Durst: Thriller (German Edition)
Kaffee in einem Zug aus und schloss dabei wie immer die Augen. » Das habe ich begriffen. Erzähl mir also von diesem Aber. «
» Nun, sie wollen ein Addendum zum Vertrag. «
» Inwiefern? «
» Sie wollen, dass er auch Land umfasst. «
» Land? « Paulo schaute Netto an. Der Anwalt trat näher.
» Ja, Doktor. Es scheint, als wollten sie die Fazenda in Yaraibi. «
Paulão zwinkerte mit seinen ausdrucksstarken hellen Augen. » In Paraná? Sie wollen meine Fazenda in Paraná? «
» Genau. Agata Knolls Anfrage ist eindeutig und außerdem, wenn ich mir das erlauben darf, ziemlich entschieden. Ihr Finger liegt auf der Taste, deren Betätigung uns fünfhundert Millionen Reais einbringt, aber sie wollen Yaraibi. «
Paulo Johannsens Gesicht verfinsterte sich. » Wollt ihr damit sagen, dass diese Herrschaften ohne das Land einen Rückzieher machen? Obwohl sie bereits zweihundertvierzig Millionen gezahlt haben? Und obwohl diese Stümper in Brasilia den Narcissus genehmigt haben? Das glaube ich einfach nicht. «
» Ich fürchte, so ist es, Doktor. «
» Und warum ausgerechnet Yaraibi? Das ist sicher nicht die schönste meiner Fazendas… «
» Sie ist aber sehr groß « , sagte Netto.
» Klar, natürlich. Welche meiner Fazendas ist das nicht? «
» Ich frage mich, warum sie erst jetzt damit herausrücken. Hätten sie das nicht sofort sagen können? « , warf Jessica ein.
» Ganz einfach « , sagte Netto. » Es handelt sich um eine basale Verhandlungstechnik, wenn eine der Parteien aus gewaltigen Hurenböcken besteht… bitte verzeihen Sie den Ausdruck, Doktor. «
Johannsen beobachtete ihn schweigend, die Lider halb geschlossen, und bedeutete ihm fortzufahren.
» Alle Unternehmen machen das so « , erläuterte der Anwalt. » Wenn sie zum Beispiel einen guten Mann wollen, der ihnen sehr nützlich sein könnte, der aber nicht gänzlich unverzichtbar ist, dann lassen sie ihn erst einmal zappeln. Sie treiben ihn in die Verzweiflung, um ihm schließlich auf den letzten Drücker, wenn keine Zeit mehr zum Nachdenken bleibt, ein Dumpingangebot zu machen. «
» Wir sind also nützlich, aber nicht unverzichtbar « , sagte Paulão finster. So betrachtet, war die Angelegenheit nicht sehr erfreulich. » Und in welcher Form sollen wir das Land abtreten? « , fragte er dann.
» Es soll einfach Teil des Gesellschaftskapitals werden « , antwortete Jessica.
Netto trat noch näher an seinen Chef heran und stellte die Frage, die seit Beginn des Gesprächs im Raum schwebte. » Ist Ihnen die Fazenda denn so wichtig, Doktor? «
Johannsen schaute ihn lange an, ohne den Mund aufzumachen. » Können diese Leute das denn überhaupt verlangen, Antônio? « , fragte er dann.
» Sie meinen, rein rechtlich gesehen? «
» Sicher. «
» Nein, können sie nicht. Ich habe aber nicht den Eindruck, als wäre der rechtliche Standpunkt hier entscheidend. «
Jessica schwieg.
Paulo war beharrlich. » Was rätst du mir also, Antônio? «
» Ich denke, dass wir nicht in der Lage sind, den Drachen vor ein New Yorker Gericht zu schleifen, wenn Sie das meinen. Und ebenso wenig können wir die bereits geflossenen zweihundertvierzig Millionen zurückzahlen… Erlauben Sie mir eine Frage, Doktor: Wovor haben Sie Angst? Glauben Sie, dass diese Leute außer der Fazenda noch andere Forderungen stellen werden? Bislang hatte ich nicht den Eindruck, dass Sie große Probleme damit haben, ein Stück Land abzutreten… «
Johannsen ließ den Blick über seine beiden Gesprächspartner gleiten. » Ich werde darüber nachdenken. Wie viel Zeit haben wir? «
Die beiden schauten sich an. Netto übernahm es, die Frage zu beantworten. » Wenig, würde ich sagen. «
» Gut. Dann sehen wir uns später. «
Das war ein klarer Befehl: Sie sollten ihn alleine lassen.
Johannsen erhob sich von seinem Schreibtisch und goss kaltes Wasser in ein großes Kristallglas. Langsam trank er es aus und schaute dabei auf São Paulo hinab. Der Morgen war grau, der Horizont nicht zu sehen. Die formlose Masse der Stadt verlor sich in einem Nebel, der das Auge beleidigte. Nein, das war kein guter Anfang für seinen neunundfünfzigsten Geburtstag.
Ein paar hundert Meter weiter wurde Bruno Johannsen von großem Unmut gepackt. Edith, seine Sekretärin, unterstützte ihn einfach nicht. Warum arbeitet sie überhaupt noch hier, wenn sie meine Probleme nicht in den Griff bekommt?, fragte er sich.
Johannsen nahm den Telefonhörer.
» Edith, kannst du bitte mal kommen? «
Kurz darauf
Weitere Kostenlose Bücher