Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)
Seine Lippen, seinen Mund, die Worte, die er gesagt hat. Weich und warm und köstlich. Seine Arme halten mich fest. Ziehen mich an ihn. Küsse, die brennen. Küsse, die versengen. Fiebrig und gierig.
Ich vergess alles und jeden. Jack. Seinen Betrug. Mich. Ich verlier mich. In seiner Berührung, in seinem Geschmack, in seinem Geruch, bis ich spür, wie meine Ränder anfangen sich aufzulösen. Ich lass los. Und ich verschmelz mit der dunklen, reinen Hitze.
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich bewegt hab, aber er sitzt auf dem Stuhl, und ich bin auf seinen Schoß geklettert, und ich fahr ihm mit den Händen durch die Haare, über die Schultern und Arme, und wir küssen uns. Ich spür seine Stärke, das Leben in ihm. Er fährt mit den Lippen über die Innenseite von meinem Arm, vom Handgelenk zum Ellbogen. Er hinterlässt eine feurige Spur auf meiner empfindlichen Haut, bis ich von Kopf bis Fuß zitter. In meinem Bauch herrscht Aufruhr, heiß und tief.
Im Zelt ist es halbdunkel und grau. In seinen dunklen Augen seh ich ein winziges Spiegelbild. Mich.
Auf den Wangenknochen hat er rote Flecken. »Ich kann mich in deinen Augen sehen«, sagt er.
Ich leg einen Finger an seine Lippen.
»Ich ertrinke in dir«, flüstert er.
Ich führ ihn zum Bett. Wir legen uns zusammen hin.
Und der Regen fällt und fällt.
M it einem Ruck wach ich auf. Blinzel im hellen Morgenlicht. Ich lieg in DeMalos Armen. In seinem Bett. Wir sind beide so nackt wie bei unserer Geburt.
Unsere Blicke treffen sich. Ich spür, wie mir die Hitze den Hals raufkriecht. Das Flüstern. Die Schreie in der Enge des Zelts. Er. Ich. Er und ich zusammen. Ich kann nicht fassen, dass ich das gewesen bin. Was hab ich mir dabei gedacht? Ich kann nicht nachgedacht haben. Nein, nein, das stimmt nicht, ich hab genau gewusst, was ich tu. Ich hab das tun wollen.
Dann platzt ein neuer Gedanke in meinen Kopf. Emmi. Ich muss zurück zu Bram, wir müssen Emmi finden. Lugh wird ganz verrückt sein vor Sorge um uns beide. Sucht bestimmt nach mir.
»Seth, ich …«
»Du erstaunst mich«, sagt er. »Wir sind perfekt zusammen.« Er dreht meinen Kopf zur Seite. Berührt mit den Lippen meinen Nacken. »Das Zeichen für dein erstes Mal«, flüstert er. »Du hast mich erwählt, es dir zu geben. Vor allen anderen hast du mich erwählt.«
»Ja, aber ich –«
»Du hast dich mir hingegeben. Und ich habe mich dir hingegeben. Aus freien Stücken. Nicht nur unsere Körper, es ist mehr als das. Viel mehr. Du hast es auch gespürt. Das weiß ich. Wir werden so wundervoll sein zusammen«, flüstert er. »So uneingeschränkt wundervoll. In unserer uneingeschränkt wundervollen, perfekten neuen Welt.«
Sein Blick ist so heiß wie geschmolzener Stein. Er küsst mich, und ich küss ihn, und ich lass los, lass mich wieder fallen und –
»Vielleicht trägst du jetzt schon unser Kind in dir«, sagt er.
»Ein Baby«, sag ich.
Kalter Schweiß bricht mir aus. Da hab ich überhaupt nicht dran gedacht. Nein. Nein, das kann nicht sein. Doch, es kann. Ganz leicht. Passiert ständig. Er hat recht.
»Denk mal«, sagt er, »ein Kind, Saba. Ein Sohn, eine Tochter. Deins und meins. Was könnte wunderbarer sein?«
»Ich weiß von dem Gebärhaus. Ich bin keine Zuchtstute.«
Er lacht. »Natürlich nicht«, sagt er. »Wir ziehen unser Kind – unsere Kinder – gemeinsam auf. Es ist schlicht so: Die Menschen werden mit unterschiedlichen Fähigkeiten geboren. Du und ich, wir wurden geboren, um zu herrschen. Es ist kein einfaches Leben, aber ein bedeutsames, wichtiges. Du und ich, wir werden die Welt verändern. Unsere Kinder werden genauso sein.«
Mit jedem Wort wird meine Panik größer. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. »Seth, ich … äh … tut mir leid, ich muss gehen.«
»Nein.« Er hält mich fest.
Ich krieg keine Luft. Ich schubs ihn weg. Zieh schnell das Erstbeste an, was ich in die Finger krieg. Die Mädchenuntersachen. »Ich dürfte gar nicht hier sein«, sag ich, »ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht hab. Das ist nicht richtig, das ist … ganz falsch.«
Als Nero das Tohuwabohu hört, hüpft er aus seiner Kiste und fängt an zu krächzen. Ich schnapp mir das grüne Kleid vom Boden und zieh’s übern Kopf. Zerr mir die Stiefel über die Füße.
DeMalo ist auch aufgestanden und zieht seine Hose an. Er packt mich am Arm.
»Wie meinst du das, falsch? Inwiefern?«, fragt er. »Inwiefern ist es falsch? Sag’s mir.«
Ich keuch. »Ich kann nicht«, sag ich, »ich
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