Dunkler Highlander: Sie waren unendlich weit entfernt – aber ihre Liebe überwand alles (German Edition)
ging. Wäre sie am Ende eine der vielen seufzenden Damen quer durch Europa, die nur zu gern an die eine Nacht mit ihm zurückdachten? Könnte sie es ertragen, nicht mehr zu bekommen?
Möglicherweise nicht.
Als sie aus dem Kreis in den Schnee traten, glaubte Zarabeth, die Steine zufrieden murmeln zu hören, doch sie war sich nicht ganz sicher.
Das Weihnachtsfest war in Schottland eine recht ruhige Angelegenheit. Seit den calvinistischen Reformen galt Weihnachten als ganz gewöhnlicher Tag, weil man sich so von den heidnischen Weihnachtsriten distanzieren wollte.
Das hielt die Highlander jedoch nicht davon ab, ein Festbankett mit Musik und Tanz bis in die frühen Morgenstunden zu veranstalten. In Nvengaria wurde Weihnachten sehr pompös begangen, mit Mistelzweigen, Weihnachtsscheit und Kerzen, die den christlichen Heiligen ebenso den Weg leuchten sollten wie den heidnischen Göttern. Nvengarianer ehrten gern jeden oder zumindest jeden Gott, der nach einer großen Feier verlangte. Die Hälfte der Zeit ihrer Ehe hatte Zarabeth auf die Planung wochenlanger Weihnachtsfeierlichkeiten und Bälle verwendet, von denen einer prächtiger als der nächste sein musste.
In Schottland hoben sich die Leute allen Übermut für Hogmanay auf. Zwischen Weihnachten und Silvester herrschte ein regeres Treiben denn je auf der MacDonald-Burg, weil alle Bediensteten und Highlander ein furioses Hogmanay vorbereiteten.
Angus, Hamish und Dougal schleppten ganze Armladungen von grünen Schleifen herbei, die sie unter Gemmas und Marys Regie überall im Haus aufhängten – natürlich an Dutzenden verschiedenen Stellen, bis die beiden Frauen endlich zufrieden waren.
Mrs. Williams buk ununterbrochen. Am Silversterabend sollte es Wild und Schinken, Shortbread sowie gehaltvolle Früchtekuchen geben, die »Black Bun« hießen. Die Tage vor Silvester half Zarabeth Mary, Gemma und Mrs. Williams in der Küche, wo sie mit Freuden alles tat, was die Köchin ihr auftrug. Mary war zwar nicht begeistert, aber Zarabeth bestand darauf.
Sie fühlte sich herrlich dabei, in der Küche Teige zu rühren und mit den anderen Frauen zu lachen. Zarabeth hatte keine Schwestern, und während ihrer Ehe hatte sie den Kontakt zu ihren früheren Freundinnen verloren. Wie sehr hatte sie den Zusammenhalt, die Scherze, den Klatsch und das Lachen vermisst!
In den Keller hinunter zu gehen, den Jamie den Kerker nannte, machte ihr nichts aus, und so lief sie oft die steile Treppe hinab, um noch eine Flasche Wein oder Whisky für Mrs. Williams zu holen, die diese zum Kochen benötigte. Schottisches Gebäck schien nach einer Menge Whisky zu verlangen, und die Küchenhilfen hatten entsetzliche Angst, ihn von unten zu holen, während Zarabeth die ehemaligen Kerkerzellen nicht schreckten. Nach dem Zusammenleben mit Sebastian kamen ihr feuchte Kellerräume voller Flaschen und alter Ketten beinahe einladend vor.
Und Egan …
Der Mann machte sie wütend. Sosehr er nach wie vor darauf bestand, sie stets im Auge zu behalten, vermied er es seit ihrem Ausflug zum Dunmarran-Kreis peinlichst, mit ihr allein zu sein.
Er schlief immer noch auf seiner Pritsche auf der zugigen Galerie vor ihrem Zimmer, wo er sich inzwischen mit reichlich Decken und Fellen gegen die Kälte gewappnet hatte. Wenn Zarabeth morgens ihre Tür öffnete, lag er da wie ein großer Bär. Wie ein reizbarer Bär überdies, denn er knurrte sie regelmäßig an, wieder hineinzugehen und zu warten, bis er aufgestanden und den Weg freigemacht hätte.
Danach erwartete er sie zum Frühstück in der großen Halle, wo er ihr die abwegigsten Zerstreuungen vorschlug: wieder angeln zu gehen, ein Pferderennen im Schnee zu unternehmen oder seine Pächter zu besuchen und mit ihnen über die Feinheiten der Schweinehaltung zu sprechen. Einmal kam sie mit ihm, um ein paar Schafe einzufangen, die sich in die Berge verirrt hatten.
Wenn sie ihn wissen ließ, dass sie dieses oder jenes nicht machen wollte, lachte er sie aus und nannte sie verzärtelt. Also musste sie ihm täglich beweisen, dass sie seine Herausforderungen annahm.
Auf diese Weise baute Egan Stück für Stück alle Barrieren ab, die sie aus Furcht um sich herum errichtet hatte. Er erinnerte sie daran, wie sie gewesen war, bevor sich ihr Leben zu einer Wanderung auf rohen Eiern verändert hatte. Als ihr das bewusst wurde, war sie ihm aufrichtig dankbar. Aber musste er trotzdem so ärgerlich sein? Egan MacDonald begriff einfach nicht, wann es genug war.
Am Silvestermorgen
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