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Éanna - Ein neuer Anfang

Éanna - Ein neuer Anfang

Titel: Éanna - Ein neuer Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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ein.
    »Na ja, und dann ist Brendan wütend geworden und …«, Liam zögerte kurz, bevor er fortfuhr: ». . . und dabei vielleicht auch ein bisschen zu laut.«
    »So, er ist also zu laut geworden!«, wiederholte Éanna grimmig.
    »Aber ich war auch kurz davor, Jackson die Meinung zu sagen, das könnt ihr mir glauben!«, nahm Liam seinen Freund in Schutz. »Tja, und dann ist es eben passiert.«
    »Was ist passiert?«, fragte Emily drängend.
    Liam machte eine hilflose Handbewegung. »Jackson war nun richtig wütend und hat Brendan mit seinem Stock eins über die Schulter gezogen. Darauf hat Brendan ihm dann mit einem Faustschlag geantwortet, der den Kerl glatt rückwärts in den Dreck geworfen hat.«
    Für einen flüchtigen Augenblick huschte ein Grinsen über Brendans Gesicht.
    Ungläubig sah Éanna ihn an. »Du hast die Nerven verloren und ihn einfach zu Boden geprügelt?«, stieß sie hervor. »Bist du denn von Sinnen, deinen Vorarbeiter anzugreifen? Dafür hätte er dich ins Gefängnis werfen lassen können!«
    »Ich lass mich doch nicht wie ein Hund mit dem Stock schlagen!« Brendans Stimme wurde nun laut. »Ich bin doch kein Sklave, der von seinem Herrn jede Gemeinheit hinnehmen und sich auspeitschen lassen muss!«
    »Ein Stockschlag ist wohl etwas anderes als eine Auspeitschung und davon stirbt man nicht, auch wenn es den Stolz verletzt!«, hielt Éanna ihm entgegen. »Sag jetzt bloß nicht auch noch, dass dieser Faustschlag es wert war, dass du deine gute Arbeit verloren hast!«
    »Also ich hätte mir das auch nicht gefallen lassen!«, versicherte Liam erneut. »Das hätte sich Jackson nicht herausnehmen dürfen! Den Lohn kürzen ja, aber nicht das!«
    »Und wieso hat der Vorarbeiter auch dich entlassen?«, wollte Emily wissen.
    »Weil er ein noch größerer Idiot war als ich und zu mir gehalten hat«, erklärte Brendan. »Er hat Jackson auf den Kopf zugesagt, dass er kein Recht hatte, mich zu schlagen.«
    »Dass du dich wie ein Idiot benommen hast, ist zwar eine richtige Erkenntnis, aber leider kommt sie dir viel zu spät!«, sagte Éanna. Sie wusste selbst, dass sie wie eine keifende alte Ehefrau klang, aber die Enttäuschung war einfach übermächtig. So gut sie auch verstehen konnte, dass Brendan seinen Stolz wahren wollte, so war es doch nur zu offensichtlich, dass er sein hitziges Temperament nicht unter Kontrolle hatte halten können. Wie hatte er nur so selbstsüchtig handeln können? Ihrer aller Überleben hing schließlich von der Arbeit ab. Da konnte man es sich nicht leisten, stolz zu sein.
    »Was wollt ihr denn jetzt machen?«, fragte sie verzagt.
    Stumm hockte Brendan auf dem Stuhl und ließ die Schultern hängen.
    »Was geschehen ist, ist geschehen und lässt sich nun mal nicht mehr ändern«, antwortete Liam, während er sichtlich gegen seine eigene Niedergeschlagenheit ankämpfte. »Aber ihr werdet sehen – wir finden schon schnell wieder eine gute Arbeit. Und zum Glück haben wir ja auch noch unsere Ersparnisse. Das schaffen wir schon, bestimmt.« Er warf Emily einen um Entschuldigung bittenden Blick zu, doch diese wandte sich nur kopfschüttelnd ab und griff wieder zu ihrer Nadel.
    Liams Hoffnung erfüllte sich nicht. Weder er noch Brendan fanden in den nächsten beiden Wochen eine feste Anstellung. Sie hatten schon Glück, wenn sie in den Docks gelegentlich für einige Stunden beim Be- und Entladen von Schiffen aushelfen konnten.
    Und so schmolz der kleine Berg Münzen in der alten Teedose langsam, aber stetig dahin. Dank Éannas und Emilys Näharbeit konnten sie zwar noch die Miete und das tägliche Essen bezahlen, doch jede zusätzliche Ausgabe bereitete ihnen große Sorgen. Éanna begann, den Tag zu fürchten, an dem sie gezwungen sein würde, die sechs herrlichen ledergebundenen Bücher, die sie so gern behalten wollte, zum Verkauf in Mister Templetons Buchhandlung zu tragen.
    Von einem auf den anderen Tag hatte sich ihre Situation in New York bedrohlich verschlechtert. Doch die böswillige Laune des Schicksals hielt noch einen weiteren, weitaus schlimmeren Schlag für die vier Einwanderer bereit.

Sechzehntes Kapitel
    Eine beständige Brise aus Nordost blähte die Segel der beiden offenen schnittigen Boote, die auf den Strandabschnitt von Long Island zuhielten, wo das Sommercottage der Sloanes stand. Sie schossen mit rasender Geschwindigkeit über das Wasser, denn sie segelten so hoch am Wind, wie es sich gerade noch verantworten ließ, ohne zu kentern.
    Gaylord reizte die Kraft des

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