Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis
habe noch etwas Besseres für euch. Etwas ganz Besonderes«, verkündete er und ließ seine Hand durch ihr weiches, kurz geschnittenes Haar gleiten. »Etwas Einmaliges. Nur für euch beide.«
»Wo ist es? Schnell. Ich kann es kaum erwarten«, drängelte sie und schmiegte ihr weiches Katzengesicht in seine kalte Hand.
Malcolm blieb zurückhaltend. Er war ganz eindeutig der rationalere von ihnen. Oft hatte Prior ihn während seiner Beobachtungen dabei ertappt, dass er sich benahm, als laste nicht nur seine eigene Ernsthaftigkeit auf seinem Herzen, sondern ebenfalls Serenas Mangel daran.
Beide waren geradezu perfekt aufeinander abgestimmt. Arweth traf eine gute Wahl, als er sie zu seinen Kindern erkor. Was Serena an Besonnenheit und Zurückhaltung fehlte, glich Malcolm aus, während sie seinen Mangel an Charme, Entschlossenheit und Herrschsucht ersetzte.
Zärtlich umschloss Prior Serenas zierliche Hand mit Arweths langgliedrigen Fingern und führte sie mit liebenswert väterlichem Lächeln durch den schmalen Durchgang in seine Werkstatt. Auch hier flackerten Kerzen. Doch lange nicht so viele wie im Vorraum. Erst wollte er ganz auf die Beleuchtung verzichten, doch so erzielten die finsteren Schatten die notwendige, dramatische Wirkung.
Wozu das Unvermeidbare hinauszögern, dachte er und bat beide, ihre Augen zu schließen und auf ihn zu warten. Er begebe sich nur rasch ins Nebenzimmer, um die Überraschung zu holen.
Sie vertrauten ihm. Und warum sollten sie das auch nicht? Schließlich war er ihr Vater. Ihr Vater, den sie liebten und verehrten. Arweth, dem sie gehorchten und mit Leib und Seele angehörten bis zu dem Tag ihres Todes.
Dorian Prior gestattete sich einen kurzen Blick zurück und sah sie dort stehen. Schemenhafte Gestalten in der Mitte des Raumes. Das Zwielicht der Kerzen warf zuckende Schatten. Zartes Abbild des reinen Schimmers lodernder Flammen. Seelenfeuer, in dem einst die unheiligen Leiber der Sünder auf sein Geheiß hin brannten. Niemals hätten diese Feuer verlöschen dürfen. Erst, als die Menschen aufhörten zu glauben und zu erkennen, vermochten Geschöpfe wie die Hirudo sich ungehindert zu vermehren.
Und was war aus Dorian Prior geworden? Er selbst war nun einer von diesen Teufeln. Aber ich bin nicht wie sie. Ich werde meinen Fluch nutzen, um Gerechtigkeit und Strafe in ihre unbehelligte Welt zu bringen. Die Zeiten des Friedens waren vorüber. Endgültig.
Er fühlte eine seltsame Zufriedenheit in seinen Geist einkehren. Ein Hochgefühl reinen Wissens und Zuversicht breitete sich wie ein warmer, goldener Teppich in ihm aus, als er zu dem Schrank ging, in dem er das Werkzeug seiner Sühne verwahrt hatte.
Feierlich zog er die scharfe, blitzende Klinge aus ihrer schmucklosen Scheide. Als der gleißende Stahl aus dem geölten Leder glitt, spürte Prior die vibrierende Macht, welche darin eingeschlossen war und nur darauf wartete, befreit zu werden. Der Stahl schien ebenso ungeduldig wie Prior selbst.
Dieses Schwert ward geschaffen, um Unfrieden zu bringen. Wie die Waffen, die Gottes Engel führten. Und genau so wie jene war auch diese Klinge nicht von dieser Welt. Geschmiedet von reinweißen Händen unter purpurnem Himmel. Von goldenen Augen betrachtet und gemessen. Gehoben und geschlagen mit erhabener Magie.
Ein Meister der Saharad, jenen Wesen, die von jeher in Feindschaft zu den Vampiren standen, fertigte diese Klinge nur für diesen einen Zweck. Und jetzt war die Zeit gekommen. Die heilige Waffe sollte endlich ihre Aufgabe erfüllen.
Wohlgefällig schwang Dorian Prior die Klinge einige Male in kurzen Aufwärtsstößen. Sie lag ausgezeichnet in der Hand und erinnerte ihn sofort wieder an seine Jugend. Unzählige Stunden hatte er im Hof des Anwesens seines Vaters verbracht und sich an weniger wertvollen Waffen geübt. Schon damals wusste er, dass der Tod die einzig gerechte Strafe für die Unreinen und Gottlosen dieser Welt war.
Hoch über seinem Haupt glühte jetzt die schwere Schneide in reinstem Blau und erhellte Serenas und Malcolms Gesichter. Sie sahen so unschuldig aus, so rein. Ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen. Sie wirkten wie im Traum. Ihre Augen waren fest und voller Vertrauen geschlossen. Dass er den Raum betreten hatte, war ihnen nicht bewusst. Und auch nicht, was jetzt folgen sollte.
Komm, mein Freund, wir wollen sie nicht länger an ihrer Ungeduld leiden lassen, dachte Prior und die sehnigen Muskeln seiner Arme spannten sich, als er die breite Klinge noch höher
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