Dunkler Engel
aufhielten, oder so. Das hatte sie jedenfalls gehört. Vielleicht nahm er seinen Job ja auch zu ernst. Okay, das konnte sie verstehen.
Sie würde ihm noch eine Chance geben.
Rachel stand auf. »Entschuldigung angenommen, Derek. Aber ich versichere Ihnen, dass ich sehr gut auf mich selber aufpassen kann.
Ich habe zwei Selbstverteidigungskurse mitgemacht und sie mit Bravour bestanden. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich jeden Tag an der Börse so eine Art körperlichen Wettkampf mit anderen Maklern bestreite. Und in den sechs Jahren, die ich jetzt hier lebe, ist mir noch nie etwas passiert. Ich fühle mich ziemlich sicher.«
Für Rachel war die Sache damit erledigt, aber er folgte ihr in Richtung Aufzug. Er hielt immer noch ihre Tüten. Sie konnte jetzt schlecht sagen, dass er unten bleiben solle, nicht, nachdem er sich entschuldigt hatte.
Sie kamen zum Aufzug. Er drückte für sie auf den Knopf, und sie warteten. Sie sah ihn an. Er sah sie an. Ein unangenehmes Schweigen herrschte zwischen ihnen. Und Rachel war sofort irritiert. Warum sollte sie sich in der Nahe des Portiers unbehaglich fühlen ? Warum sollte sie Überhaupt irgendetwas fühlen?
»Okay, ich sollte besser sehen, dass ich nach oben komme, bevor ich mir noch eine Lungenentzündung hole.« Rachel warf einen Blick auf die Tüten. »Wenn Sie die bitte nach oben bringen würden ...«
»Das mache ich sehr gerne.« Derek ging hinter ihr in den Aufzug.
Seltsam, aber sie konnte das unausgesprochene »meine Dame« am Ende des Satzes hören.
Nach zwei Etagen unbehaglichen Schweigens fragte Derek plötzlich: »Und wer ist der Mann, den Sie heute Abend treffen?«
Rachel war leicht verärgert, aber vielleicht war das seine Vorstellung von Smalltalk. »Er ist ... oh ... jemand, den ich schon seit einiger Zeit treffe ...«
»Wie heißt er denn? Wie gut kennen Sie ihn?«, drängte Derek.
Rachel war jetzt richtig sauer. »Ich glaube nicht, dass Sie das irgendetwas angeht.«
Er runzelte die Stirn, seine blauen Augen strahlten, sein Blick war ernst. »Sie verstehen mich nicht. Sie sind ... alleine!«
»Ja, ich bin alleine«, erwiderte Rachel scharf, sie war jetzt richtig wütend. »Und ich habe vor, es auch zu bleiben.«
Derek sagte nichts mehr. Er wandte seinen Blick von ihr ab und starrte schlecht gelaunt auf die Nummern der Etagen, die auf der Anzeige wechselten. Endlich erreichten sie ihre Etage. Für Rachel konnten die Türen gar nicht schnell genug aufgehen.
»Ich nehme die Tüten«, sagte sie unterkühlt. »Danke.«
Schweigend gab Derek ihr die Tüten. Er drückte den Knopf und die Türen schlossen sich wieder.
»Mitteilung an mich selbst«, sagte Rachel, als sie den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte. »Gehe in Zukunft neugierigen und unheimlichen Portiers aus dem Weg.«
Vier
Rachel rannte verzweifelt durch ihre Wohnung, warf Zeitungen weg, stopfte schmutzige Klamotten in Schubladen und wischte über jede Oberfläche. Dann fing sie damit an, die Sturmschäden des Nachmittags an Haaren und Gesicht zu beseitigen. Sie war nervös wegen heute Abend, weil sie nicht wusste, was nach dem Essen passieren würde.
Sie stand vor dem Spiegel und trug den Lidschatten wieder auf - sie versuchte sich daran zu erinnern, wie der Stylist die drei verschiedenen Farben aufgetragen hatte -, als ihr plötzlich der Gedanke in den Sinn kam, was dieses Date heute Abend bedeuten könnte. Kein Mann war ein Heiliger. Wahrscheinlich würde Zanus erwarten, dass sie mit ihm schlief. Tatsächlich kannte sie keinen Mann, der drei Tage mit ihr ausging, ohne mit ihr in die Kiste zu wollen, ganz zu schweigen von drei Monaten. Er war nicht schwul.
Seine leidenschaftlichen Küsse auf dem Rücksitz der Limousine zeig-ten ihr, dass er sie begehrte.
Rachel konnte ja gar nicht wissen, ob heute Nacht die besondere Nacht sein sollte. Nur die Art und Weise, wie er sie gefragt hatte, und die Tatsache, dass sie in ein Restaurant gingen, in dem die Rechnung wahrscheinlich die monatlichen Raten ihrer Hypothek übersteigen würde, deuteten darauf hin, dass etwas zwischen ihnen beiden passieren würde. Rachel dachte über all das nach, als sie ihr neues Kleid aufs
Bett legte, die neuen schwarz-goldenen Riemchen-Pumps darunter auf den Boden stellte und ihre heißesten Samstagnacht-Höschen und einen passenden BH dazulegte - beides in schwarzer Spitze. Schwarz war die ultimative Farbe.
Man muss auf alles vorbereitet sein, sagte sie sich selbst.
Sie legte neues Parfüm auf -
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