Dunkles Universum 1 - Aguirre, A: Dunkles Universum 1 - Sirantha Jax 1. Grimspace
aber manche Dinge sind einfach zu tief in den Genen verankert.«
Sein Lächeln wird zu einem Grinsen, und erst jetzt begreife ich, was ich da gerade gesagt habe, aber ich versuche nicht, es zurückzunehmen. Als Marsch den Kopf an meinen lehnt, wird mir für einen Moment fast schwindlig, und dann ist er überall in mir. Er zeigt mir alles, eine ganze Breitseite von Bildern und Eindrücken prasselt auf mich ein, und ich begreife, warum ich ihm einfach nicht widerstehen kann. Er ist genau wie ich: zersplittert, kaputt, ein einziger Haufen scharfkantiger Scherben, den er hinter bissigem Humor und Selbstgefälligkeit versteckt hält.
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie das ist. All die geheimen Gedanken zu sehen, um dann all die Lügen zu hören, die einem mit einem Lächeln hingeworfen werden. Es tötet dir die Seele ab, Jax. Ich war ein Monster, als ich Mair kennenlernte, und sie hat wieder einen Menschen aus mir gemacht, hat mir beigebracht, es zu kontrollieren.« Er zögert, zittert sogar, und ich streichle seine Wange. Ich weiß nur zu gut, dass diese Redseligkeit nicht ewig andauern wird. »Aber nach unserem ersten Sprung fand ich mich immer wieder in deinem Kopf, ohne zu wissen, wie ich dorthin gekommen bin. Es hat mir eine Höllenangst eingejagt. Ich habe aufgehört, als Pilot zu arbeiten, als Mair mir gesagt hat, dass es für einen Psiler nicht ungefährlich ist, so eng mit einem anderen Gehirn verbunden zu sein.«
»Das kann ich mir gut vorstellen. Und ich hab gedacht, du wolltest mir damit nur auf die Nerven gehen.« Ich lächle ihn an, um meinen Worten die Schärfe zu nehmen, aber gleichzeitig frage ich mich, was genau Mair gemeint haben könnte. Ob ich auf meinem PA etwas darüber finde? »Wissen es die anderen?«
»Um Himmels willen, nein! Sie würden es nicht verstehen. Sie hätten nur Angst vor mir, Angst vor dem, was ich weiß. Jax …« Seine Tonlage verändert sich plötzlich. »Weißt du eigentlich, was für ein Wunder du bist? Was du sagst, entspricht immer dem, was ich in deinem Kopf sehe, es gibt nicht den geringsten Unterschied, keine schmutzigen Geheimnisse. Nicht mal aus deiner anfänglichen Abneigung gegenüber mir hast du einen Hehl gemacht.«
Ich grinse ihn an. »Du stehst auf ein bisschen ehrlichen Hass, wie?«
»Wahrscheinlich. Macht die Sache interessanter.« Er zieht mich an sich, stützt sein Kinn auf meinen Kopf, und ich lausche seinem Herzschlag.
Schwer zu sagen, wer am meisten geschockt ist, als plötzlich die Tür aufgeht. Verdammt, hatte ganz vergessen, dass sie jetzt jeden reinlässt. Wenigstens sitzen wir nur eng umschlungen auf meiner Koje. Trotzdem sieht der Doc ziemlich erstaunt aus.
»Ich wollte nur sagen, dass wir bereit für den Start sind.« Er räuspert sich. »Jederzeit, sozusagen.«
»Wie Sie sehen, haben wir uns nicht gegenseitig umgebracht«, erwidere ich mit einem Grinsen. »Wir kommen gleich ins Cockpit.«
Marsch scheint auf einmal mit sich und der Welt im Reinen, und so habe ich ihn noch nie erlebt. Es fällt mir schwer zu glauben, dass dieser Seelenfrieden mit mir zu tun haben soll. Ich bringe Dinge in Bewegung, verursache Chaos und stoße Veränderungen an. Dass ich eine beruhigende Wirkung hätte, hat mir noch nie jemand vorgeworfen.
Marsch umfasst mein Gesicht mit den Händen und murmelt dem Doc zu: »Fünf Minuten. Und jetzt raus hier.«
Ich hoffe inständig, dass wir die Zeit gut nutzen können.
42
Es passiert nicht das, was ich erwartet habe.
Als Marsch und ich aus der Kabine kommen, warten Doc und Dina im Zentralbereich auf uns. Zu meiner Überraschung macht keiner der beiden den Eindruck, als wollte er mich umbringen.
Saul hat das Computerterminal hochgefahren und seufzt laut. Wenn irgend möglich, werde ich das Ding nicht anrühren, denn eigentlich ist der Stuhl vor dem Computer Loras’ Platz. »Ich glaube, das sollten Sie sich besser mal ansehen.«
Ich beuge mich vor und sehe einen Holo-Newsfeed. Er ist schon fast zwei Monate alt, und darauf ist eine dunkelhaarige Frau mit schmalem Mund und penibel toupierter Frisur zu sehen. Sie lächelt, ohne dabei ihre Zähne zu zeigen, und bemerkenswert ist, dass sie es irgendwie auch beim Sprechen schafft, die Zähne zu verstecken. Wahrscheinlich ist diese Gesichtslähmung ihre Interpretation eines angemessen ernsthaften Gesichtsausdrucks.
»Bürger des Konglomerats, wir möchten Sie zur erhöhten Wachsamkeit aufrufen. Trotz aller Versuche unsererseits, diese Angelegenheit intern zu regeln,
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