Durst: Thriller (German Edition)
Miene wirkte plötzlich abweisend.
» Ist der Champagner schön kühl? « , beschloss ihr Mann das Gespräch. » Ich habe den ganzen Flug über an nichts anderes gedacht. «
Paulo Johannsen hatte Ilhabela für das Treffen gewählt, weil sie dann weit weg wären von São Paulo und dem Stadtgeschwätz. Als er jetzt eine ausgiebige heiße Dusche nahm, dachte er, dass es vielleicht doch keine so gute Idee war. Nun war es aber zu spät. Er sollte sich einfach entspannen. Als er auf dem Bett saß und sich abtrocknete, trank er schon einmal einen Schluck Champagner. Plötzlich kam seine Frau ins Zimmer. Ihr Gesichtsausdruck gefiel ihm überhaupt nicht.
» Antônio möchte mit dir reden. «
» Jetzt? «
» Angeblich ist es dringend. «
Johannsen schlüpfte in rote Bermudashorts, zog ein weißes T-Shirt an und ging ins Wohnzimmer hinunter. Netto stand an der Fenstertür, das Handy in der Hand.
» Was ist, Antônio? «
» Gerade hat Jessica angerufen. «
Johannsen näherte sich seinem Anwalt.
» Sie sagt, der Drache sei nicht gekommen. «
» Was? «
» Er ist nicht gekommen. «
» Gib mir das Handy. «
Netto gehorchte umgehend. » Hier, Doktor. Ich habe Jessicas Nummer bereits angewählt. «
Die Assistentin meldete sich beim ersten Klingeln.
» Jessica, was ist los? «
Johannsen lauschte. Netto hörte die Frau in weiter Ferne sprechen.
» Aha! Und wer ist bei ihr? «
Netto runzelte die Stirn.
» Hab verstanden, hab verstanden. Das ist ja ganz großartig. « Johannsen schüttelte den Kopf. Während er sprach, lief er im Kreis herum.
» Okay. Na klar. Dann kommen wir nach São Paulo zurück. Mach für morgen früh, zehn Uhr, einen Termin aus. Bei uns. «
Stille.
» Das interessiert mich nicht, Jessica. «
Netto hätte alles gegeben– viel war das sowieso nicht–, um das Gespräch in allen Einzelheiten mitzuhören.
Sein Chef schwieg jetzt wieder und lauschte.
» Ich verstehe, aber das interessiert mich nicht. Morgen früh, Punkt zehn. War das deutlich genug? «
Wieder Schweigen.
» Okay. Danke, Jessica. Du bist ein Schatz. Bis morgen. «
Johannsen beendete seine Runden und war mit zwei schnellen Schritten bei seinem Anwalt. Mit einem sardonischen Grinsen gab er ihm das Handy zurück. Antônio hoffte, er würde irgendetwas erzählen, aber da konnte er lange warten.
» Was ist los, Doktor? «
» Der Drache ist nicht gekommen. Stattdessen haben sie Agata Knoll geschickt, mit einer Sekretärin oder so. «
Netto schwieg. In der Zwischenzeit war Elisabetta im Wohnzimmer aufgetaucht. Sie schwieg ebenfalls.
Paulão schien einen Gedanken zu verfolgen. Er setzte sich auf eines der großen geblümten Sofas, ließ sich in die Kissen sinken und warf den Kopf zurück. » Heiliger Himmel… «
Elisabetta trat näher. » Wer ist denn Agata Knoll? «
Netto setzte sich auf ein Sofa gegenüber von Johannsen. » Agata Knoll ist der rechte Arm des Drachen, sie folgt ihm wie ein Schatten. Außerdem ist sie so eine Art Sprachrohr. Dass sie allerdings auch Verträge abschließt, ist mir neu. «
Johannsen saß immer noch da und starrte an die Decke. Dann richtete er sich auf und sagte: » In der Tat. Soweit ich weiß, schließt sie keine Geschäfte ab. Agata Knoll ist die Außenministerin, der Chef des diplomatischen Corps. Und Diplomaten ertrage ich nicht « , murmelte er. Dann lehnte er wieder den Kopf in die Kissen.
Elisabetta lief ein Schauer über den Rücken. Solche Anflüge von Panik kannte sie von ihrem Ehemann gar nicht. Als sie sich neben ihn setzte, hatte sie das Gefühl, hunderte von Kilometern von ihm entfernt zu sein. Sie schaute den Anwalt an, aber der sagte auch nichts.
Am nächsten Morgen überschritten Agata Knoll und ihre Assistentin um zehn Uhr vierzehn die Schwelle zum Firmensitz von Miller-Johannsen. Am Himmel von São Paulo strahlte die Sonne. Jessica Paes Leme ging den beiden Frauen voraus. Als sie den Sitzungssaal betraten, stellte Paulo Johannsen seine Kaffeetasse auf den riesigen schwarzen Cassina-Tisch und trat mit einem freundlichen Lächeln auf sie zu. Antônio saß da und beobachtete das Ganze mit leicht geöffneten Lippen. Ein Sicherheitsexperte, der die letzten drei Stunden damit zugebracht hatte, die Räumlichkeiten einer umfassenden Prüfung zu unterziehen, verließ den Raum. Als die Frauen an ihm vorbeikamen, wurden auch sie begutachtet. Kein Warnlämpchen leuchtete auf.
Paulo Johannsen bot seinen Gästen Orangensaft, Kaffee und frische Croissants an. Agata Knoll wirkte
Weitere Kostenlose Bücher