Dunkler Engel
und sein Herz schlug so laut in seiner Brust, dass er Angst hatte, sie könnte es womöglich hören.
»Ich bin Ihr Portier«, sagte er in dem Versuch, witzig zu sein.
Sie lächelte nicht. Eine kleine Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen.
»Es ist nur ... Ich hatte das seltsame Gefühl, dass etwas schief geht.
Und ich weiß nicht warum. Im Job läuft es wunderbar und genauso in meinem Liebesleben, auch wenn Sie das nicht glauben. Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich ganz alleine bin und niemanden habe, an den ich mich wenden kann. Als Kind habe ich mich einmal so gefühlt. Meine Mutter und ich hatten uns in einem Einkaufscenter aus den Augen verloren, und ich stand mutterseelenallein und nur von Fremden umgeben in diesem großen furchterregenden Gebäude.«
Rachel zuckte die Schultern. Dann lächelte sie Derek an und machte einen Witz: »Vielleicht hat mein Schutzengel mich verlassen«, sagte sie lachend.
Derek verschluckte sich und spuckte Kaffee auf seine Uniform.
»Alles in Ordnung?« Rachel nahm eine Serviette und betupfte den Fleck.
»Er ist auf der falschen Seite herunter gelaufen«, sagte er, als er wieder sprechen konnte.
Sie starrte ihn an. »Ich weiß gar nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle. Vielleicht aus demselben Grund, aus dem heraus wir Wildfremden, die neben uns im Flugzeug sitzen, unser Herz ausschütten. Sie stellen mir nicht nach, oder?«
»Nein, das tue ich nicht«, erwiderte Derek. »Ich weiß, wir haben uns gerade erst kennen gelernt, und die Tatsache, dass ich versuche, Sie zu beschützen, erscheint Ihnen seltsam, aber ... na ja ... Sie erinnern mich an jemanden, den ich kannte. An jemanden, der mir sehr nahe gestanden hat.«
»Frisch getrennt, oder?«, fragte Rachel mitleidsvoll.
»Nein«, sagte Derek. »Das ist schon lange her. Sehr lange.«
»Na, so lange kann das ja nicht her sein. So alt sind Sie doch gar nicht. Wie alt sind Sie? Fünfundzwanzig?«
»Ich bin älter, als ich aussehe. Und auch klüger«, fügte er reumütig hinzu, »doch ich nehme an, es wird schwierig, das zu beweisen.«
Derek schaute nach draußen. »Da ist unser Taxi. Wie geht es Ihrem Knöchel? Können Sie laufen?«
Rachel rutschte vom Stuhl herunter und belastete vorsichtig ihren Fuß. »Er wird noch ein oder zwei Tage wehtun, aber es ist schon okay. Ich werde in der Arbeit anständige Schuhe tragen müssen.« Sie verzog das Gesicht. »Danke für den Kaffee. Und dafür, dass Sie mir zugehört haben. Aber von jetzt an folgen Sie mir bitte nicht mehr auf irgendwelche Damentoiletten. Und keine spitzen Bemerkungen mehr über Zanus. Mein Privatleben ist meine Sache. Das ist auch für meinen Portier tabu, einverstanden?«
»Einverstanden«, sagte Derek. Er stand auf und hielt ihr seinen Arm hin, um sie zu stützen. »Ich kann wahrscheinlich nicht Ihr Schutzengel sein«, sagte er linkisch, »aber ich wäre gerne Ihr Freund.«
»Neue Freunde kann man immer gebrauchen«, sagte Rachel.
Die Taxifahrt zurück zu Rachels Wohnung verlief ruhig. Rachel setzte sich so weit wie möglich von ihm entfernt.
Sie schien in Gedanken versunken zu sein, und er wollte sie nicht stören. Als sie vor dem Haus vorfuhren, öffnete Rachel ihre Handtasche. »«Ich zahle«, begann sie und schnappte dann nach Luft.
»Oh, mein Gott. Da ist Zanus!«
Die unverkennbare schwarze Limousine parkte vor dem Haus. Das Licht war aus.
»Ducken Sie sich«, schrie Rachel. Sie griff hinüber zu Derek, packte ihn am Kragen und drückte ihn nach unten. »Nicht dass er uns sieht.
Ich habe schon genug Schwierigkeiten.«
Derek war drauf und dran zu fragen, wer hier wen belästigte, sagte aber nichts und hielt den Kopf unten. Rachel gab dem Taxifahrer Geld.
»Nicht aussteigen«, befahl sie Derek. »Warten Sie hier, bis er wieder geht.« Sie schlug die Tür hinter sich zu und ging schnell rüber zu der Limousine. Zanus stieg aus. Er sah verärgert und ernst aus.
»Der Kerl wird sich wundern, warum ich hier stehen bleibe«, vermutete der Fahrer.
»Ja«, sagte Derek. Er hasste es, Rachel alleine zu lassen, aber es wäre für sie wahrscheinlich noch schlimmer, wenn Zanus ihn hier entdecken würde. »Fahren Sie langsam weiter.«
Der Taxifahrer grinste. Offensichtlich war das sein Highlight des Abends. Er ließ den Wagen langsam auf die Straße rollen. Derek riskierte einen Blick aus dem Fenster. Rachel und Zanus waren in ein Gespräch vertieft. Er sah erstaunt aus. Rachel funkelte ihn wütend an. Es schien so, als würde sie ihm
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