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Durst: Thriller (German Edition)

Durst: Thriller (German Edition)

Titel: Durst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Riva
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dankte dem Mann für die Informationen und den Kaffee und bedeutete Sarah Clarice, ihm zu folgen. Plötzlich hatte er es eilig.
    Sarah Clarice startete den Land Rover.
    » Wir fahren zur Kirche « , sagte Matheus.
    » Ja. Aber vielleicht sollten wir erst klären, wo wir heute Nacht bleiben. Ich habe hier schon mal übernachtet– in einer ziemlichen Absteige, die alles in allem aber ganz passabel ist. «
    » Okay. Dann fahren wir erst dorthin und danach zur Kirche. «
    Das erwies sich als gute Idee. Sobradinho war wegen des Hungerstreiks total überfüllt, weil aus allen Landesteilen Pilger herbeiströmten. Das Hotel Cutupí hatte noch genau ein Zimmer frei, ein allerletztes. » Aber es stehen zwei Betten drin, und es hat ein Fenster « , erklärte der Inhaber, dessen Wanst, wie gehabt, aus dem offenen Hemd hervorquoll.
    » Für mich ist das in Ordnung « , sagte Sarah Clarice.
    Matheus nickte. » Natürlich, kein Problem. «
    Sie brachten ihre Sachen ins Zimmer, einen blau angepinselten Kubus mit einem vergitterten Loch hoch oben an der Wand, das wohl das Fenster sein sollte. Das Klo hatte keine Klobrille, die Dusche keinen Duschvorhang, und die Badezimmertür ließ sich auch nicht schließen.
    Matheus lächelte. » Wenn du duschst, kann ich mich ja umdrehen. «
    Sie machten sich schnell frisch und begaben sich dann zur Kirche. Die Sonne war mittlerweile untergegangen. Die Stadt färbte sich tiefrosa, und die blühenden Mangobäume hoben sich als schwarze Silhouetten vom knallblauen Himmel ab.
    Am Kirchlein des heiligen Franziskus, einem schlichten, weiß gekalkten Holzbau, hatten sich viele Leute versammelt. Auf der einen Seite befand sich das Lager des MST – der brasilianischen Landlosenbewegung–, auf der anderen die Zelte der Organisationen, die den Hungerstreik des Franziskanerbischofs unterstützten. Dann sah man noch die Vertreter der indigenen Stämme und Aktivisten unterschiedlichster Couleur.
    Pünktlich um sieben begann das Ritual. In Begleitung seiner Ordensbrüder kam Dom Cappio aus der Kirche. Er setzte sich auf einen Stuhl, wurde sofort von einer ganzen Traube Menschen umringt und beantwortete Fragen.
    » Warum haben Sie sich entschlossen, in den Hungerstreik zu treten? « , fragte jemand.
    » Weil uns die Bibel dazu auffordert « , antwortete er.
    Irgendwann wurde gesungen und gebetet.
    Dom Luíz Cappio war ein schmächtiger Mann mit feinen grauen Haaren, eingefallenen Wangen und leuchtenden Augen. Sein Vorwurf lautete, dass die Umleitung des Flusses– der Bau zweier gewaltiger Kanäle zur Ableitung von Wasser aus dem Velho Chico, um auf diese Weise die Dürre in den Bundesstaaten des Nordostens zu bekämpfen– gewaltige Umweltzerstörungen hervorrufen und der ansässigen Bevölkerung schaden würde. Dass man etwas unternahm, sei im Prinzip richtig, aber die Umsetzung definitiv falsch.
    Die Regierung beharrte auf ihrer Version, dass die Umleitung zwölf Millionen Menschen von der Trockenheit erlösen würde. Cappio hielt dem entgegen, dass das Wasser hauptsächlich der Industrie, der exportorientierten Bewässerungslandwirtschaft und den Garnelenfarmen zugutekommen würde, nicht aber den kleinen Familienbetrieben und der Peripherie der großen Städte des Nordens. Die Regierung legte detaillierte Pläne vor und versprach angemessene Entschädigungen für enteignete Anwohner. Cappio hingegen fühlte sich von der Regierung hintergangen und hatte bereits einen harten Hungerstreik angekündigt. Dass er bis zum Äußersten gehen würde, stand außer Frage.
    Unter den Pilgern, die sich an der Kirche des heiligen Franziskus versammelt hatten, hielten nicht wenige den Kampf des Bischofs für aussichtslos. Er habe keine Ahnung, was für Interessen da im Spiel seien, sagten sie. Andere kritisierten, dass sich der Kampf derart auf die Figur des Franziskanerbischofs in seiner armseligen braunen Kutte konzentrierte und dass Cappio die Kraftprobe gegen die mächtigen Interessenkartelle alleine zu bewältigen gedachte.
    Manch einer hielt Dom Cappios Hungerstreik für einen politischen Akt. Er verstärke damit den Druck auf den Obersten Gerichtshof, der dem Antrag auf vorübergehende Stilllegung der Baustellen stattgegeben hatte. Just in diesen Tagen wurde das Urteil erwartet, das die endgültige Einstellung der Bauarbeiten oder ihre definitive Wiederaufnahme zur Folge haben würde.
    Dom Cappio war nicht alleine: In verschiedenen Städten war es zu Demonstrationen gekommen, wenngleich auch keinen gewaltigen.

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