Dunkles Licht
klugen Kopf und ungeheuer viel Willenskraft erfordern.
»Dieses Gespräch fand niemals statt, Prälat.«
»Nein, Hoheit. Ich muss mir ebenfalls Sorgen machen, was meine Gefolgsleute denken würden.«
Der Prinz zeigte ein anerkennendes schwaches Lächeln. »Ich möchte Eure Ansicht zur Politik hören.«
»Ich verstehe nichts von Politik, Hoheit.«
»Ihr habt sie in Gaudry studiert.«
»Oh,
diese
Art Politik! Ja, das habe ich.«
»Warum hält König Clovis den absurden Anspruch aufrecht, seine Schwägerin sei rechtmäßige Regentin von Albi?«
»Meinem Verständnis nach, Hoheit, hat er angeboten, diesen Anspruch aufzugeben, wenn Euer Vater damit aufhört, unseren Glauben in Albi zu verfolgen, aber seine Majestät hat sich geweigert.«
»Aus verständlichen Gründen«, sagte Emil. »Könige mögen es nicht, gezwungen zu werden. Was wisst Ihr von dieser Frau?«
»Sehr wenig, Hoheit. Sie sollte ein paar Tage, nachdem ich Xennia verlassen hatte, verheiratet werden.«
»Nein. Ihr Verlobter ist am Tag vor der Hochzeit gestorben – anscheinend nicht gewaltsam. Falls – und das ist ein großes Falls – falls ich ihr anbiete, sie zu ehelichen, dann wäre eine Bedingung des Ehevertrags ein Ende der Verfolgung, nicht wahr?«
Das übertraf alles, was bisher geschehen war. Dadurch würden die Kinder der Mutter in Albi vom Verdacht des Hochverrats befreit. Rollo konnte bloß nach Luft schnappen. »Hoheit!« Nach einem Augenblick brachte er heraus: »Hoheit, wir sind keine Hochverräter! Ich treffe jedes Jahr Tausende von Menschen, und sie alle sind loyal zur Krone. Sie verstehen bloß nicht, warum … warum Euer Vater sie dermaßen verfolgt. Es sind gute, freundliche Menschen. Ich rate zu Geduld und Langmut, nicht zu Gewalt, damit die übrigen seines Volks lernen, dass wir keine Ungeheuer sind. Wir vergiften keine Brunnen und fressen auch keine Säuglinge.«
Der Prinz nickte. »Das weiß ich schon seit geraumer Zeit.«
»Ich habe darum gekämpft … ich habe Gewalt stets verurteilt, und ich glaube wirklich, dass meine Worte allmählich zum Tragen kommen. Ich glaube, dass die Menschen von Albi in wachsendem Ausmaß der Schlächterei müde sind. Sehr wenige der Zuschauer haben Jake Trull verhöhnt, als er zu Tode gebracht wurde. Man hat mir gesagt, solche Hinrichtungen waren einmal viel besser besucht und der Verurteilte wäre auf seinem Weg zum Galgen mit Schmutz beworfen worden.«
»In dieser Hinsicht stimme ich mit Euch überein, und meine Zeugen sind weniger voreingenommen als Eure. Ich musste an Rafe Dampiers Begräbnis teilnehmen. Es war eine Staatsaffäre, und dennoch war die Kirche nur zu einem Viertel gefüllt. Jeder, der es wagte, blieb ihm fern. Als die Gefangenen aus Umberly entkamen, haben viele Zuschauer ihnen zugejubelt.«
»Nun gut, das beweist …« Da erkannte Rollo die Falle.
Der normalerweise gelassene Gesichtsausdruck des Prinzen verwandelte sich in Ärger. »Umberly veränderte alles, Prälat Hawke. Ein unabhängiges Gericht, falls sich so etwas finden lässt, könnte sich weigern, den Mord an Dampier zu verurteilen, wenn der Angeklagte beweisen könnte, dass er – oder sie, nehme ich mal an – seine Lieben beim ›Wunder‹ von Woodbridge verloren hat. Wenn Dampier selbst nicht vor Gericht gestellt werden konnte, dann musste die Gerechtigkeit anderswo gesucht werden. Das ist eine sehr menschliche Reaktion, wenn auch eine illegale. Von der darauffolgenden Katastrophe, als die Versammlung zu fliehen versuchte, lässt sich behaupten, dass sie ein schrecklicher Unfall war.«
»Ich sehe darin eine verbrecherische Dummheit, Hoheit. Ich glaube, dass ich nicht so gewillt zur Vergebung bin wie Eure Hoheit.«
»Das werden die meisten so sehen. Aber Umberly war ein Angriff auf ein königliches Schloss. Zehn Männer der königlichen Füsiliere sind von ihren Kameraden erschossen worden, und andere wurden verwundet. Der Direktor hat sich später das Gehirn herausgeschossen.«
Die Sonne der Hoffnung sank bereits wieder. »Ich habe zuvor keine Gerüchte einer solchen Tat gehört, Hoheit, und bin seitdem von allen Nachrichten abgeschnitten gewesen, also wusste ich nichts von Umberly, bis es mir meine Schwester vor einer Stunde erzählte. Privatsekretär Kipping hat ihr keine Einzelheiten erzählt, also konnte sie nur Klatsch weitergeben. Es gibt zwei Verdächtige, hat sie gesagt.«
»Zwei
Jungen.
Einer von ihnen wollte einen Gefangenen besuchen, Richard Sizer. Wir glauben, dass der Junge
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