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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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unterdrücktem Zorn. »Das Gericht vertagt sich auf morgen. Dann können Sie Ihre Zeugin aufrufen, Mr. Argyll.« Und damit schlug er seinen Hammer auf den Tisch, als wollte er ihm den Stiel brechen.
    Hester stieg die Treppe zum Zeugenstand hinauf und wandte sich dem Richter zu. Sie hatte nur wenig geschlafen, immer wieder war sie aus Alpträumen hochgeschreckt. Jetzt, wo der Augenblick gekommen war, kam er ihr völlig unwirklich vor. Sie spürte die Brüstung unter den Händen; der Richter mit dem schmalen Gesicht und den tiefliegenden Augen erschien ihr wie eine der Schreckensgestalten aus ihren nächtlichen Träumen. Sie war wie betäubt von einem unbegreiflichen Dröhnen im Kopf. Waren es die Menschen im Saal, die miteinander redeten, oder das Blut, das ihr durch die Venen rauschte und sie abschnitt von jenen Bildern und Geräuschen, die alle anderen sehen und hören konnten?
    Trotz aller guten Vorsätze suchte ihr Blick das Publikum nach Monks hartem, glattem Gesicht ab und fand statt dessen Henry Rathbone. Er sah sie an, und auch wenn sie ihn aus der Entfernung nicht deutlich sehen konnte, vor ihrem geistigen Auge strahlten seine Augen sie an, und seine Sanftheit und der Schmerz, den er ihretwegen empfand, lösten einen Moment lang die heftigsten Gefühle in ihr aus. Sie wußte so wenig von ihm. Es waren nur ein paar Augenblicke gewesen, zusammen mit Oliver in Henrys Haus am Primrose Hill, bei einem Abendessen (das ein wenig zerkocht war, weil sie sich verspätet hatten), ein Sommerabend im Garten, Sternenhimmel über Apfelbäumen, der Rasen hatte nach Geißblatt geduftet. Er war ihr auf einmal so nahe, so vertraut, der Schmerz war kaum zu ertragen. Sie wünschte, sie hätte ihn nicht entdeckt, und doch konnte sie den Blick nicht von ihm losreißen.
    »Miss Latterly!«
    Argylls Stimme holte sie zurück in die Gegenwart und die Verhandlung, die endlich begonnen hatte.
    »Ja… Sir?« Jetzt würde sie die Chance erhalten, für sich selber zu reden, ihre einzige Chance bis zur Urteilsverkündung. Sie mußte sie nutzen. Einen Fehler konnte sie sich nicht leisten, ein falsches Wort, einen Blick, eine Geste, die man ihr falsch auslegen könnte. Von solchen Kleinigkeiten konnten Leben oder Tod abhängen.
    »Miss Latterly, warum haben Sie sich auf das Inserat gemeldet, mit dem Mr. Farraline für seine Mutter eine Begleitperson für die Reise von Edinburgh nach London suchte? Es war eine Stellung von sehr kurzer Dauer und weit unterhalb Ihrer Qualifikation. War die Bezahlung besonders gut? Oder benötigten Sie das Geld so dringend, daß Ihnen alles recht war?«
    »Nein, Sir, ich habe mich darum beworben, weil ich hoffte, es wäre eine interessante und unterhaltsame Tätigkeit. Ich war noch nie in Schottland gewesen, und ich hatte nur Gutes über dieses Land gehört.« Sie zwang sich zu einem matten Lächeln.
    »Ich habe viele Männer aus schottischen Regimentern gepflegt und die meisten von ihnen schätzen gelernt.«
    Eine kleine Welle der Erregung ging durch den Saal, aber Hester wußte sie nicht richtig zu interpretieren. Es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie mußte sich auf Argyll konzentrieren.
    »Ich verstehe«, sagte er ruhig. »Und die Bezahlung? War sie gut?«
    »Sie war sehr großzügig, wenn man bedenkt, was für eine einfache Aufgabe es war«, antwortete sie ehrlich. »Aber um die Arbeit annehmen zu können, hätte man vielleicht ein anderes, vielleicht längeres Engagement ausschlagen müssen. Von daher war sie wohl angemessen.«
    »Ich verstehe. Aber Sie waren nicht in großer Not, oder?«
    »Nein. Ich hatte vorher einen Patienten gepflegt, dem es wieder besser ging und der keiner Hilfe mehr bedurfte, und die nächste Stelle hatte ich bereits in Aussicht. Es paßte sehr gut dazwischen.«
    »Wir müssen uns da auf Ihr Wort verlassen, Miss Latterly.«
    »Sie können es jederzeit nachprüfen, Sir. Mein Patient…« Er unterbrach sie mit einer Handbewegung.
    »Das habe ich bereits getan.« Er wandte sich an den Richter.
    »Wir haben eine Erklärung von Miss Latterlys letztem Patienten, Euer Ehren, und auch eine von der Dame, bei der sie anschließend in Stellung gehen sollte und die jetzt natürlich jemand anderen einstellen mußte. Ich beantrage, die Erklärungen den Beweismitteln beizufügen.«
    »Ja, ja, natürlich«, gestand der Richter ihm zu. »Fahren Sie bitte fort.«
    »Hatten Sie vor diesem Inserat schon mal von der Familie Farraline gehört?«
    »Nein, Sir.«
    »Wurden Sie dort höflich

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