Dunkles Spiel der Leidenschaft
sehen,
Corinne.« Er fuhr mit seinen Händen an ihren Armen auf und ab, um sie zu
wärmen. »Dir wird kalt hier draußen.«
»Aber es ist schön. Ich bin nachts gar nicht gern
drinnen. Der Himmel sieht fantastisch aus.« Corinne lachte leise. »Das finde
ich tagsüber natürlich auch. Ich schaue gern den Wolken zu. Lisa ist eine
lausige Autofahrerin, aber sie sagt, ich bin noch schlimmer, weil ich ständig
zum Himmel schaue.« Sie sah ihn an. »Ich will nichts verpassen, weißt du. Die
Welt ist so schön, und ich möchte, so viel ich kann, davon sehen.« Sie schlenderte
mit ihm ein Stück den Gehsteig hinunter. »Woher stammst du ursprünglich? Du
hast einen Akzent, aber ich kann ihn nicht einordnen.«
»Ich bin im Lauf der Jahre so viel herumgekommen, dass
ich nicht weiß, ob meine Aussprache auf irgendeinen bestimmten Ort hinweist.
Ich spreche mehrere Sprachen. Geboren wurde ich jedoch in den Kaipaten, einem
Gebirge in Südosteuropa. Meine Jugend habe ich zum größten Teil in Afrika
verbracht.«
»Klingt interessant. Was haben deine Eltern gemacht?«
»Ich war noch ein Kind, als sie ums Leben kamen.
Darius hat uns aufgezogen, uns Bandmitglieder. Wir waren alle Kinder und
ziemlich wild.« Dayan lächelte sie an, und seine weißen Zähne blitzten in der
Dunkelheit. »Ich schätze, das sind wir immer noch.«
Corinne ließ zu, dass er seine Finger mit ihren
verschränkte, obwohl sie selbst nicht wusste, warum. Ein Teil von ihr wollte
vernünftig sein und stark bleiben, aber etwas anderes in ihr wollte sich nur zu
gern verführen lassen und seine Gesellschaft genießen, solange sie konnte.
»Dann ist Darius wohl viel älter als du?«
»Darius ist in jeder Hinsicht eine
Ausnahmeerscheinung. Er war sechs Jahre alt, als unsere Eltern starben. Ich war
vier. Er hat uns am Leben erhalten.« Er machte eine nachlässige Handbewegung,
als wollte er die Vergangenheit abtun. »Das ist lange her.«
Corinne strich mit einer Hand über sein Kinn. »Du
klingst so traurig, Dayan. So lange kann es noch nicht her sein. War deine
Kindheit schwierig?«
»Es war ein Abenteuer, Corinne, wenn auch ganz anders
als bei dir. Vergiss nicht, wir haben alle telepathische Kräfte, und wir sind
daran gewöhnt, anders zu sein. Es war eine wilde und sehr aufregende Zeit.
Erzähl mir von deiner Kindheit. Dies und das habe ich aus deinem Gedächtnis
bereits erfahren, doch das meiste hast du hinter einer dicken Tür verschlossen,
die ich ohne deine Einwilligung nicht öffnen möchte.«
Ohne Eile schlenderten sie den Bürgersteig hinunter.
Dayan schien neben ihr herzugleiten, ohne dabei ein Geräusch zu verursachen.
Wenn sie nicht die Sicherheit, die sein Körper ausstrahlte, und seine Hand in
ihrer gespürt hätte, hätte sie nicht einmal gemerkt, dass er neben ihr war. In
gewisser Weise war es beruhigend, andererseits fast ein bisschen unheimlich,
eine so unverhohlene Kraft zu spüren. »Du bist nicht wie die anderen.« Sie
sagte es ruhig, mit einem intuitiven Wissen.
Einige Herzschläge lang herrschte Schweigen. »Ich entstamme
einem uralten Volk«, gestand er leise. »Ich verfüge über gewisse Gaben.«
Sie lächelte in der Dunkelheit. »Ich bin sehr froh,
dass wir einander kennen gelernt haben, Dayan. Es ist etwas Wundervolles und
sehr Schönes an dir. Wenn ich bei dir bin, habe ich das Gefühl, bis in alle
Ewigkeit weitermachen zu können. Die Texte deiner Lieder und die schöne Musik,
die du spielst, sind einzigartig. Ich liebe den Klang deiner Stimme, ob du
singst oder sprichst.«
Er zog ihre Hand an seine Brust, sodass sie durch sein
Hemd hindurch den stetigen Schlag seines Herzens fühlen konnte. Sie konnte die
Hitze seiner Haut spüren, die Forderungen seines männlichen Körpers, dessen
Muskeln sich fast unmerklich bewegten. Dayan lächelte, es war ein leicht
raubtierhaftes Lächeln. »Du versuchst bewusst, das Gespräch von deiner Kindheit
abzulenken.« Insgeheim freute er sich über die Aufrichtigkeit, die er an ihr
feststellte. Er hatte keinen Zwang auf Corinne ausgeübt und nichts getan, um
ihre Gefühle für ihn zu vertiefen. Er verließ sich auf die Tatsache, dass sie
seine wahre Gefährtin war, auch wenn er sie noch nicht mit den rituellen Worten
an sich gebunden hatte. Er befürchtete, ihre notwendige Trennung während der
Tagesstunden könnte ihr schwaches Herz zu sehr belasten.
»Warum möchtest du in einer so schönen Nacht eine langweilige
Geschichte hören?« Corinne hielt den Kopf gesenkt, weil sie nicht in
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