Durst: Thriller (German Edition)
irrst. «
Messer schaute sich um. Er schwitzte.
» Diego, hör zu. Du irrst dich, okay? Das ist verdammt noch mal gar nicht möglich, hörst du? «
In diesem Moment ertönte die Stimme seiner Frau. » Diego, ist alles in Ordnung? «
» Alles in Ordnung « , rief er und flüsterte Davide dann zu: » Ich muss Schluss machen. «
» Okay, Diego. Beruhige dich und genieß dein Essen. «
Nach einem Blick in den Spiegel verließ Messer die Toiletten.
» Mit wem hast du geredet? «
» Mit niemandem. «
Seine Frau gab sich damit zufrieden und kehrte mit ihm an den Tisch zurück.
Als sie nach dem Essen auf dem Parkplatz standen, schaute sich Diego Messer so unauffällig wie möglich um, sah aber niemanden. Langsam beruhigte er sich wieder. Seine Schwiegereltern stiegen in ihren eigenen Wagen, während er sich noch eine Zigarette ansteckte. Als die Kinder auf der Rückbank des Mitsubishi-Geländewagens Platz genommen hatten, drückte Bruno einhundertzwanzig Meter weiter auf den Abzug. Im ersten Moment dachte Rita, dass irgendjemand sich einen Scherz erlaubt und eine Dose mit roter Farbe an die Fensterscheibe geschmissen hätte.
Fünf Minuten später gab Bruno ein neues Ziel ins Navigationsgerät seines BMW s ein: Santa Tereza Do Oeste.
43
Gemäß der Anweisungen, die Carlo Apostolo in seiner Mail erteilt hatte, sollte sich Matheus, wenn er bis Freitagabend, neunzehn Uhr, noch nichts von ihm gehört haben sollte, alleine auf die Suche nach seinem Bruder machen.
Matheus saß auf seinem Hotelbett und las die Mail nun schon zum tausendsten Mal, weil er irgendwelche versteckten Botschaften darin zu entdecken versuchte. Um halb acht klingelte sein Handy. Es war Cássia. Sie machte sich Sorgen, und er versuchte, sie zu beruhigen. Als sie wieder auflegten, hatte er allerdings das deutliche Gefühl, dass ihm das nicht gelungen war. Von diesem Moment an senkte sich eine unerträgliche Stille über das Zimmer.
Carlo hatte ihm die Nummer eines Taxifahrers mitgeteilt, eines gewissen Fabricio. Der würde ihn zur Morro do Juramento bringen, einer Favela im Norden. Dort solle Matheus nach dem Biliardo fragen. › Du musst dich als Arzt der Oswaldo-Cruz-Stiftung ausgeben ‹ , schrieb Carlo. › Der Biliardo ist ein langgestreckter, grüner Platz – daher der Name –, und er liegt mitten in der Favela. Am Biliardo befindet sich eine italienische NGO namens Vita, wo eine gewisse Francesca arbeitet, und der kannst du auch sagen, wer du bist, aber nur ihr. Für alle anderen bist du ein Arzt der Oswaldo-Cruz-Stiftung, okay? ‹ Matheus nickte, obwohl er mutterseelenallein war. Carlo wies ihn an, Francesca zu sagen, dass er die Kinder von Crackolandia besuchen wolle. Matheus zwinkerte, und sein Magen krampfte sich zusammen. Was zum Teufel war Crackolandia?
› Floriana behauptet ‹ , schloss Carlo seine Mail, › dass du dort Nachrichten über deinen Bruder bekommst. ‹
Matheus trat ans Fenster. Lautlos schossen die Autos über die Uferstraße und zogen orangefarbene Linien hinter sich her. Vor dem dunklen Meer sah man die Umrisse des Zuckerhuts mit den erleuchteten Kabinen der Schwebebahn, die bis spätabends fuhr. Er hatte Hunger. Zuerst rief er aber Fabricio an, und sie verabredeten sich für den nächsten Morgen um neun.
Zufrieden ging Matheus ins Hotelrestaurant und aß mit einem gewissen Appetit. Allzu viele Fragen stellte er sich nicht, denn in all diesen Fragen, auf die er ohnehin keine Antwort erhielt, würde er sich nur wie ein Insekt in einem Spinnennetz verfangen. Bis zu diesem Moment hatte er immer das genaue Gegenteil getan: Wichtige Entscheidungen hatte er so präzise durchdacht wie seine Analysen im Labor. Matheus fuhr sich mit der Hand über sein müdes Gesicht und hatte plötzlich leichte Kopfschmerzen.
Am nächsten Morgen öffnete er kurz vor sieben die Augen und stand sofort auf. Als Matheus die Vorhänge aufzog, sah er, dass ein weiterer Sonnentag angebrochen war. Er bemühte sich darum, den neuen Morgen nicht schon atemlos zu beginnen. Die Kopfschmerzen waren fort, und so streckte er sich auf dem Teppichboden aus und konzentrierte sich auf seine Yogaübungen, während die Sonne langsam ihren sanften Glanz über das Zimmer legte.
Punkt neun hielt ein gelber Fiat Laguna vor dem Hotel.
Fabricio war ein schlanker Mann von gut fünfzig. Er war sauber und ordentlich gekleidet. Sie schüttelten sich die Hand, und Matheus erklärte, dass die Fahrt zum Morro do Juramento gehe.
» Nicht gerade ein angenehmer Ort
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