E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
fest, er ist in einer Sackgasse gelandet. In der Eile hat er vermutlich einen Wegweiser am Wegesrand übersehen. Er fragt ein paar vorbeikommende Wanderer nach dem Weg.
„Hier geht es nicht mehr weiter“, kriegt er zur Antwort. „Da sind Sie offensichtlich falsch abgebogen.“
‚Shit‘, denkt er. Ein paar Kilometer Bergstrecke umsonst. Zurück geht es dann sehr schnell. Da sieht er erst, welche Energie er auf diesem falschen Stück Wegs verbrannt hat. Jetzt wird er aber besser achtgeben. Er kommt nach Faido. Es ist der Hauptort des Kreises Faido und hat etwa 2.000 Einwohner. Geprägt ist der Ort überwiegend durch die Gotthardbahn, die Gotthardautobahn und den neuen Gotthard-Basistunnel. Längs der Hauptstraße bewundert Martin die mit reichem Schnitzwerk versehenen Holzhäuser aus der Renaissance.
Auch bei Irrfahrten findet Martin herrliche Landschaften
Martins E-Bike Akku ist schon zu zwei Dritteln entladen. Und jetzt geht es erst richtig steil bergauf nach Quinto. Es bleibt ihm nichts anderes übrig. Die richtig steilen Abschnitte muss er schieben. Sonst ist der Akku gleich leer. Das kostet Zeit und Kraft. Über Quinto und Ambri kommt er schließlich nach Piotta. Er merkt, er hat sich verkalkuliert. Sowohl sein persönlicher Akku als auch der Akku von seinem E-Bike, beide sind jetzt leer. Und er ist noch lange nicht in Airolo. Was hat er nun von den malerischen Dörfern und reizvollen ‚Kulissen‘ des Val Leventina. Er ist erschöpft. Müde kämpft er sich weiter.
Es ist dunkel und Nacht geworden, als er in Airolo ankommt. Wenn er das Hotel nicht am Abend zuvor über das Internet gebucht hätte, hätte er sicher vorher abgebrochen. Aber jetzt er ist da. Er isst etwas, vor allem hat er großen Durst auf ein kühles Bier und geht sehr müde zu Bett. Er ist froh, dass er es geschafft hat und am nächsten Tag dann den Gotthard überqueren kann.
Morgen erst will er sich Airolo anschauen. Was dieser kleine Ort den durchreisenden Touristen wohl alles zu bieten hat?
Elfter Tag: Über den Gotthard-Pass zum Vierwaldstättersee
Trotz der Belastungen durch den Verkehr über den Gotthardpass ist Airolo ein vielbesuchter Touristenort. Es ist ein bekannter Skisportort, wohl der bedeutendste im Kanton Tessin. Im Sommer ist Airolo ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen zu der Panorama Wanderroute Strada Alta, oder auf Deutsch Hoher Weg im Valle Leventina. Airolo ist eng mit dem St. Gotthard-Pass verbunden. Obwohl die Ortschaft dadurch große wirtschaftliche Vorteile hatte, war dies zu manchen Zeiten auch mit großen Nachteilen verbunden, zum Beispiel wenn kriegerische Heere die Alpen überquerten und unterwegs der Bevölkerung das wegnahmen, was den Soldaten gefiel oder sie für ihren Unterhalt einforderten.
Blick vom Gotthardpass auf Airolo
Mitte des 13. Jahrhunderts war Airolo zu einem gut bevölkerten Dorf von ca 650 Einwohnern herangewachsen, welches über beträchtliche wirtschaftliche Ressourcen verfügte. Im 18. Jahrhundert kamen viele reiche Aristokraten aus ganz Europa in die Alpen und nach St. Gotthard und hielten ihre Erfahrungen in Reisetagebüchern mit schönen Bildern fest, wodurch Airolo in ganz Europa bekannt wurde.
Airolo-Gotthardpass-Brunnen
Quelle: openstreetmap
Airolo liegt 1159 m über dem Meer. Bis zu den 2108 m über dem Meer des St. Gotthard Passes hat Martin also einen ordentlichen Anstieg von 949 Höhenmetern zu bewältigen. Auf den 12 km von Airolo bis zur Passspitze ist das eine Steigung von durchschnittlich 8 %. Es sind steile Serpentinen, die den Berg hinaufführen. Es ist kalt, das Wetter hat sich abgekühlt, es ist bewölkt und neblig. Martin ist das zunächst ganz recht. Schließlich kommt er auf der Strecke auch ohne brennende Sonne ins Schwitzen. Aber auf den starken Gegenwind, der dann auch noch hinzukommt, hätte er gerne verzichtet. Zum ersten Mal auf seiner Tour muss er seine Windjacke herausziehen. Handschuhe hat er keine dabei, die könnte er jetzt auch noch brauchen.
Der kräftige Gegenwind kommt aus dem Norden, bläst über die Alpen und bremst ihn voll aus. Die starke Steigung und das denkmalgeschützte Kopfsteinpflaster geben das Übrige hinzu. Aber Martin hat ja ganz bewusst die historische Route mit dem Kopfsteinpflaster gewählt, da darf er sich nun nicht beschweren. Dafür gibt es auf der Strecke wenig Verkehr. Das ist ihm angenehm. Schließlich will er in seiner Geschwindigkeit nicht mit den Autos konkurrieren. Damit sein Akku nicht zu rasch
Weitere Kostenlose Bücher