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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elvira Zeissler
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er mich mit zu sich genommen, weil ich mich in meiner Angst so an ihn geklammert hatte. Seine Frau verband meinen Fuß und wickelte mich in Decken neben dem Feuer, während ihre eigenen Kinder froren. Doch damals merkte ich noch nichts davon. Ich war von der Armut schockiert und wollte so schnell wie möglich fort von dort, in mein eigenes Zimmer, mein schönes großes Bett, sauber und wohlriechend. Was mich aus meinem Selbstmitleid letztlich herausriss, war die Frage des Mannes nach dem Befinden seiner ältesten Tochter. Das Mädchen mochte etwa in meinem Alter sein. Die Frau fing an zu weinen. Dem Mädchen ging es wohl immer schlechter, und die Mutter konnte nichts mehr für sie tun. Sie hatten einfach kein Geld, um Arznei zu holen. Und noch mehr Schulden konnten sie sich nicht mehr leisten, wenn sie die übrigen Kinder durch den Winter bringen wollten. Wahrscheinlich war es aber ohnehin schon zu spät, nichts hätte ihr mehr helfen können. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass das Mädchen in dieser Nacht starb. Und als der Mann mich am nächsten Tag zu meinem Vater zurückbrachte, da waren seine Augen vor Kummer wie erstarrt. Während dessen hatte ich nur den einen Gedanken, dass ich erst vor einer Woche mehr für ein Stück Stoff bezahlt hatte, als notwendig gewesen wäre, um dieses Mädchen zu retten.
Ich versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen, und redete mir ein, dass die Armen es anders empfanden. Ich war überhaupt nicht daran gewöhnt, über ihre Gefühle nachzudenken. Es konnte für diesen Mann doch nicht genauso schlimm sein, wie es für meinen Vater gewesen wäre. Bloß, dass es nicht wahr war. Ich konnte einfach nicht den Blick in den Augen dieses Mannes vergessen. Da wurde mir bewusst, dass sie trotz aller Standesunterschiede denkende und fühlende menschliche Wesen und noch hilfloser als wir ihrem Schicksal ausgeliefert sind.«

Einige Augenblicke schwieg Elisabeth, dann riss sie sich von ihren Gedanken los. Sie sah Frederik prüfend aus ihren Augenwinkeln an. »Ich weiß auch nicht, wie oder wieso, Earl, aber es gelingt Euch immer wieder, mir die persönlichsten Geständnisse zu entlocken.«
»Ich? Aber Mylady, ich habe doch gar nichts gemacht«, beteuerte Frederik mit einer übertriebenen Unschuldsmiene, um dem Gespräch wieder einen lockereren Ton zu verleihen. »Übrigens, ich habe noch eine winzig kleine Frage, Lady Elisabeth.«
»Und die wäre, Earl?«
»Hattet Ihr mir nicht noch heute Morgen erzählt, Euch hätte kein Pferd mehr abgeworfen, seit Ihr fünf Jahre alt wart? Mir scheint, dies ist Euch im Alter von zwölf mindestens noch einmal passiert.«
Elisabeth spürte, wie sie rot wurde. »Nun, es war geflunkert. Ich konnte ja nicht ahnen, dass ich Euch nur wenige Stunden später meine halbe Lebensgeschichte erzählen werde.«
Zum Glück erblickte sie gerade Mrs. Williams, die in ihrem Vorgarten arbeitete, und beeilte sich, diese zu begrüßen.
»Guten Tag, Mrs. Williams. Habt Ihr Neuigkeiten von Gwen?«
»Oh ja, Mylady. Die Ehe bekommt ihr sehr gut. In sechs Monaten werde ich, so Gott will, mein erstes Enkelkind im Arm halten können.«
»Das ist ja wundervoll. Richtet ihr bitte meine Glückwünsche aus. Wenn das Kind da ist, werde ich die junge Mutter auf jeden Fall selbst besuchen.«
Elisabeth blickte sich nach Frederik um, der einige Worte mit Gwens 14-jähriger Schwester Meg wechselte. Ein hübsches Ding, das für Elisabeths Geschmack etwas zu sehr nach den Männern schielte. Die Eltern täten gut daran, ihr schnell einen Ehemann zu finden.
Mit einer scharfen Stimme forderte sie Frederik zum Weitergehen auf. Als er an ihrer Seite war, flüsterte sie mit einem zauberhaften Lächeln: »Ihr solltet nicht einmal im Traum daran denken, Earl. Ich bin mit der Schwester dieses Mädchens aufgewachsen und nehme sehr regen Anteil an dieser Familie.«
Obwohl er durch ihre Offenheit schockiert war, tat Frederik so, als verstünde er ihre Andeutung nicht. Trotzdem schlich sich ein ertappter Ausdruck in seine Augen.
Aber was erwartete sie eigentlich von ihm, sollte er etwa die ganze Zeit wie ein Mönch leben? Die Antwort, die er sich selber darauf gab, war wenig ermutigend - wahrscheinlich erwartete sie das tatsächlich.

Mit einem Blick auf die Sonne ging Elisabeth an den nächsten Hütten vorbei, ohne hineinzugehen. »Wir müssen uns beeilen, Earl. Ich habe mir wohl zuviel Zeit bei den anderen Besuchern genommen. Vater wird schon bald auf uns warten. Aber einen Besuch muss ich noch auf jeden

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