Dunkler Engel
selbst ohrfeigen, wenn sie noch einmal versuchen sollte, sich mental gegen diese Beziehung zu wehren. Zanus war fantastisch, und sie hatte das Gefühl, dass sie keine Angst vor der Aussprache zu haben brauchte.
Was, wenn ich heute Abend Ja sage? Rachel fragte sich das, während sie ein angenehmes Kribbeln im Bauch spürte.
Jeder würde denken, dass eine romantische Beziehung zwischen den beiden längst überfällig war, aber bis jetzt hatte sich das Liebesspiel zwischen ihnen auf eine heiße und heftige Knutscherei auf dem Rücksitz der Limousine beschränkt.
Er ist ein Kunde, sagte sie sich selbst. Na und? Wenn wir uns gegenseitig umeinander kümmern ...
Aber würden sie das? Das war die Frage.
Rachel sah sich in ihrem Apartment um. Ihre Dekoration bestand aus leeren Diät-Cola-Flaschen auf dem Tisch, Wall Street Journals auf dem Fußboden und Unterwäsche über Stuhllehnen. Dann sah sie sich im Spiegel an. Samstags duschte sie nicht und legte auch kein Make-up auf. Sie trug Sporthosen, die sie beim Ausverkauf im Wal-Mart erstanden hatte, und einen Pullunder, der nicht passte.
Rachel dachte bitter, dass Sarah Jessica Parker noch nicht einmal samstagmorgens in Sporthosen aus dem Wal-Mart rumlaufen würde.
Und wenn Sarah Jessica zu Charlie Trotters gehen würde, würde sie absolut fantastisch aussehen.
Rachel ging zu ihrem Kleiderschrank, nahm ihr einziges gutes Abendkleid heraus und stöhnte. Auf der rechten Brust war ein Rotweinfleck. Sie wollte es eigentlich in die Reinigung bringen, nachdem sie es das letzte Mal in Rom getragen hatte. Außerdem hatte er sie mindestens schon zweimal in diesem Kleid gesehen.
Rachel wurde nervös. Was mache ich denn jetzt?
Sie wollte etwas Neues zum Anziehen, etwas, das ihn umhauen würde. Sie brauchte dringend eine neue Frisur, denn ihre Haare waren schon seit Jahren nicht mehr ordentlich geschnitten und gestylt worden, und ihre Angewohnheit, an ihren Spitzen herumzuzupfen, wenn sie nervös war, machte die Sache auch nicht besser. Ihre Nagelhaut war eingerissen und ihre Fingernägel stumpf.
Sie schaute hinunter auf ihre Fußnägel und zuckte zusammen.
Rachel atmete tief ein und ging unter die Dusche. Während sie sich einseifte, machte sie Pläne. Sie wohnte in der Nähe der Michigan Avenue. Sie hatte zwar nicht richtig hingehört, aber sie glaubte, dass der Mann im Radio gesagt hatte, es würde heute schön. Im Frühling war es in Chicago richtig schön. Auf der Michigan Avenue blühten die Blumen. Alle hatten gute Laune, weil sie sich freuten, den harten Winter in Chicago überlebt zu haben, und glücklich waren, draußen zu sein.
Sie würde ihren Tag damit verbringen, etwas für ihr Aussehen zu tun.
Wo sollte sie einkaufen? Wenn eine Frau nicht sicher war, sollte sie Chanel tragen. Dort würde sie anfangen. Sie wollte die Klamotten anziehen, in denen sie normalerweise einkaufen ging - ihre Gymnastikhosen -, stellte dann aber fest, dass die Verkäuferinnen sie wohl nicht sehr ernst nehmen würden, wenn sie so aussah, als käme sie direkt aus dem Fitnessstudio. Also zog sie lange Hosen an und einen Yuppie-Pullover, den ihre Mutter ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Sie nahm ihre Jacke und ihren Schlüssel und ging hinaus. Als sie mit dem Aufzug hinunterfuhr, fiel ihr der Portier wieder ein.
Rachel seufzte innerlich. Sie hatte keine Lust auf eine weitere unangenehme Begegnung mit ihm.
Was, wenn er in der Lobby ist? Sie überlegte hin und her. Wenn er mich wieder so komisch ansieht, gehe ich an ihm vorbei, so als wäre er unsichtbar.
Besser so tun, als wäre er gar nicht da. Ich lasse mir doch von einem ungehobelten Portier nicht den Tag versauen.
Trotzdem dachte sie, als sie mit dem Aufzug hinunterfuhr, dass es schön wäre, noch einmal zu sehen, ob seine Augen tatsächlich so blau waren, wie sie sie in Erinnerung hatte.
Der Aufzug hielt in der Lobby an. Rachel stieg zögernd aus und sah sich nach dem Portier mit den blauen Augen um.
Er war nicht da. Der Nachtportier hatte noch Dienst.
Erleichtert ging Rachel schnurstracks auf die Tür zu und hinaus auf den Bürgersteig. Sie war bereits auf halbem Wege zur Michigan Avenue, als sie merkte, dass es erst halb neun Uhr war.
Die Geschäfte machten nicht vor zehn Uhr auf.
Rachel sah sich in einem Schaufenster ihr Spiegelbild an. Ihre Nägel waren poliert - French Manicure. Ihre Haare waren geschnitten und fielen jetzt im neuesten Stil über ihre Schultern, was ihr unglaublich gut stand. Sie trug unzählige Tüten,
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