Dunkles Universum 1 - Aguirre, A: Dunkles Universum 1 - Sirantha Jax 1. Grimspace
für das eigene Geschlecht und ihres Versprechens, niemals zurückzukehren.«
»Wegen ihres Versprechens?« Scheint mir keine besonders zuverlässige Garantie zu sein, selbst in Anbetracht der alten Ehrencodices, denen sich Dina, so wie ich sie einschätze, sicherlich ohnehin nicht verpflichtet fühlt. Mir fällt auf, dass ich Loras’ Worte nachplappere wie ein hirnloser Papagei, aber wahrscheinlich bin ich ganz einfach zu überrascht, dass an Dina noch mehr dran sein soll, als mit bloßem Auge ersichtlich ist.
»Sobald sie auch nur einen Fuß auf Tarnus setzt, detoniert das Implantat in ihrem Kopf«, teilt Loras mir emotionslos mit. »Jeder Versuch, es zu entfernen, führt ebenfalls zur Detonation. Man hat also dafür gesorgt, dass sie Wort hält.«
Ich habe ja schon einige fiese Geschichten gehört, aber diese hier lässt mich trotzdem erschauern. Intuitiv weiß ich, die Sache mit dem Implantat war sicher mit irgendeinem Ritual verbunden, wahrscheinlich mit einem ziemlich erniedrigendem. Ich bekomme diese Fakten zwar nicht mit unserer raubeinigen Schiffsmechanikerin unter einen Hut, aber ich bin mir sicher, dass Loras die Wahrheit gesagt hat. Oder zumindest größtenteils. »Und was ist es, das du mir nicht sagst?«
Er verzieht den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Sie können etwas von Dinas Geschichte lernen, Jax: Niemand hier an Bord ist das, was er oder sie zu sein scheint.«
Noch bevor ich nachfragen kann, schlingert das Schiff, und ich höre Marschs Stimme über Intercom: »Alles anschnallen, es wird ein bisschen ungemütlich.«
Und dieses eine Mal tue ich, was er sagt, ohne ihm vorher ins Gesicht zu springen oder mit ihm darüber zu streiten. Schon wenige Momente später bin ich froh, diese Entscheidung getroffen zu haben, denn das Schiff ruckt heftig hin und her, während es in die Atmosphäre eintaucht. Loras murmelt etwas von Hitzewolken, aber sein Gesichtsausdruck verrät nichts darüber, wie schlimm es ist. Marsch versucht wahrscheinlich, die Nase des Schiffs oben zu halten, um einen möglichst hohen Luftwiderstand zu erzeugen, ohne dabei die Außenhülle zu überhitzen. »Den Autopiloten benutzt er wohl nicht gern, wie?«
Loras blickt von den Instrumenten auf und beschließt offenbar, dass es jetzt auch für ihn an der Zeit ist, sich anzuschnallen. »Das weiß ich nicht. Wir sind noch nicht öfter mit ihm geflogen als Sie.«
»Stimmt.« Ich komme mir vor wie ein Stück Scheiße, weil ich den armen Teufel, der auf Perlas gestorben ist, ganz vergessen habe. Noch bevor wir weitersprechen können, macht das Schiff einen jähen Satz, und nur die Gurte verhindern, dass ich gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert werde. Sieht so aus, als werde ich ein beeindruckendes Muster von Blutergüssen an Hals und Schultern davontragen. Das erinnert mich an …
Mein Magen beginnt sich nach außen zu stülpen.
Nein. O nein . Das ist wie in der Traumtherapie, alles noch mal von vorn.
Meine Schuld … Warum glauben die, es wäre meine Schuld? Ich habe uns sicher nach Martins IV gebracht, oder nicht? Ich habe Kai nichts getan. Nie hätte ich das fertiggebracht. Aber was …? Ich kann mich nicht erinnern. Alles um mich herum ist rot. Ich habe starke Schmerzen, und ich fühle mich, als ob …
Wir schlagen hart auf, das Schiff schlittert dahin. Metall kreischt, etwas zerreißt. Wo es einen Raumhafen oder zumindest einen Hangar gibt, bekommt man wenigstens ein bisschen Hilfe, einen Leitstrahl vom Computer, rechtzeitige Fernzündung der Bremstriebwerke, aber hier sind wir einzig und allein auf Marsch und dessen Fähigkeiten als Piloten angewiesen. Ich halte einen Schrei zurück, meine Kehle scheint zuzuschwellen. Ich sehe nichts als Dunkelheit, die sich über mein Gesichtsfeld ausbreitet wie Verwesungsfäulnis.
Sie schreit. Ich höre Schreie. Ich kann mich nicht bewegen. Meine Arme fühlen sich an, als wären sie abgerissen, aber ich kann ihre Schreie hören. Ich muss ihr helfen. Maria, gib mir Kraft, hilf mir, das hier wegzuräumen. Schmerzen. Ich muss kriechen. Nein. Nein. Zu spät … Ich kann es riechen, ich rieche …
Es gibt hier kein brennendes Menschenfleisch, Jax. Du bist in Sicherheit. Allen geht es gut.
Zum ersten Mal vernehme ich ihn mental, ohne dass wir eingeklinkt sind. Plötzlich ist mein Kopf voll von ihm, und ich weiß nicht mehr, wo ich bin. Aber ich spüre meine Arme, ich bin noch in einem Stück. Ich höre jemanden weinen, abgehackte, nervenzerfetzende Schluchzer.
Mutter Maria, das
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