Dunkles Fest der Leidenschaft
Herz bohrte. Ihre Kehle schnürte sich zusammen, als der Schmerz zu wachsen und jede Zelle ihres Körpers zu erfüllen schien, bis sie am liebsten hemmungslos geschluchzte hätte. Dunkler, rasender Zorn mischte sich in den Schmerz, ein wilder Rachedurst, das Verlangen, zurückzuschlagen – und zu töten. Das Gefühl war so stark, dass ihre Hände zitterten und eine der Schüsseln hinunterfiel. Sie schlug auf dem Boden auf und zerbrach.
»Skyler?« Francesca war sofort bei ihr, legte einen Arm um Skylers Taille und zog sie von den Glasscherben weg.
Der Zuckerguss war weiß, aber die Schale war rot gewesen, und die Scherben in der Zuckerschicht erschienen Skyler wie Blutflecken im Schnee. Sie verspürte den Drang, zum Fenster zu laufen, um nachzuschauen, ob jemand da draußen verletzt war. Ihr Atem stockte in ihrer Kehle, und sie legte eine Hand auf ihr hämmerndes Herz. Nicht irgendjemand – Dimitri. Sie war mit ihm verbunden, dessen war sie sich sicher, und er litt.
»Francesca, ich muss ihn finden. Ich muss Dimitri finden.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Ihr war erst bewusst, dass ihr Tränen übers Gesicht liefen, als Francesca ihre Wange berührte. »Er ... es ist so furchtbar. Ich kann es nicht erklären. Ich muss zu ihm. Du musst zu ihm und seine Qualen lindern.«
»Tut mir leid, Liebes, ich kann nur deine Qualen lindern. Er muss einen Weg finden, um mit den Gefühlen fertig zu werden, die jetzt auf ihn einstürmen. Das Wissen hatte er schon vorher, aber er konnte nichts fühlen.« Sie lehnte sich dicht an Skyler und murmelte ihr zu: »Ich kann dir Distanz zu ihm verschaffen. Das wird helfen.«
Skyler zog sich abrupt zurück. »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ihr schirmt mich immer ab, du und Gabriel. Diesmal nicht. Wenn ich dafür verantwortlich bin, will ich es genauso fühlen wie er. Ich muss diese Dinge wissen, Francesca. Im Herzen bin ich bereits Karpatianerin. Ich brauche das Wissen ebenso wie die Gefühle.«
Kapitel 5
M ikhail schwebte in Form eines weißen Dunstschleiers, der im Schneetreiben kaum auffiel, durch den Wald und hielt sich hoch oben in den Baumkronen, während er den Wolf verfolgte, der unter ihm über den Boden jagte. Trotz der Tiergestalt konnte Mikhail erkennen, dass es Dimitri schlecht ging. Der Wolf blieb immer wieder stehen, um vor Schmerzen zu erschauern, und das dichte Fell, das sonst vor Kraft und Gesundheit schimmerte, war stumpf und feucht von Schweiß. Obwohl er als Tier auftrat, gingen Wogen von Kummer von dem Mann aus, und zu Mikhails Betroffenheit blieben in den Pfotenabdrücken auf dem strahlend weißen Schnee kleine Blutstropfen zurück.
Mikhail ließ sich mit den wirbelnden Schneeflocken sanft nach unten gleiten und näherte sich vorsichtig dem anderen Karpatianer. Dimitri war in den Wäldern Russlands mit seinen geliebten Wölfen durch die Hölle gegangen. Von Vampiren wie von Sterblichen gleichermaßen gejagt, von Wilderern und abergläubischen Menschen verfolgt, hatte er endlose Jahrhunderte damit verbracht, Menschen und Wölfe zu schützen, und das ohne den Trost seiner Heimat – des heimatlichen Erdreichs – oder seines Volkes.
Der Wolf hielt inne und blieb mit hängendem Kopf und bebenden Flanken stehen. Blutrote Tränen tropften in den Schnee. Plötzlich warf er den Kopf zurück und heulte, schrie seine unablässigen Qualen zum Himmel und den Gottheiten empor – welche auch immer ihn hören mochten. Noch während die klagenden Laute in der Nacht verklangen, nahm er die Gestalt eines Mannes an, ließ sich auf einen Felsen sinken und verbarg sein Gesicht in den Händen.
»Du fühlst ihren Schmerz«, sagte Mikhail leise. »Es ist für dich ebenso ein Wunder wie ein Fluch.«
Dimitri sprang auf und fuhr herum. Seine Zähne waren gefletscht, und rote Flammen tanzten in seinen Augen. Mit erhobenen Händen stand er angriffslustig da, und die Luft ringsum knisterte vor Elektrizität – und Gefahr. »Ich hatte keine Ahnung, dass ich nicht allein bin«, erwiderte Dimitri. »Sonst hätte ich nie meine Gefühle derart zur Schau gestellt.«
»Erlaube mir, dass ich Gregori kommen lasse«, schlug Mikhail vor. »Er könnte dir helfen, deine Qualen zu erleichtern.«
»Niemand hat ihre Qualen erleichtert«, knurrte Dimitri. »Ich wusste es, wenn Männer sie mit ihren schmutzigen Händen anfassten, und ich wusste es, wenn sie ihr wehtaten, sie schlugen und mit Messern auf sie losgingen. Ich wusste sogar, wenn sie ihr Brandwunden zufügten, aber ich
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