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Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Titel: Dunkler Schlaf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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ein Kind.
    »In der Nacht rief die Frau wieder im Zentralkrankenhaus an. Sie hatte das Kind tot im Bett aufgefunden.«
    Endlich öffnete er die Augen.
    »Auf die Frage, ob das Kind einem Schlag ausgesetzt gewesen oder gefallen sei, gab die Frau an, sie habe am selben Tag in Furulund einen Spaziergang am Meer gemacht. Zwei junge Männer hätten sich dabei über ihren Kinderwagen hergemacht und ihr die Handtasche entrissen. Das Kind, ein Junge von vier Monaten, stürzte während des Handgemenges aus dem Wagen und schlug mit dem Kopf auf einen Stein auf. Die Frau konnte…«
    Andreas keuchte auf. Starrte mich an, seine Augen vor Entsetzen schwarz wie zwei Brunnen. Ich staunte, konnte diese Teilnahme nicht fassen. Diese Geschichte machte ihm tatsächlich angst! Etwas dermaßen Ungeheuerliches schien ihn also doch beeindrucken zu können. Es gibt noch Hoffnung, dachte ich.
    »Die Frau konnte mitteilen, daß das Kind im ersten Moment geschrien und in den folgenden Stunden vor allem geschlafen habe. Die Polizei fahndet jetzt nach den beiden Männern, die den Tod des Kindes möglicherweise indirekt verursacht haben. Das Kind soll von der Gerichtsmedizin obduziert werden, wie es bei plötzlichem Kindstod üblich ist. Die Untersuchung wird ergeben, ob es an durch den Sturz verursachten Kopfverletzungen gestorben ist oder nicht.« Ich verstummte und sah ihn an. »Möchtest du noch etwas Wasser?«
    Seine Augen, als er mich ansah… so etwas hatte ich noch nie gesehen.
    »Tot?« flüsterte er. »Das Baby ist tot?«
    Ich blickte ihn an. »Das steht hier. Sie hat ihn im Bett gefunden. Aber sie wissen es noch nicht sicher. Es kann sich auch einfach um plötzlichen Kindstod handeln. Wenn sie uns aufschneiden«, sagte ich nachdenklich, »stellen sie alles mögliche fest. Wie wir gelebt und was wir gegessen haben. Ist das nicht seltsam?«
    Sein Gesicht verzog sich.
    »Ein kleiner Junge«, fuhr ich fort. »Vier Monate alt. Hätten sie nicht die Finger von einer jungen Mutter mit einem Kinderwagen lassen können? Feiglinge. Möchtest du noch Wasser?«
    »Ich möchte einen Hammer auf den Kopf«, stöhnte er.
    Ich blieb schweigend sitzen und musterte ihn. »Warst du mit Zipp zusammen? Seid ihr zusammen hergekommen?«
    Erschrocken riß er die Augen auf. »Woher weißt du das? Woher zum Teufel kennst du seinen Namen? Wie…« Dieser Ausbruch entlockte ihm ein Jammern. »Nun sag schon!« schrie er heiser. »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß alles«, sagte ich trocken. Und sein Gesichtsausdruck in diesem Moment gefiel mir. Diese totale Verwirrung. Dann änderte sich seine Miene.
    »Wir waren zusammen. Er hat im Garten gewartet. Bald wird er sich auf die Suche nach mir machen. Wenn er auftaucht, sag ihm einfach, er soll wieder abhauen.«
    Der Stuhl, dachte ich. Laut sagte ich: »Er kommt nicht. Sonst wäre er doch längst hier gewesen. Er hat dich im Stich gelassen, Andreas. Dein bester Freund. Pech für dich.«
    Aus seiner Kehle kam etwas, das Ähnlichkeit mit einem Lachen hatte. »Du bist verrückt. Weißt du das?«
    »Wer ist hier verrückt?« schrie ich. »Renne ich mit dem Messer durch die Gegend, um den Leuten ihr Geld abzunehmen?«
    Darauf erwiderte er nichts. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß.
    »Ich weiß nicht so recht, was ich will«, sagte er schließlich. »Das ist alles so seltsam.«
    »Was du willst, spielt keine Rolle«, sagte ich schroff. »Du hast keine Wahl.«
    »Eine Wahl hat man immer«, murmelte er mit geschlossenen Augen. Dieser Drecksack, daß er immer die Augen zumachte!
    »Du lügst mich an. Du hast Schmerzen«, sagte ich leise. »Ich will niemandem weh tun. Ich habe oben schmerzstillende Mittel.«
    »Gib mir eine Überdosis«, schluchzte er.
    »Ich werde dafür sorgen, daß du gefunden wirst.«
    »Und wann wirst du dafür sorgen? Wann? Ich verfaule doch hier unten!«
    »Wenn alles bereit ist«, sagte ich leise. »Ich bin noch nicht soweit.«
    »Du warst noch nie soweit.«
    »Möchtest du Wasser?«
    Er gab keine Antwort. Ich ging Wasser holen. Ich hatte im Bett ein zusätzliches Kissen, auch das holte ich. Und eine Heizsonne, die ich nie benutzte. Ich zerstieß zwei Valium zu Pulver und gab sie in die Flasche. Brachte alles in den Keller. Er konnte den Kopf nicht heben, das mußte ich für ihn erledigen. Ich schob ihm das Kissen zurecht. Er schrie auf. Ich packte die Decke fester um ihn herum. Steckte den Stecker der Heizsonne ein, schaltete sie an. Sie fing an zu glühen. Dann legte ich ihm die Flasche auf die

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