Dunkles Feuer
das zu bewachende Objekt, und so lange er sich in der Firma befand, konnte Chen herumschleichen, soviel er wollte. Das war nicht ihr Problem. Die Befehle waren eindeutig.
Stanton und Kessler hatten Chens merkwürdiges Verhalten nicht an die Zentrale durchgegeben, und so sahen sie auch keinen Grund zu melden, dass der Asiate das Gebäude wieder verließ. Beruhigt registrierten sie, dass er diesmal den Vordereingang benutzte. Mit tief in die Stirn gezogener Schirmmütze und hängenden Schultern ging er zu seinem Wagen, startete den Motor und fuhr in der hereinbrechenden Nacht davon. Team 2, das für John Chen zuständig war, würde sich automatisch an seine Fersen heften.
Kessler und Stanton hofften inständig darauf, dass die nächsten fünfzehn Minuten schnell vergingen und endlich das Ersatzteam eintraf, das sie für die Nachtschicht ablösen würde.
Dieser Job war alles andere als spannend.
Team 2 bestand aus zwei hervorragenden Soldaten, die aber noch neu beim Geheimdienst und dementsprechend unerfahren in der Beobachtung von Personen waren.
Hanwick hatte entgegen jeder Order das Fahrzeug verlassen. Seit Stunden plagte ihn seine gefüllte Blase. Nun stand er breitbeinig und mit zufriedenem Gesichtsausdruck am Straßenrand und ließ das Wasser laufen. Sein Kollege Kercy, ebenfalls schon seit zehn Stunden im Dienst, bemühte sich inzwischen einen bekannten Sender ins Radio hereinzubekommen, der vorwiegend Country-Musik ausstrahlte.
Kercy stammte aus Montana. Er liebte diese Art von Musik und jetzt fluchte er, als der Sender immer wieder auf die verdammte HipHop-Scheiße umsprang, die nur Nigger als Musik bezeichnen konnten.
Zum wiederholten Mal bewegte er vorsichtig den Einstellknopf, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen. Er war so konzentriert, dass er nicht bemerkte, wie John Chen das Firmengebäude verließ und davonfuhr.
Leroy Brown verbarg sich hinter einem Busch in der Nähe des Eingangs. Er rührte sich nicht und ging auch nicht pissen. Er war ein Profi. Ein Killer.
Seit vier Stunden lauerte er darauf, dass Steve Sanders endlich herauskam. Ein Anruf in der Firma hatte ihm bestätigt, dass sich sein Zielobjekt noch dort befand. Sanders selbst war an den Apparat gegangen. Leroy hatte schnell wieder aufgelegt.
Eine Frau war vor einiger Zeit aus dem Haus gekommen, bei der es sich wahrscheinlich um eine Sekretärin handelte. Danach brannte nur noch in einem Zimmer Licht. Sanders war also allein. Leroy hockte entspannt mit dem Rücken gegen die Mauer gelehnt, die Waffe mit Schalldämpfer ruhte auf seinem Knie. Er war bereit.
Am späten Nachmittag war er von der Rückseite des Gebäudes nach vorn geschlichen. Leroy hatte nur fünf Minuten gebraucht, um das Fahrzeug mit den beiden Männern zu entdecken, das viel zu auffällig in der Nähe parkte. Nach einer Stunde wusste er, dass noch jemand das Haus beobachtete. Zwei Weiße, die an ihren Autositzen klebten und zur Scheibe herausstarrten, konnten eigentlich nur Cops sein.
Warum die Polizei hier aufgetaucht war, wusste er nicht, und es interessierte ihn auch nicht sonderlich.
Zwanzig Minuten lang überlegte er, ob er den Hit auf später verschieben sollte, entschied sich dann aber dafür, die Sache gleich zu erledigen. Er saß gut versteckt in einem Busch. Mit dem Schalldämpfer war die Sache ein Kinderspiel. Sanders würde sterben, bevor die Cops überhaupt etwas mitbekamen. Außerdem war der Gedanke, Sanders vor den Augen der Polizei zu killen, sehr erregend.
Ja, grinste er. Er würde es genau hier und jetzt tun.
Plötzlich schwang die Glastür des Gebäudes auf und eine unbekannte Person trat in Leroys Blickfeld. Er kannte den Typen nicht, aber ihn beunruhigte die Tatsache, dass er nicht mitbekommen hatte, wie er ins Haus hineingegangen war, und so nahm er ihn genauer in Augenschein.
Für einen kurzen Moment fiel das Licht der Straßenlaterne auf das Gesicht des Mannes, und Leroy erkannte sein Zielobjekt.
Verflucht, das war er!
Der Lauf seiner Waffe hob sich. Leroy versuchte sein Ziel anzuvisieren, aber es war schon zu spät. Der Schusswinkel war zu ungünstig, und Sanders bereits an dem zivilen Bullenfahrzeug vorbei. Jetzt noch zu schießen, wäre Wahnsinn gewesen. Geduckt hetzte er zu dem Fahrzeug zurück, in dem zwei seiner Brüder und ein Cousin auf ihn warteten.
Als John Chen etwas später MedicSoft verließ, erkannten Stanton und Kessler ihren Fehler. Sanders und Chen mussten die Kleidung getauscht haben, und nun hatten sie Sanders
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