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Dunkler Grund

Dunkler Grund

Titel: Dunkler Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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der Tür stand. Rathbone wollte ihn fragen, ob die Beschuldigungen zurückgezogen worden seien, aber etwas in Dalys Miene hielt ihn davon ab.
    Daly zog die Tür hinter sich zu, sie schnappte mit einem leisen Klicken ins Schloß.
    »Es tut mir sehr leid, Mr. Rathbone.« Er sprach ruhig und deutlich, trotz eines unverkennbaren Londoner Akzents. Unter anderen Umständen hätte er das als angenehm empfunden. »Ich fürchte, ich habe ziemlich unangenehme Neuigkeiten.«
    Die Worte waren vorsichtig gewählt, und doch spürte Rathbone eine Verzweiflung, die der Situation in keiner Weise angemessen schien. Er stöhnte, fühlte einen Druck im Magen. Sein Mund wurde plötzlich trocken.
    »Was ist passiert, Sergeant?« Es gelang ihm, seine Worte ruhig klingen zu lassen und seine Angst völlig zu verleugnen.
    »Nun, Sir, ich fürchte, Mr. und Mrs. Murdoch wollten sich nicht abfinden mit der Art und Weise, wie die arme Mrs. Farraline so plötzlich gestorben ist, deshalb haben sie ihren Hausarzt mit einer Untersuchung beauftragt…«
    »Sie meinen, eine Autopsie?« fragte Rathbone mit scharfer Stimme. Warum, um Himmels willen, kam der Mann nicht zur Sache? »Was ist dabei rausgekommen?«
    »Er ist nicht von einem natürlichen Tod überzeugt, Sir.«
    »Was?«
    »Er ist nicht überzeugt…«
    »Ich habe Sie verstanden!« Rathbone wollte von seinem Sessel aufspringen, aber die Knie versagten ihm ihren Dienst, und er überlegte es sich anders. »Was… was soll daran unnatürlich gewesen sein? Hat der Polizeiarzt nicht von Herzversagen gesprochen?«
    »Doch, Sir, das hat er«, stimmte Daly zu. »Aber das war eine sehr oberflächliche Diagnose, aus dem Wissen heraus, daß es sich um eine alte Dame handelt, die ohnehin ein Herzleiden hatte.«
    »Und jetzt behaupten Sie, das würde nicht stimmen?« Ganz gegen seine Absicht wurde Rathbones Stimme lauter. Sie klang schrill, und er wußte es. Er mußte sich zusammennehmen!
    »Nein, Sir, natürlich behaupte ich das nicht.« Daly schüttelte den Kopf. »Ohne Frage war sie schon alt, und auch das Herzleiden hatte sie schon länger. Aber nachdem Mr. Murdochs Hausarzt sie sich genauer angesehen hat, weil man ihn damit beauftragt hatte, war er nicht mehr so sicher. Mr. Murdoch beantragte eine Autopsie, und dazu hat Mrs. Murdoch das Recht, unter diesen Umständen, mit dem Diebstahl und so.«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Mann?« explodierte Rathbone.
    »Sie wollen doch nicht behaupten, Miss Latterly hätte ihre Patientin wegen eines Schmuckstücks erwürgt? Um gleich darauf zu melden, daß sie die Brosche gefunden hat, und alles zu veranlassen, sie der Familie zurückzugeben?«
    »Nein, Sir, nicht erwürgt…«, erwiderte Daly ruhig.
    Rathbones Hals zog sich so eng zusammen, daß ihm das Atmen schwerfiel.
    »Vergiftet«, fügte Daly hinzu, »mit einer doppelten Dosis ihrer Medizin.« Er sah Rathbone tieftraurig an. »Sie haben sie aufgeschnitten und hineingeschaut. Wo die Dame doch die Medizin bekam und zwei Fläschchen statt einer leer waren, war’s doch ganz natürlich, daß man nachgesehen hat, oder? Nicht sehr angenehm, fürchte ich, aber nicht zu widerlegen. Es tut mir leid, Sir, aber Miss Latterly wird jetzt des Mordes beschuldigt.«
    »Aaber…« Rathbone blieben die Worte im Hals stecken, die Lippen waren trocken.
    »Sonst war doch niemand dabei, Sir. Mrs. Farraline ging es ausgezeichnet, als sie mit Miss Latterly in Edinburgh losgefahren ist, und als sie in London ankam, war sie tot, die arme Seele. Nun sagen Sie uns, was wir da vermuten sollen?«
    »Weiß ich doch nicht! Jedenfalls nicht das!« protestierte Rathbone. »Miss Latterly ist eine tapfere, ehrbare Frau, die auf der Krim bei Florence Nightingale Dienst getan hat. Sie hat Dutzende von Leben gerettet, unter größten Opfern. Sie hat die Bequemlichkeit und die Sicherheit Englands aufgegeben, um…«
    »Das weiß ich ja alles, Sir«, unterbrach Daly. »Beweisen Sie mir, daß jemand anders Mrs. Farraline ermordet hat, und ich bin der erste, der die Anklage gegen Miss Latterly fallenläßt. Doch bis dahin bleibt sie in Haft.« Er seufzte und sah Rathbone traurig an. »Ich tu’ das doch auch nicht gerne. Sie scheint eine nette junge Frau zu sein, und ich habe auch einen Bruder auf der Krim verloren. Ich weiß, was diese Frauen für unsere Männer getan haben. Aber es ist meine Pflicht, und wann tut man die schon gerne.«
    »Ja… ja, sicher.« Rathbone lehnte sich in seinen Sessel zurück. Er war so erschöpft, als hätte er einen

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