbracht haben. Das Häuschen ist für mich inzwischen zu einem ganz besonderen Ort geworden.« Sein Gesicht wurde härter, seine Lippen wurden schmaler und seine Augen kleiner.
    »Deshalb war ich auch so enttäuscht darüber, daß du heute einen Fremden dorthin mitgenommen hast.«
    »Joshua ist kein Fremder, Tony«,

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