Dunkles Feuer
die Schreibtischplatte. Die Hände unter dem Kinn gefaltet, versuchte er einen Ausweg zu finden, aber es gab keinen.
Sie waren pleite. Bankrott.
Wie hatte es nur so weit kommen können?
Bitterkeit stieg in ihm auf. Ich habe Steve davor gewarnt, sich nur auf Prometheus zu konzentrieren und andere Auftraggeber zu vernachlässigen.
Der Etat von der Universität war ein Segen für MedicSoft gewesen, aber es konnte immer etwas schief gehen. Etwas Unvorhersehbares konnte geschehen, und nun war es geschehen.
Steve hatte damals erklärt, eine Aufgabe wie Prometheus könnte nur bewältigt werden, wenn man die ganze kreative Kraft darauf konzentrierte. Da Steve der Hauptanteilseigner der Firma war, musste er zustimmen.
In meinem Leben, grübelte er, haben immer andere die Fäden gezogen und ich habe tanzen müssen, aber damit ist nun Schluss.
Er fluchte inbrünstig, als das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte. Als er den Hörer abnahm, meldete sich seine Frau.
„Hallo Richard“, erklang ihre Stimme aus der Muschel.
„Eve.“
„Ich wollte wissen, ob es schon etwas Neues gibt?“, fragte sie leise.
Richard hatte ihr von den Problemen der Firma erzählt. Er hoffte, dass Eve finanziell einspringen würde. Ihre verstorbenen Eltern hatten ihr ein Treuhandvermögen hinterlassen, das sie jederzeit als Sicherheit für ein neues Darlehen verwenden konnte, aber Eve weigerte sich, das Geld anzurühren oder anderweitig einzusetzen. Leider hatte er bei der Hochzeit einem Ehevertrag zugestimmt, der die Gütertrennung regelte. Nun, das war ein Fehler gewesen, denn inzwischen verweigerte ihm dieses Biest sogar den Einblick in ihre Vermögensverhältnisse.
Es war nicht so, dass er sie hasste. Sie war ihm gleichgültig, und er sehnte den Tag herbei, an dem er sie verlassen konnte. Seit Jahren gab es eine andere Frau in seinem Leben. Eine Frau, mit der ihn mehr als Liebe verband. In ihnen beiden brannte das gleiche Feuer. Sie waren vom gleichen Schlag.
Richard musste sich beherrschen, um nicht ins Telefon zu brüllen. Erst lehnte es Eve ab, ihm zu helfen, und dann rief sie scheinheilig an, um sich zu erkundigen, wie tief sein Weg ihn noch hinabführen würde.
„Nein, es gibt nichts Neues“, sagte er. „Die Bank hat einen weiteren Kredit abgelehnt. Du wolltest ja nicht ...“
„Richard“, unterbrach sie ihn. „Darüber haben wir schon gestern gesprochen. Ich habe dir gesagt, dass es der Wunsch meiner Eltern war, dass ich das Treuhandvermögen nicht anrühre. Bitte respektiere meinen Willen, dieses Versprechen zu halten.“
„Eve, ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass du im Geld schwimmst, während ich um meine Existenz kämpfe?“
Ihre Stimme klang schneidend. „Ich bezahle alle Rechnungen. Seit unserer Hochzeit hast du nicht einen Dollar zu unseren Lebenshaltungskosten beigetragen. Mein Wohlstand ist auch dein Wohlstand. Du isst in den gleichen Restaurants wie ich. Du fährst einen teuren Wagen, den ich dir gekauft habe, und wohnst in einem Sechszimmerapartment in einer der besten Wohnlagen. Du gibst mehr Geld in einem Monat aus, als ich in einem ganzen Jahr, also erzähl mir nichts davon, wie reich ich und wie arm du bist. Ich kann diese Leier nicht mehr hören.“
Die Tatsache, dass er ihr nicht widersprechen konnte, steigerte seine Wut noch zusätzlich. „Ich muss durch dich auf vieles im Leben verzichten und Geld ist nur selten ein Trost.“
Der Satz war heraus, bevor er recht bedachte, wie sehr sie diese Worte verletzen mussten, aber gleichzeitig spürte er Erleichterung, dass es endlich ausgesprochen war.
Eve war behindert. Ein Krüppel. Bezaubernd schön, aber an den Rollstuhl gefesselt, mit einem Körper, der immer mehr an Reizen verlor.
Ich habe endgültig genug von ihr. Von ihrem Anblick, der mir jeden Tag das Gefühl gibt schuldig zu sein, nur weil ich gesund bin und nicht in einem Rollstuhl durch die Wohnung geschoben werden muss.
Eves Schicksal war hart, aber er sah keinen Grund, der es rechtfertigte, dass auch er jeden Tag leiden sollte. Der Unfall war ihre Schuld gewesen. Sie selbst hatte damals den Wagen gesteuert.
Verdammt soll sie sein.
„Das war gemein von dir“, sagte Eve. Er konnte hören, dass sie weinte.
Wieder war da dieses Schuldgefühl. Diese Frau manipulierte ihn nach Belieben.
Es wäre besser für Eve gewesen, wenn sie damals gestorben wäre.
Und es wäre besser für mich gewesen, wenn ich ihr damals nicht das Leben gerettet hätte.
6. Kapitel
Eve
Der Campus
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