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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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mehr hatte. Dann schloß ich endlich die Augen und zog die Decke wieder über mich und Angel.
    Am Morgen stand ich bei den ersten Sonnenstrahlen auf und huschte aus der Suite meiner Mutter zurück in meine eigene und kroch dort ins Bett. Troy kam, um mich zu wecken, doch ich sagte ihm, daß es mir nicht gutginge. Er rannte hinaus, um Tony und die Hausangestellten davon zu unterrichten. Wenige Momente später erschien Mrs. Carter, eines unserer älteren Dienstmädchen, um nachzusehen, was mir fehlte. Ich sagte ihr lediglich, daß ich mich nicht wohl fühlte. Sie sagte, sie würde mir etwas zum Frühstück bringen.
    »Möchten Sie, daß ich Mr. Tatterton zu Ihnen schicke?«
    »Nein«, rief ich hastig. »Ich möchte niemanden sehen, solange meine Mutter nicht eintrifft.«
    »Keinen Arzt?«
    »Bitte, gar niemanden«, flehte ich.
    »Nun gut. Wir werden Ihnen Tee und etwas zu essen bringen.
    Vielleicht fühlen Sie sich dann besser.«
    Mich besser fühlen? Kein Essen, kein Arzt, keine Schar von Freundinnen hätte jetzt bewirken können, daß ich mich besser fühlte. Troy sah noch einmal nach mir und war enttäuscht, daß ich nicht aus meinem Zimmer kommen und mit ihm spielen oder Spazierengehen wollte. Ich aß ein wenig von der Hafergrütze, die Mrs. Carter mir brachte, und trank eine Tasse von dem gesüßten Tee.
    Tony kam nicht zu mir. Ich war darauf vorbereitet, ihn hinauszuwerfen, zu schreien, eine Szene zu machen und die Aufmerksamkeit sämtlicher Hausangestellter auf uns zu lenken, falls es nötig werden sollte. Vielleicht rechnete er damit und hielt sich deshalb fern von mir.
    Mrs. Carter kam mit einem Mittagessen wieder. Ich aß auch jetzt nur wie ein Spatz, knabberte an einem Sandwich und trank einen Schluck Saft. Am späten Nachmittag kam sie und fragte mich noch einmal, ob sie nicht doch einen Arzt holen sollte.
    »Nein, ein Arzt kann mir nicht helfen«, erwiderte ich.
    »Schicken Sie mir nur meine Mutter in dem Moment, in dem sie kommt.«
    »Ja, gut«, sagte Mrs. Carter kopfschüttelnd. Sie nahm das Tablett mit. Bis in den späten Nachmittag hinein döste ich.
    Endlich hörte ich, daß sich im Korridor etwas rührte, und ich wußte, daß Mama aus Europa zurückgekommen war. Ich wartete voller Vorfreude und war absolut sicher, daß ihr die Dienstboten von meinem Zustand erzählt hatten.
    Die Flurtür wurde aufgerissen, und Mama rauschte herein wie eine frische Böe. Ich zog die Decke zurück und sah zu ihr auf. Sie hatte das Haar zu einem modischen Chignon zusammengesteckt und trug ein dunkelblaues Seidenkostüm, das stark tailliert und an der Taille zugeknöpft war. Sie wirkte gertenschlank, ihr Teint war klar und faltenlos, und ihre Augen strahlten. Kristallohrringe in Form von winzigen Eiszapfen baumelten von ihren Ohrläppchen.
    »Leigh van Voreen«, setzte sie an und stemmte die Hände in die Hüften, »wie kannst du es wagen, am Tag meiner Rückkehr krank zu werden? Was fehlt dir? Es ist Sommer. Im Sommer erkältet man sich nicht.«
    »O Mama«, rief ich. »Mama.« Ich schlug die Decke ganz zurück und setzte mich hin. »Etwas Schreckliches ist passiert.
    Und gleich zweimal!«
    »Was soll dieser Unsinn, Leigh? Ich dachte, du bist krank.
    Ich hatte kaum das Haus betreten, als Mrs. Carter mir händeringend vorgejammert hat, wie krank du bist, daß du aber keinen Arzt sehen willst und dich weigerst, mit irgend jemandem zu reden. Kannst du dir vorstellen, wie müde ich bin? Weißt du, diese Kur war die reinste Folter«, sagte sie, während sie sich umdrehte und sich verrenkte, bis sie sich in meinem Frisierspiegel sehen konnte, »abzunehmen und die Unvollkommenheiten meines Körpers zu beseitigen. Aber jetzt ist es vorbei, und ich hatte Erfolg. Der Meinung sind alle. Was sagst du dazu?« Sie drehte sich mit erwartungsvollem Gesicht zu mir um und rechnete damit, mit Komplimenten überhäuft zu werden. Aber heute würde sie keine Komplimente von mir zu hören bekommen… nur bittere Wahrheiten. Ich wollte nicht zulassen, daß sich Mama noch länger gegen die Wahrheit verschloß.
    »Mama, ich habe hier auf Farthy weit schlimmere Foltern durchgemacht. Tony ist zweimal in mein Zimmer gekommen und hat sich… mir aufgedrängt«, rief ich. »Er… er…« Warum ließ sie mich weiterreden? Mußte ich ihr denn alles bis in die letzten gräßlichen Einzelheiten erzählen? Ich sah sie mit Tränen in den Augen an und erwartete von ihr, daß sie an meine Seite eilen, ihre Arme um mich schlingen und mich mit Umarmungen und

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