Dunkles Spiel der Leidenschaft
spürte, dass ihr Tränen übers Gesicht liefen,
Freudentränen. Es war geschafft. Ihre Tochter lebte und war von Leuten
umgeben, die sie liebten und gut für sie sorgen würden. Corinne, die sich von
dem Geschehen weit entfernt fühlte, war so müde, dass sie einfach nur die Augen
schließen und loslassen wollte. Schlafen, lange Zeit schlafen. Vielleicht eine
Ewigkeit. Es schien, als wäre sie ihr Leben lang müde gewesen.
Nein! Es war ein scharfer
Befehl. Du
bist hier noch nicht fertig, Corinne. Ich verbiete es dir. Die Stimme war
gebieterisch und autoritär, sie verfolgte Corinne bis in ihre Träume und riss
sie aus ihrem tranceähnlichen Zustand. Sie fand sich in Dayans Armen wieder,
den Mund an seine Brust gepresst. Eine warme Flüssigkeit lief ihr die Kehle
hinunter.
Das reicht!, warnte Gregori
Dayan, bevor Corinne vollständig erfassen konnte, was gerade geschah, und
möglicherweise mit Panik oder Abscheu reagierte und sich wehrte. Es darf keinerlei Widerstand
von ihrer Seite geben. Sie ist einfach nicht stark genug, um die Umwandlung zu
überleben, wenn sie sich dagegen zur Wehr setzt.
Dayan erlaubte sofort, dass Julian die Wunde an seiner
Brust verschloss, und zog Corinne an sich, geistig fest mit ihr verbunden. Sie
entglitt ihm - er konnte fühlen, wie sich ihr Geist immer weiter von ihm
entfernte, auch wenn ihr Aufgeben keine bewusste Entscheidung war. Sie schien
einfach nicht genug Kraft zum Kämpfen aufzubringen, nicht einmal mit seinem
uralten Blut, nicht einmal mit der Hilfe der anderen Karpatianer, die ihre
ganze Willenskraft auf Corinnes geschwächten Körper konzentrierten.
Dayan legte seinen Kopf an ihren. Sie hatten zu lange
gewartet. Corinnes armer sterblicher Körper hatte so lange gekämpft, wie er
dazu imstande gewesen war, und lange genug durchgehalten, um einem anderen
Wesen das Leben zu schenken. Jetzt war sie am Ende ihrer Kräfte. Sie spürte
das Blut nicht mehr, das durch ihre Adern strömte. Ihr schwaches Herz schlug
immer noch, weil Gregori das angegriffene Organ zwang weiterzumachen, aber
Corinne schien zu weit entfernt zu sein, um zurückgerufen werden zu können.
Dayan fühlte sie alle um sich herum - sein Volk, seine
Familie. Der Gesang wurde lauter. Erhörte das Baby leise schreien, als Shea es
versorgte. Er atmete den Duft heilender Kräuter ein. Einen Moment lang
gestattete er sich den Luxus, alles noch einmal auszukosten, die Schönheit der
unterirdischen Felsenkammer, die Flut von Erinnerungen aus seinem Leben: das
Verändern seiner Gestalt, wie ein Vogel durch die Luft zu fliegen, die Erde
selbst mit seinen erworbenen Kenntnissen herauszufordern, seine geliebte
Musik, die so sehr Teil von ihm war. Er liebte all das sehr, doch mehr noch
bedeutete ihm die Frau in seinen Armen. Nichts würde ihm je so wichtig sein.
Ohne sie würde es keine Farben geben, kein Licht, keine Musik in seinem Herzen
oder seiner Seele.
Dayan neigte den Kopf, um mit seinen Lippen über ihre
Lider und ihren Mundwinkel zu streichen. Ich liebe
dich, Corinne. Du gehst nicht allein in eine fremde Welt. Ich bin bei dir.
Sofort erhob sich heftiger, eindringlicher Protest.
Von ihnen allen. Von seiner Familie. Aus der Ferne hörte er Barack und Syndil
aufschreien. Er hörte ein Echo von Cullen, der durch seine Verbindung zu Barack
das Geschehen verfolgte. Er hörte Julians scharfen Einwand und Desaris
verstörtes Murmeln. Tempest rief nach ihm, ebenso wie Gregori und Savan- nah.
Aber es war Darius, dem Dayan antwortete, Darius, dem er sein Leben lang
gefolgt war.
Du wirst nicht 'mit ihr
gehen. Du wirst sie retten. Die
Stimme war unglaublich leise, doch Darius hatte es noch nie nötig gehabt,
seine Stimme zu erheben, um Gehorsam zu erzwingen.
Sie will nicht mehr, Darius.
Ich kann nicht anders, als ihr erlauben, endlich Ruhe zu finden.
Darius' Hand fiel
schwer auf Dayans Schulter und schuf ein körperliches Band. Später kannst du ihr Gefährte
sein, der ihr jeden Wunsch erfüllt, aber jetzt nicht. Du bist Karpatianer;
Dayan. Wir umarmen das Leben. Wir halten daran fest. Du wirst weder sie noch
dich selbst aus dieser Welt entlassen. Sie hat das Recht, selbst zu
entscheiden. Er hatte das Recht, eine Wahl zu treffen; Corinne verdiente
denselben Respekt. Das war das Letzte, was er ihr geben konnte.
Es war nicht ihre freie
Entscheidung, Dayan, widersprach Darius. Sie hat nie eine Wahl gehabt.
Der Tod war für sie unausweichlich, und das hat sie gewusst und akzeptiert.
Sie ist müde und ausgebrannt, aber das
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