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Dunkle Visionen

Dunkle Visionen

Titel: Dunkle Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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war dieselbe und doch eine andere. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie noch immer etwas von einem hochaufgeschossenen, leicht linkischen Teenie an sich gehabt.
    Aber jetzt …
    Jetzt nicht mehr.
    Sie hatte einen lässigen, selbstsicheren Gang. Ihr Lächeln war so heiter und sinnlich wie ein heißer Sommertag. Sie war groß und schlank, jedoch mit Kurven an den richtigen Stellen. Sie wirkte biegsam und anmutig und gleichzeitig verführerisch und sinnlich. Das lange Haar, es hatte noch die gleiche Farbe wie damals, tiefrot wie die untergehende Sonne, trug sie offen. Die großen Augen leuchteten kobaltblau. Sie war keineswegs aufreizend gekleidet, das hatte sie nicht nötig. Sie trug einen kurzen Jeansrock und einen hellblauen ärmellosen Pulli. Ihre langen sonnengebräunten Beine waren nackt, und die Füße steckten in halbhohen Sandaletten.
    Sie wirkte elektrisierend. In dem Moment, in dem sie die Bühne betrat, zog sie alle Blicke auf sich. Es war mehr als ihre intensiv leuchtende Haarfarbe, mehr als die atemberaubende Schönheit, mit der die Natur sie beschenkt hatte. Es war ihr Gang, ihre Gelassenheit, ihr Selbstvertrauen, ihr Lächeln. Sie bewegte sich so geschmeidig wie eine Katze.
    Ja, sie war umwerfend. Zweifellos überaus attraktiv.
    Aber, Gott, oh Gott, es war mehr als das.
    Sie sah aus wie ihre Mutter. Genau wie ihre Mutter.
    Die Haare waren zwar länger, und der Rock war kürzer, aber sie hätte Lainie sein können.
    Kyle spürte, wie sich ein grimmiges Lächeln in seinen Mundwinkeln einnistete. Lustig. Sie war immer schon eine kleine Katze gewesen. Niedlich und mehr. Und er hatte sich immer von ihr angezogen gefühlt. Obwohl er gleichzeitig komischerweise …
    Er war stets darauf bedacht gewesen, Abstand zu halten. Es gab zu viele Dinge, die Madison sehen konnte. Und er wollte nicht gesehen werden.
    Kyle fiel nichts Besseres ein, als noch einen Schluck von seinem Bier zu trinken. Während er Madison weiter beobachtete, kippte er sich den Rest schließlich auch noch hinter die Binde und nickte, als eine braun gebrannte blonde Kellnerin in superkurzen Shorts herbeikam, um ihm ein neues Bier hinzustellen.
    Madison war seine Stiefschwester. Sie hatte ihn oft zum Grinsen gebracht mit ihren beißenden Kommentaren über Gott und die Welt, die für ihr Alter oft viel zu altklug waren. Doch jetzt begann er sich plötzlich zu fragen, ob es womöglich ihre Ähnlichkeit mit Lainie war, die ihn die ganzen Jahre über bewogen haben könnte, Abstand zu halten. War sie wie Lainie? Lainies Tod war schrecklich und tragisch gewesen, daran konnte es keinen Zweifel geben, und doch war Lainie ein Biest gewesen, ein Biest, das rücksichtslos mit Menschen spielte.
    Madison begrüßte jetzt die Gäste. „Willkommen, Leute in
A Tavern
. Der Laden gehört meinem Vater, und ich freue mich immer, hier zu sein. Mit Key West hat es etwas ganz Besonderes auf sich. Vielleicht, weil hier jeder ganz er selbst sein kann, und wir sind stolz darauf, dass wir uns die Zeit nehmen, sehr bewusst den herrlichen Blumenduft einzuatmen – und die Seeluft und den Gestank nach toten Fischen natürlich.“ Sie plauderte ganz locker, während die übrigen Bandmitglieder ihre Instrumente stimmten. Jetzt warf sie dem jungen Mann, Joey King, der die Band vorgestellt hatte, ein Lächeln zu, und er lächelte zurück. „Aber egal“, fügte sie hinzu, während sie ihr Mikrofon auf die richtige Höhe einstellte, „wir fangen jetzt mit einer von Joeys Balladen an, die genau auf die Insel passt. Sie heißt
Love’s on the Rocks, So I Just Swim in My Beer
, und wer Lust hat mitzusingen, sollte das unbedingt tun.“
    Wieder lächelte sie strahlend. Plötzlich setzte die Musik ein, und Madison wiegte sich im Takt.
    Sie hatte eine wunderbare Stimme. Geschmeidig, voll und leicht heiser. Die Bar füllte sich, als die Musik nach draußen auf die Straße drang, die Menge lachte über den Text, klatschte an den passenden Stellen und sang mit, wenn sie dazu aufgefordert wurde. Am Ende des Songs war das Lokal so gerammelt voll, dass Kyle die Musiker nicht mehr hätte sehen können, wenn sie nicht auf einer erhöhten Bühne gestanden hätten. Die Kellnerinnen und Kellner erwiesen sich als Verrenkungskünstler, während sie sich mit ihren voll beladenen Tabletts durch die Menge schlängelten, um Biere, Margaritas und Mineralwasser zusammen mit Essen und den verschiedensten haarsträubendsten Mixgetränken in Souvenirgläsern zu servieren.
    Anschließend spielte die Band

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