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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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war. Zwischen meinem Dad und dem anderen Wachmann folgte Miss Dresden Milton mit schnellen Schritten auf das eingezäunte Gelände. Sie führten sie zu einem kleinen Mausoleum in der Nähe des Eingangs, wo sie ihr Baby unter einem steinernen Vordach vor die Tür legte. Milton hatte aus Blättern und Blumen ein kleines Bett oder Nest gebaut, um es der Mutter so leicht und schmerzfrei wie möglich zu machen, auch wenn es eigentlich kaum einen Grund gab, anzunehmen, dass es für das Baby irgendeinen Unterschied machte. Auch wenn es unmöglich war, vorauszusagen, was mit der kleinen Kreatur in ihrem neuen Zuhause geschehen würde, war es doch sehr unwahrscheinlich, dass die Toten einander wehtaten, und diejenigen, die nun vor Milton zurückwichen, gingen mit den Kleineren unter ihnen ziemlich vorsichtig um, wenn auch vielleicht ein wenig unbeholfen. Miss Dresden beugte sich nach vorne, küsste den Mittel- und Zeigefinger ihrer rechten Hand und presste sie auf die Stirn des Babys. Dann führten die Männer sie wieder vom Friedhofsgelände und verschlossen das Tor.
    Miltons Reden waren bei Begräbnissen stets einfach und sehr kurz. Sein Talent lag in aufmunternden Botschaften, Ermutigungen und Aufrufen zur Hoffnung und zum positiven Denken. Er hielt es für besser, die Menschen in ihren privatesten Gedanken und Schmerzen nicht zu stören, vielleicht, um sie an ihre Verantwortung zu erinnern, bevor sie in ihr normales Leben zurückkehrten. Ich war immer der Ansicht gewesen, dass er damit ziemlich richtig lag, und dieser Tag war keine Ausnahme.
    »Meine Freunde«, begann er, »zwei von uns sind nun nur noch physisch Teil unserer Gemeinde, denn ihr Geist – oder der Großteil ihres Geistes – hat uns verlassen. Aber was immer auch von ihnen übrig ist, wir werden es ehren, bewahren und beschützen. Wir schulden ihnen dieses kleine bisschen der Ehrerbietung und Dankbarkeit für all die Freude, die sie uns beschert haben. Mr. Enders hatte keine Familie, aber die Kinder unserer Gemeinde sahen ihn jeden Tag, und ich bin mir sicher, dass ihr alle ihn in liebevoller Erinnerung behalten werdet. Rachels Kind hätte eine liebevolle Familie gehabt, und ich weiß, wie sehr ihr euch alle wünscht, sie nach diesem Verlust trösten zu können.« Ich bildete mir ein, dass in Miltons Worten über Miss Dresden mehr Anklagen oder Ermahnungen mitschwangen als in denen über Mr. Enders. »Lasst uns nun gehen, uns an die Toten erinnern und einander dabei helfen, zu heilen.«
    Danach löste die Menge sich auf. Miss Dresden blieb zurück und warf ein paar Blumen über den gusseisernen Zaun und die mehr oder weniger verständnislosen Gesichter unserer Verstorbenen. Wir warteten geduldig und diskret an unserem Geländewagen auf sie. Nachdem sie sich vom Zaun entfernt hatte, sprachen einige Leute ihr ihr Beileid aus. Auch Will sprach kurz mit ihr. Ich fand das sehr nett von ihm, da er sonst nie viel sagte, aber Rachels Situation war einfach so traurig, dass sie wohl jeden von uns berührte.
    Auf der Fahrt nach Hause saß Miss Dresden schweigend zwischen mir und meiner Mom, aber als sie wieder in den Wagen gestiegen war, hatte sie meine Hand gedrückt. Zähigkeit hin oder her, als ich in ihre kleinen, leuchtend grünen Augen blickte, fragte ich mich, ob ich wohl jemals so viel Stärke besitzen würde und ob das überhaupt etwas war, auf das ich hoffen sollte. Ich erinnerte mich vage an einen Satz, den ich irgendwo gelesen hatte: Wer hat, dem wird gegeben. Ich musste daran denken, wie viele Sorgen einige Menschen bereits hatten und wie viele ihnen trotzdem manchmal noch gegeben wurden. Vielleicht traf das auch auf Rachel zu, und darum konnte ich sie kaum beneiden – ich konnte sie nur bewundern. Ich drückte ihre Hand, und unsere Blicke trafen sich in einem Moment des vollkommenen Verständnisses und Mitgefühls.

Kapitel 14
    In den folgenden Tagen machte ich mir Sorgen, dass Will nach allem, was passiert war, vielleicht nicht mehr zurückkommen würde. Ich hätte es ihm ganz sicher nicht vorgeworfen. Es war schon unheimlich nett von ihm gewesen, uns überhaupt mit nach draußen zu nehmen, obwohl diese Ausflüge, soweit ich es beurteilen konnte, ihm selbst nichts Wesentliches boten. Da wir nicht sprechen konnten, hielt ich Lucy und mich nicht gerade für die anregendste Gesellschaft, aber ich fand, dass wir unser Bestes versucht hatten. Dass er sich jedoch noch einmal mit uns treffen würde, wo es ganz offensichtlich gefährlich für ihn werden

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