Dunkles Feuer
bestimmt ein paar Minuten. Bis dann, Daniel«, verabschiedete sich Julie und ging mit energischen Schritten in Richtung Schloss.
Dummkopf, schimpfte sich Daniel, da er Julies Enttäuschung gespürt hatte. Nur ich konnte so eine Chance verpassen.
Julie war verwirrt, sie wurde aus Daniels Benehmen einfach nicht schlau. Mal überhäufte er sie mit Aufmerksamkeit, und im nächsten Augenblick konnte er alles wieder zurücknehmen. Vielleicht hatte er gar kein Interesse an ihr und wollte nicht, dass sie seine Freundlichkeit missverstand. Aber andererseits war seine Werbung um sie meistens zu eindeutig. Jedenfalls kam er ihr wie ein Kater vor, der um einen Krug Sahne herumschlich, ohne den Mut für den entscheidenden Schritt aufzubringen. Aber wovor fürchtete er sich?
Dass es die Angst vor ihrer Zurückweisung sein konnte, schloss Julie aus, dafür hatte er zu energisch angefangen. Was also fühlte er? Diese Frage ging Julie immer und immer wieder durch den Kopf. Vielleicht spürte er ja eine Gefahr. Doch wen bedrohte sie? Daniel? Sie selbst? Oder beide?
Über diese Gedanken grübelnd, kam Julie zum Hoftor. Als sie Peter bemerkte, der Wasser aus dem Brunnen holte, fiel ihr finsteres Gedankengebilde zusammen. Sie fand sich lächerlich - nur weil ein Mann nicht an ihr interessiert war, machte sie übernatürliche Kräfte dafür verantwortlich. Sie schüttelte amüsiert den Kopf bei dem Gedanken daran, wie eingebildet das klang.
Erleichtert stellte Julie fest, dass es ihr wirklich nichts ausmachte, wenn sie und Daniel nur Freunde blieben, und dass die Unzufriedenheit von vorhin nur darauf zurückzuführen war, dass sie Daniel als einen glühenden Verehrer betrachtet hatte. Es war immer wenig schmeichelhaft, herauszufinden, dass sie sich in dieser Beziehung irrte.
Peter blieb stehen und suchte Julies Gesicht besorgt nach Anzeichen der Unruhe und Angst ab, die er am Morgen so deutlich gesehen hatte. Julie bemerkte seinen forschenden Blick und beeilte sich, ihn zu beruhigen: »Keine Angst, mir geht es gut.«
Peter war sich immer noch nicht sicher. Doch Julie verhielt sich ganz ruhig und entspannt, so dass er sich eingestehen musste, dass die Ereignisse des Morgens ihn, in seiner Angst um Julie, mehr mitgenommen hatten als Julie selbst. Trotzdem hielt er es für sicherer, ihr seinen Vorschlag zu unterbreiten, für einige Tage ihre Zimmer zu tauschen.
Doch Julie winkte entschieden ab.
»Wieso denn, es war doch nur ein Traum. Das hast du doch selbst gesagt.«
»Ja, aber ...« Peter sagte ihr nicht, dass ihm einfach keine bessere Erklärung eingefallen war und dass es ihm in erster Linie darum gegangen war, sie zu beruhigen.
»Ich jedenfalls bin überzeugt, nur schlecht geträumt zu haben. Es ist doch lächerlich, wenn wir, zwei erwachsene, zivilisierte Menschen, uns deswegen verrückt machen. Du weißt doch«, fuhr sie schelmisch lächelnd fort, »ich bin schon ein großes Mädchen und kann auf mich selbst aufpassen.«
»Ja, du hast sicherlich Recht.«
»Gut, dann ist das ja erledigt. Wie weit bist du heute mit der Arbeit gekommen?«
»Noch nicht sehr weit, Daniel hat kurz vorbeigeschaut. Es wäre doch ziemlich unhöflich gewesen, auf meine Arbeit zu verweisen und ihn wegzuschicken«, rechtfertigte sich Peter.
»Ist ja gut, ich mache dir ja keinen Vorwurf, ich habe ja selber nichts gemacht«, lachte Julie.
»Übrigens, bevor ich es vergesse, er hat nach dir gefragt.« Peter beobachtete Julie sorgfältig, um festzustellen, welche Reaktion diese Nachricht bei ihr auslöste. Doch auch seine eifersüchtigen Augen konnten keine Gefühlsregung erkennen.
»Ich weiß, ich bin ihm begegnet«, meinte Julie ruhig. »Er hat gefragt, ob es möglich wäre, für die Kinder aus seinem Geschichtskurs eine Schlossbesichtigung zu organisieren.«
»Und was hast du gesagt?«
»Im Prinzip habe ich nichts dagegen, doch ich wollte deine Meinung dazu hören. Außerdem müssen wir uns einen passenden Termin dafür überlegen und einige Vorbereitungen treffen. Aber das bereden wir später, ich gehe mich jetzt umziehen.«
Peter schaute sie noch einmal genau an, nach einem Zeichen ihrer morgendlichen Erregung suchend. Doch Julie war die Ruhe selbst. Also beschloss er, ihrem Beispiel zu folgen und seine Sorgen als nichtig abzutun.
Julie öffnete die Tür zu ihrem Schlafzimmer. Trotz ihres Vorsatzes, Ruhe zu bewahren, zögerte sie etwas und fühlte einen Anflug von Panik, den sie tapfer unterdrückte.
Sie ging zu ihrem Schrank und fing an, nach einigen für
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