Dunkles Universum 1 - Aguirre, A: Dunkles Universum 1 - Sirantha Jax 1. Grimspace
ein, und Marsch spricht ins Intercom: »Ab in die Passagiersitze, Leute, alles anschnallen. Wir werden einem alten Freund einen Besuch abstatten.«
»Verstanden«, gibt Loras zurück.
Ich werfe Marsch einen kurzen Blick zu und überprüfe die Anschlüsse. Sieht so aus, als wären sie bei der Bruchlandung nicht beschädigt worden, aber wahrscheinlich hat Dina das sowieso schon gecheckt. Als Schiffsmechanikerin ist sie erste Klasse.
»Kennst du ihn?«
»Lange her«, antwortet Marsch knapp.
»Ist das alles, was du mir über ihn zu sagen hast?« Ich schaue ihn ungläubig an.
Marsch nickt. »Für den Moment. Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen.«
Da kann ich ihm schlecht widersprechen. Und je eher wir dieses System verlassen, desto besser. Wir waren ohnehin schon zu lange hier.
Ich höre ein Knacken aus dem Intercom und dann Dinas Stimme: »Alles bereit.«
Marschs Finger jagen über den Touchscreen, und ich spüre das vertraute Pulsieren, mit dem der Phasenantrieb zum Leben erwacht. Das Heulen, das nach dem letzten Sprung nicht mehr aufhören wollte, wird zu einem tiefen Summen, was mir sagt, dass er wieder fehlerfrei funktioniert. »Zeig mir den Ortsvektor von unserer momentanen Position zu Hon-Durrens Reich«, sage ich zum Nav-Computer.
»Keine Übereinstimmung gefunden«, kommt die Antwort prompt. Der Ton der Maschine klingt fast ein bisschen schadenfroh.
Scheiß KI s .
Marsch überlegt einen Moment lang. »Versuch’s mit ›Raumstation DuPont‹.«
Den Namen habe ich schon verdammt lange nicht mehr gehört, aber – natürlich – unter dieser Bezeichnung müssten die Dateien zu finden sein. Offiziell wurde DuPont aufgegeben, aber jeder, der das glaubt, wird eine böse Überraschung erleben, sobald er auch nur in die Nähe kommt. Ich schaue mir die Koordinaten an und erinnere mich, schon einmal dort gewesen zu sein, vor fünf Umläufen etwa, nur der endgültige Zielpunkt war damals ein anderer.
»Ich hasse die äußeren Arme, aber zumindest stößt man dort nicht so schnell auf Lakaien des Konzerns.« Wenn es einen Ort gibt, an dem Gesetzlosigkeit das Gesetz ist, dann dort.
Marsch grinst mich an. »Ein wahreres Wort wurde nie gesprochen, Jax.«
Ich klinke mich ein und merke, dass das Schwindelgefühl und die Furcht der ersten beiden Sprünge komplett verschwunden sind. Was auch immer er sonst noch sein mag, Marsch ist jetzt mein Pilot. Ein Teil von mir meint, diese Umstellung sei zu schnell erfolgt, als hätte ich Kai irgendwie verraten.
»Er ist tot«, ruft Marsch mir sanft ins Gedächtnis. »Ich bin alles, was du jetzt noch hast.«
Auch diese Worte tun diesmal weniger weh. Ich weiß, dass es das Kussritual mit Kai nie mehr geben wird, dass ich nie wieder in seinen Armen aufwachen, sein Lächeln kein einziges Mal mehr sehen und ihn auch nie wieder lachen hören werde. Er ist tot, und ich bin am Leben, ob ich will oder nicht. Alles, was bleibt, ist der Schmerz.
Marsch klinkt sich ebenfalls ein, aber er errichtet keine Mauer mehr zwischen uns. Er ist immer noch abgeschottet, genauso wie ich, aber er versteckt sich nicht mehr. Er weiß, er ist auf mich angewiesen, um das hier durchzuziehen, aber er macht keinen Hehl mehr daraus, zeigt es sogar ganz offen. Ich frage mich, ob er mich in seinem Geist herumstöbern lassen würde, wie er das in meinem tut, oder ob ich dann eins auf die virtuellen Finger kriege. Ich spüre deutlich, wie er sich über meine Gedanken amüsiert, dann beginnt der Sitz unter mir zu vibrieren.
Fühl dich ganz wie zuhause, Jax .
Und genau das tue ich – bis das Zittern noch stärker wird und ich merke, dass etwas nicht stimmt. Dieses Rütteln ist falsch, zu stark. Das Schiff schlingert zur Seite, als hätte uns etwas getroffen, und da brüllt auch schon Dinas Stimme aus dem Intercom: »Macht endlich den Sprung, Maria verdammt noch mal! Seit wann heuert der Konzern Kopfgeldjäger …«
Mit einer Handbewegung bringt Marsch Dinas Gefluche zum Verstummen, und die Welt um mich herum explodiert in Farben. Grelle, schwindelerregende Muster blähen sich zuckend auf und fallen wieder in sich zusammen, jede Faser meines Körpers schmerzt vor Glückseligkeit – ich bin endlich wieder dort, wo ich hingehöre. Nie habe ich mich irgendwo so wohlgefühlt wie hier, und das wird auch immer so bleiben. Bei jedem Sprung stiehlt der Grimspace ein Stück meiner Seele, aber ich genieße es viel zu sehr, um davon zu lassen. Und jedes Mal, wenn ich in den dreidimensionalen Raum zurückkehre,
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