Dylan & Gray
kann sich das Leben ändern.
***
Am Freitagabend fahren Dylan und ich zur McKinley-Bar in der Stadt, wo heute Tag der Offenen Bühne ist. Dylan hat gehört, dass dort vor allem Kleinkünstler auftreten. Sie ist ein Fan von Livemusik und in Phoenix gibt es eine ziemlich lebendige Szene. Ich habe sie schon zu ähnlichen Auftritten im »Bash on Ash«, im »Boston« und im »Green Amigo« mitgenommen. Alle vier Bars haben den Vorteil, dass sie auch Leute unter einundzwanzig reinlassen. Man bekommt am Eingang bloß diese bunten Plastikarmbänder verpasst, damit jeder auf Anhieb sieht, dass man zu den Babys gehört.
Wir sitzen uns an einem Ecktisch gegenüber und hören zu, wie ein Mädchen mit akustischer Gitarre ›Show me‹ von The Cure singt. Sie ist ganz erträglich.
Dylan verkündet, dass sie den heutigen Abend mit Fragen verbringen will. Oookay. Fragen.
»Was soll das genau heißen?«, erkundige ich mich vorsichtig.
Sie erklärt, dass wir einander alles fragen können, was immer uns gerade in den Sinn kommt, solange es den anderen zum Grübeln bringt. Als Beispiel will sie wissen, welche Musik ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde, wenn ich bei einem Schiffbruch nur fünf CD s retten könnte.
Danach soll ich mir eine Frage ausdenken. »Okay«, sage ich, »stellen wir uns vor, auf der einsamen Insel gibt es einen 84 Zoll Ultra Definition Fernseher mit DVD -Player.« Dylan verdreht die Augen. »Hey«, sage ich, »keine Kritik, solange ich an der Reihe bin. Also, wenn du fünf Filme mitnehmen könntest, welche würdest du dir aussuchen?«
So geht unser Spiel weiter, während ein Musiker nach dem anderen die Bühne betritt, an der Technik herumfummelt, dem Publikum für seine Aufmerksamkeit dankt, und wir nichts davon wirklich mitbekommen. In letzter Zeit verschwinden wir immer öfter in unsere eigene kleine Welt. Dort fühle ich mich so sicher wie noch nie.
»Wenn du mit einer berühmten Person einen Abend in einem Restaurant verbringen könntest – Tote ausgeschlossen –, wen würdest du nehmen?«
»Wenn du einen Song über dein Leben schreiben würdest, welchen Titel hätte er?«
»Wenn du dir einen VIP als Lebenspartner aussuchen müsstest, wer wäre die beste Wahl?«
»Wenn du in einem Laden umsonst shoppen könntest, welchen würdest du leer räumen?«
Dylan schlägt vor, dass wir das Spiel ein bisschen abwandeln. Sie holt ihr kleines Notizbuch aus der Tasche, schlägt eine leere Seite auf und schaut mich an.
»Wenn du beim ersten Treffen nur zehn Fragen stellen darfst, um herauszufinden, was für einen Charakter jemand hat, welche wären das?« Wir fangen an, abwechselnd unsere Vorschläge aufzuschreiben. Das Buch wandert hin und her, während wir diskutieren, Fragen streichen und andere mit Sternchen versehen. Am Ende sieht unsere Top-Ten-Liste so aus:
Wenn du abends nach Hause kommst, was soll dort auf dich warten?
Wie wird deiner Meinung nach die Welt in zwanzig Jahren aussehen?
Stell dir vor, du könntest eine einzige Person aus einem Buch zum Leben zu erwecken. Welche würdest du dir aussuchen?
Wenn du eine Sache vergessen könntest, die man dir beigebracht hat, was würdest du aus deinem Bewusstsein löschen?
Wie lautet dein persönliches Lebensmotto?
Welche Eigenschaften sollten deine Freunde haben?
Wenn du jetzt sofort an jeden Platz der Erde reisen könntest, wo wärst du am liebsten und was würdest du dort tun?
Stell dir vor, du könntest dir dein ideales Leben einrichten. Wie würde es aussehen?
Was bedeutet Familie für dich?
Wenn man dich nach deinem Tod nur aus einem einzigen Grund in Erinnerung behalten würde, welcher sollte es sein?
Dylan und ich fügen jeweils noch unsere persönliche Lieblingsfrage hinzu. Dylans lautet: Bist du ein Hunde- oder Katzentyp? (Sie behauptet, dadurch bekäme man einen entscheidenden Einblick in die Psyche.) Meine Frage lautet: Bist du strikter Vegetarier? (Wie soll ich eine entspannte Zeit mit jemanden verbringen, der jedes Mal persönlich beleidigt ist, wenn ich mir ein Steak bestelle oder zum Frühstück Schinken esse?)
Als das Konzert endet, fahren Dylan und ich zum Gleisplatz. Wir sitzen unter dem Betonpfeiler und Dylan lässt Kaugummiblasen platzen. Sie hat sich eine Marke ausgesucht, die einen grinsenden Baseballspieler auf der Verpackung hat. Genüsslich streckt sie sich aus und legt den Kopf in meinen Schoß.
»Wenn du dir eine Superheldenkraft aussuchen könntest, welche hättest du gerne?«, will sie wissen.
»Gute Frage«, sage
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