Dunkles Spiel der Leidenschaft
zu
sein schien, eine Lüge auszusprechen, wünschte Corinne sich, ihre Erklärung
wäre nicht wahr. Vielleicht wäre es besser gewesen, ohne dieses Wissen zu
leben.
Die rothaarige Frau lächelte sie an. »Ich bin Tempest.
Glaub mir, Corinne, ich kann mir vorstellen, wie durcheinander du bist. Vor
einigen Wochen war ich noch in derselben Situation wie du. Aber vergiss bitte
nicht«, fuhr sie fort und bewies damit, dass sie Corinnes Gedanken lesen
konnte, »dass du ein großes Abenteuer versäumen würdest - nichts anderes ist
das Leben nämlich - und dass du Dayan nicht kennen würdest. Noch wichtiger ist
allerdings etwas anderes: Irgendwann hättest du deine Gabe eingesetzt und
dadurch die Aufmerksamkeit der Untoten erregt. Sie hätten dich gefunden.«
»Ich habe meine Gabe schon oft benutzt«, warf Corinne
ein.
»Vielleicht, jedoch nur in geringem Maß - kleine
Demonstrationen von Macht, die den Untoten nur auffallen würden, wenn du
bereits in ihrer Nähe wärst. Inzwischen setzt du deine Gaben immer unbefangener
ein. Die Anwendung übersinnlicher Kräfte hinterlässt Spuren. Durch diese
Spuren können wir einander finden, und die Untoten können es auch.« Desari
sprach ganz ruhig und beiläufig, als redete sie über das Wetter.
»Andererseits könnte das Ganze auch ein gruseliger Albtraum
sein, aus dem ich nicht herausgefunden habe«, meinte Corinne mit einem
schwachen Lächeln. »Aber Dayan ist es wert. Ich liebe es, ihm zuzuhören. Er
sagt ganz wundervolle Sachen zu mir. Er hat eine schöne Stimme und eine schöne
Seele. Er gibt mir das Gefühl, die einzige Frau auf der Welt zu sein.«
»Für ihn bist du die einzige«, erklärte Desari. »Und
ganz ehrlich, Corinne, wie hätte er sich nicht in dich verlieben können? Schau
dich doch an - wie du mit deinen gesundheitlichen Problemen fertig geworden
bist und trotzdem eure Familie zusammengehalten hast, die Art, wie du alles
akzeptiert hast, was Dayan dir erzählt hat. Es ist bestimmt nicht leicht für
dich, doch du bemühst dich, ihm zuzuhören und zu verstehen und zu glauben, was
er dir sagt. Wer sonst könnte das für ihn tun? Nach Jahrhunderten des
Alleinseins, ohne seine andere Hälfte, hat er endlich ein Zuhause gefunden, und
das weiß er zu schätzen. Du bist sein Zuhause. Keine andere, nur du.«
»Ich glaube nicht, dass er meine gesundheitlichen Probleme
akzeptiert hat«, erwiderte Corinne. Desaris Worte machten sie verlegen.
»Weil er um dich kämpft?« Tempest lachte leise. »Du
wirst schon noch dahinterkommen, dass sich die männlichen Exemplare dieser
Spezies darauf besonders gut verstehen.«
Savannah nickte. »Dayan kämpft um dein Leben und das
deines Kindes. Tatsächlich kämpft er aber auch um sein eigenes Leben. Ohne
dich hat er nichts. Dayan hat in einer öden, trostlosen Welt existiert, und er
wird ohne dich nicht weitermachen wollen. Solltest du in die nächste Welt
übergehen, wird er dich begleiten, wie es als Karpatianer sein Recht ist.«
»Ich bin sehr müde«, gestand Corinne und legte ihre
Hand schützend auf ihr Baby, das sich sacht bewegte. »Ich versuche, es vor ihm
zu verheimlichen, doch er scheint es immer zu wissen.«
Desari strich mit sanften Fingern Corinnes Haar
zurück. »Er ist dein Gefährte. Natürlich weiß er es. Ich kenne Dayan mein Leben
lang. Und ich bin so froh, dass er dich gefunden hat. Er hat uns erzählt, dass
du die C. J. Wentworth bist, die so viele
tolle Songs geschrieben hat. Ich freue mich sehr, dich in unserer Familie
willkommen zu heißen.«
Corinne ließ sich auf die Kissen zurücksinken. »Ich
bin froh, dass er euch alle hat.« Sie sehnte sich nach Dayan, sehnte sich
danach, jeden Augenblick, der ihr noch blieb, mit ihm zu verbringen. Sie
konnte fühlen, wie ihre Kräfte versiegten, langsam, aber sicher. »Was ist mit
meinem Baby?« Sie sah erst Savannah, dann Tempest an. »Ich bin sicher, sie
haben euch die Wahrheit gesagt.«
Es war Savannah, die ihr antwortete. »Dein Herz wird
nicht ewig durchhalten. Beim nächsten Erwachen wollen wir ein weiteres
Heilungsritual vollziehen. Unser Ziel ist es im Moment, deiner Tochter ein paar
Stunden oder Tage - je nachdem - Zeit zu verschaffen. Gregori sagt, dass sie
einen starken Willen hat, und damit ist der Kampf schon halb gewonnen. Genau
wie du ist auch sie übersinnlich veranlagt und dadurch sehr wichtig für unsere
Gattung.«
»Du benutzt das Wort >Erwachen<, aber ihr wacht
abends auf, nicht morgens, stimmts?«, bemerkte Corinne. »Glauben die
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