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Éanna - Ein neuer Anfang

Éanna - Ein neuer Anfang

Titel: Éanna - Ein neuer Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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zu können!«
    »Du hast keinen Grund, dir Vorwürfe zu machen«, versicherte Brendan sofort und drückte Éanna an sich. »Im Treppenhaus herrschte doch völliges Chaos und schuld sind allein diese verfluchten Kerle, die sich so brutal an uns vorbeigedrängt haben. Hör auf, dich zu bestrafen, Éanna. Seien wir lieber dankbar, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn du in den Flammenschacht gefallen wärst!« Seine Stimme klang belegt und er küsste sie sanft auf die Stirn.
    Sie nickte. »Einen Augenblick lang dachte ich wirklich, ich müsste sterben. Ohne dich wäre ich verloren gewesen, Brendan. Du hast mir das Leben gerettet.«
    Brendan schüttelte den Kopf. »Nicht ich allein. Der andere Mann war sogar noch schneller bei dir als ich.«
    Eine Weile herrschte bedrücktes, mutloses Schweigen. Die Sonne schickte ihre ersten milden Strahlen über den Himmel, der im Südwesten noch immer glutrot erleuchtet wurde.
    »Wie soll es denn jetzt nur mit uns weitergehen?«, fragte Emily leise. »Keiner von uns hat Arbeit.«
    »Zu Missis Kerrigan brauchen wir gar nicht erst zu gehen«, murmelte Éanna. »Ohne unsere Nähsachen und ohne Geld können wir dort nicht mehr arbeiten.«
    Liam durchsuchte seine Jackentaschen und förderte ein paar kümmerliche Münzen zutage. »Ich habe noch siebenunddreißig Cent«, sagte er und lachte bitter auf. »Die Büchse mit meinen Ersparnissen, in der ich fast drei Dollar gesammelt hatte, hat mir jemand im Tumult auf der Treppe aus der Hand geschlagen. Aber zumindest für den ersten Hunger sollte das Geld reichen.«
    Auch Brendan, Éanna und Emily kramten nun in ihren Taschen.
    »Ich habe noch sechs Cent«, stellte Brendan fest.
    »Ich noch einen Dime*«, erklärte Éanna.
    Emily brachte acht Cent zum Vorschein.
    »Alles in allem haben wir also einundsechzig Cent gerettet.« Brendan verzog das Gesicht. »Weit werden wir damit wohl nicht kommen.«
    »Aber es reicht zumindest, um für vierzig Cent bei Mister Patterson Streichhölzer zu kaufen«, erwiderte Éanna und lächelte schwach. »Dann werden wir eben wieder zu Streichholzmädchen. Damit können wir uns schon über Wasser halten!«
    »Aber nicht sehr lange«, wandte Brendan mit düsterer Miene ein. »Der Sommer ist bald vorbei und dann kommt der harte Winter hier in New York.«
    »Wir vier schaffen das schon.« Liam legte einen Arm um Emily. »Und irgendwo wird es schon wieder Arbeit für uns geben, Brendan!«
    »Und wenn nicht?«
    Keiner gab darauf eine Antwort. Es war Emily, die schließlich aussprach, was ihnen allen durch den Kopf ging: »Dann werden wohl auch wir zu den Kellerratten gehören.«

Achtzehntes Kapitel
    Mit leichten Paddelschlägen manövrierte Patrick das Ruderboot zurück an den Anlegesteg. Libellen tanzten neben ihnen über das Wasser des Teiches. Fast regungslos schwebten einige über den Seerosen, die mit ihren großen dunkelgrünen Blättern nahe dem Ufer auf der Oberfläche schwammen.
    »Warum seid Ihr heute so schweigsam, Patrick?« Florence’ Stimme klang besorgt. »Ist es Euch vielleicht lästig, die Zeit mit mir zu verbringen? Wärt Ihr jetzt lieber mit meinem Bruder und diesen Langweilern Tim und Jonathan auf dem Kricketplatz?«
    »Natürlich nicht!« Patrick lächelte sie entschuldigend an. »Verzeiht mir meine Unaufmerksamkeit, Florence! Es ist mir ganz und gar nicht lästig, den Nachmittag mit Euch zu verbringen!«, versicherte er. »Ganz im Gegenteil, es sind stets die kostbarsten Zeiten des Tages und ich hoffe, Ihr wisst, dass ich so denke.«
    »Diesen Eindruck macht Ihr heute aber nicht auf mich«, erklärte sie beharrlich, während Patrick den Kahn am Steg festmachte. »Beschäftigt Euch vielleicht ein ernsthaftes Problem, von dem Ihr mir nicht erzählen wollt?«
    Er zögerte kaum merklich mit seiner Antwort. »Ich muss gestehen, dass mir tatsächlich etwas durch den Sinn geht, was mir schon seit geraumer Zeit keine Ruhe mehr lässt. Und ich denke, ich sollte es Euch nicht länger verschweigen, Florence.« Patrick wusste, dass der Zeitpunkt gekommen war, der Freundin gegenüber offen zu sprechen, auch wenn er keine Ahnung hatte, wie er dieses ernste Gespräch beginnen sollte.
    Florence’ Augen leuchteten auf, erwartungsvoll sah sie ihn an.
    »Es ist wohl an der Zeit, ehrlich zu Euch zu sein«, erklärte er und schwieg dann, unsicher, wie er fortfahren sollte. Er war froh, als sie aufstand und er ihr beim Aussteigen aus dem Ruderboot behilflich sein

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