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Dunkle Verführung: Roman (German Edition)

Dunkle Verführung: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Verführung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon
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gut.
    Deswegen hatte sie auch jedes Mal Schiffbruch erlitten, wenn sie versucht hatte, mit so etwas davonzukommen.
    Sie stieß einen langen, verzweifelten Seufzer aus. »Wag es ja nicht, mich hier ohne dich sitzenzulassen.«
    »Das werde ich nicht.« Er küsste sie auf die Wange und verschwand vor ihren Augen.
    Marguerite kochte vor Wut. »Ich hasse es, wenn er das tut.«
    Sein Vater lachte. »Ich bin froh, dass er wenigstens diesen Trick beherrscht.«
    »Er beherrscht sehr viele. Ich glaube, Sie wären sehr stolz auf ihn. Er hat es geschafft, unter unglaublichen Umständen am Leben zu bleiben, schon oft, seit ich ihn kenne.« Dann streckte sie seinem Vater die Hand hin. »Ich bin übrigens Maggie Goudeau.«
    »Ich freue mich sehr, dich kennenzulernen, Maggie. Ich muss sagen, du bist eine wunderbare Gefährtin für meinen Sohn.«
    Aristoteles’ Worte taten ihr gut. Zumindest, bis ein verrückter Gedanke sie durchfuhr. »Sie haben nicht zufällig ein paar alte Fotos von Wren, oder? Ich würde so gern wissen, wie er als kleiner Junge aussah.«
    Sein Vater lächelte teuflisch. »Ich habe noch etwas viel Besseres für dich.«
    Sie begriff nicht, was er meinte, bis er sie den ganzen eleganten Flur entlangführte. Er öffnete eine Tür an dessen Ende und blieb dann zurück, sodass sie in den abgedunkelten Raum treten konnte. Marguerite trat ein und erstarrte, als sie den jungen Wren auf der anderen Seite eines Spionspiegels sah.
    »Ist das nicht gefährlich?«, flüsterte sie.
    »Nein.« Aristoteles schloss die Tür, kam zu ihr und stellte sich direkt neben sie. »Wren kann uns beide weder sehen noch hören noch unsere Witterung aufnehmen. Ich habe dieses Zimmer vor langer Zeit einrichten lassen, damit ich ihn beobachten konnte, ohne dass er davon wusste.«
    Sie machte ein finsteres Gesicht. »Warum?«
    In der Tiefe der türkisfarbenen Augen, die sie so sehr an Wren erinnerten, erschien ein Ausdruck des Bedauerns und der Verletzung. »Weil ich meinen Sohn immer geliebt habe, auch wenn er mich abstieß, und ich will, dass du ihm das klarmachst, damit er das weiß. Damit er es auch wirklich begreift.«
    Sie betrachtete Wren, der ein Menschenalter von etwa dreizehn oder vierzehn Jahren haben musste. Er lag im Zimmer nebenan auf dem Boden. Sein blondes Haar war lang und zerzaust, sein Körper furchterregend mager. Er sah so verletzlich aus, so ängstlich und unsicher. Etwas, das sie an dem Mann Wren nie kennengelernt hatte.
    »Wie hat er auf Sie jemals abstoßend wirken können?«, fragte sie Aristoteles.
    Er deutete auf das Fenster, durch das man Wren in Menschengestalt auf dem Rücken liegen sah. Er war völlig nackt und wand sich, als ob er Schmerzen hätte.
    »Es liegt in der Natur von Tieren, diejenigen zu töten, die schwächer sind, die anders sind. In den vergangenen fünfundzwanzig Jahren habe ich zugelassen, dass Karinas Kälte meine eigene Sicht auf mein Kind beeinträchtigt. Wren ist weder als Tiger noch als Leopard auf die Welt gekommen, sondern als eine Mischung von uns.« Sein Blick durchbohrte sie. »Du hast keine Ahnung, was das in unserer Welt für ein Hindernis darstellt.«
    Er ging hinüber zu dem Spiegel, so nahe, dass sie überrascht war, dass Wren ihn nicht sehen konnte, und starrte ihn an. »Sein ganzes Leben lang habe ich gedacht, er sei deformiert. Ich wusste nicht, dass es eine Gabe sein würde, bis er in die Pubertät kam. Weißt du, es ist Gesetz, dass unsere Art nur in zwei Gestalten existieren kann. Als Mensch und als das Tier, als das wir zur Welt gekommen sind. Mehr gibt es nicht. Aber Wren … er ist etwas Besonderes. Er kann der Tigard sein, als der er geboren wurde …«
    »Oder ein Tiger. Ich habe ihn als Tiger gesehen.«
    Sein Vater nickte. »Und er kann auch ein Leopard sein. Ein Schneeleopard oder ein normaler. Sowohl bei Tag als auch bei Nacht. Es ist nicht den gleichen Gesetzen unterworfen wie der Rest von uns. Das ist eine unglaubliche Gabe, die er besitzt. Ich hatte Mythen über solche Kreaturen gehört. Aber genau wie bei dem Einhorn aus der Sagenwelt dachte ich, das wäre alles Blödsinn. Bis ich ihn gesehen habe.«
    Er blickte wieder zu Wren, der zu zittern begann. »In dem Alter, in dem er jetzt ist, sollte er eigentlich nicht in der Lage sein, am Tag menschliche Gestalt anzunehmen. Für Katagaria ist es außerordentlich schwer, im Tageslicht Menschengestalt anzunehmen. Ich bin da im Vorteil, weil meine Mutter ein Mensch war. Ich kann diese Form länger als die meisten behalten.

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