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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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auch«, war Oonagh überzeugt. »Zerbrich dir nicht weiter den Kopf, Mutter. Das ist nur leeres Geschwätz. Das wird wieder aufhören, weil nichts dabei herauskommt.«
    Mary sah sie mit ernstem Blick an, sagte aber nichts.
    »Mir wär’s trotzdem lieber, du würdest nicht nach London fahren«, sagte Hector, ohne jemanden anzuschauen. Er machte einen traurigen und gekränkten Eindruck, als habe er eine persönliche Niederlage erlitten.
    »Es sind doch nur ein paar Tage«, erwiderte Mary und sah ihn dabei auffallend freundlich an. »Sie braucht ein bißchen Aufmunterung, Liebling. Sie macht sich wirklich große Sorgen, verstehst du?«
    »Weshalb denn bloß?« Hector schüttelte den Kopf. »Ist doch alles Unsinn. Was sind diese Munros für Leute? Kümmern sich wohl nicht um sie? Hat Colin Munro keinen Hausarzt?«
    »Murdoch.« Oonaghs Lippen wurden schmal vor Ungeduld.
    »Connal Murdoch. Selbstverständlich hat er einen Arzt, und natürlich auch eine Hebamme. Es geht darum, wie Griselda sich fühlt. Und Mutter ist doch nur eine Woche fort.«
    Hector griff nach seinem Weinglas und sagte nichts.
    »Gibt es neue Beweise im Fall Galbraith?« wandte sich Mary an Deirdra, die Stirn immer noch in Falten.
    »Davon hat Alastair nichts gesagt«, antwortete Deirdra mit leichter Verwunderung. »Und wenn, dann hab’ ich’s vergessen. Vielleicht hat er auch gesagt, die Beweise reichen nicht aus, und ich hab’s verwechselt.«
    »So wird es sein«, sagte Oonagh mit fester Stimme. »Die Leute reden bloß darüber, weil es ein riesiger Skandal gewesen wäre, wenn man Galbraith vor Gericht gestellt hätte. Ein Mann in seiner Position hat immer Neider, und die reden und reden, ob es nun etwas zu reden gibt oder nicht. Der arme Mann mußte Edinburgh verlassen. Und damit sollte die Angelegenheit erledigt sein.«
    Mary sah sie an, als wollte sie etwas sagen, doch dann überlegte sie es sich anders und blickte auf ihren Teller. Niemand hatte etwas hinzuzufügen. Nach ein paar bedeutungslosen Bemerkungen wurde die Tafel aufgehoben. Oonagh schlug Hester vor, bis zur Abreise noch ein paar Stunden zu schlafen. Sie bot ihr das kleine Schlafzimmer an, das man für sie hergerichtet hatte.
    Hester nahm das Angebot dankbar an. Auf der Treppe begegnete sie Hector Farraline. Auf halbem Weg nach oben war er stehengeblieben, auf das Geländer gestützt und das Gesicht voller Sorgenfalten, hinter denen sich ein heftiger Zorn zu verbergen schien. Er starrte auf das Porträt an der gegenüberliegenden Wand.
    Hester blieb hinter ihm stehen.
    »Ein schönes Bild, finden Sie nicht?« sagte sie, um Einvernehmen bemüht.
    »Schön?« wiederholte er verbittert, ohne sich umzudrehen.
    »O ja, sehr schön! War ein fescher Bursche, der gute Hamish. Hat sich für einen Teufelskerl gehalten.« Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert, und er machte keinerlei Anstalten weiterzugehen; am Geländer festgeklammert und halb darübergebeugt stand er da.
    »Ich meinte, es ist ein schönes Porträt«, erklärte Hester.
    »Natürlich hab’ ich den Herrn nicht gekannt und wollte kein Urteil über ihn abgeben.«
    »Hamish? Mein Bruder Hamish! Natürlich nicht. Ist ja schon seit acht Jahren tot. Dabei ist er gar nicht richtig tot, solange das Bild da hängt – nur mumifiziert ist er und immer noch da. Ich sollte eine Pyramide über ihn bauen – das war mal ’ne Idee! Eine Million Tonnen Granit. Ein Berg von einem Grabmal!« Ganz langsam rutschte er am Geländer herunter, bis er auf dem Läufer saß, die Beine quer über den Stufen. Er lächelte. »Zwei Millionen! Wie eine Million Tonnen Granit wohl aussieht, Miss … Miss…« Er sah sie aus großen, leeren Augen an.
    »Ich heiße Hester Latterly«, sagte sie langsam.
    »Sehr erfreut. Hector Farraline.« Er versuchte sich im Sitzen an einer Verbeugung, rutschte eine Stufe tiefer und stieß gegen ihren Fuß.
    Sie wich zurück. »Guten Tag, Mr. Farraline.«
    »Schon mal die großen Pyramiden in Ägypten gesehen?« fragte er arglos.
    »Nein. Ich war noch nie in Ägypten.«
    »Sollten Sie mal hinfahren. Äußerst interessant.« Er nickte ein paarmal, und sie fürchtete schon, er würde noch weiter abrutschen.
    »Das werde ich bei Gelegenheit tun«, versicherte sie ihm.
    »Dachte, Oonagh hätte davon gesprochen, daß Sie mal dagewesen sind.« Er dachte angestrengt nach, verzog dabei das Gesicht. »Oonagh irrt sich nie. Nie. Eine nervenaufreibende Frau ist das. Bloß nicht mit Oonagh diskutieren. Die kann Ihre Gedanken lesen wie

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